Kaiserslautern Irene Birkmann und der städtische Hostessendienst

Schnappschuss aus dem Jahr 1972: Irene Birkmann verteilt Rosen an die Teilnehmerinnen einer Stadtrundfahrt.
Schnappschuss aus dem Jahr 1972: Irene Birkmann verteilt Rosen an die Teilnehmerinnen einer Stadtrundfahrt.

Offizielle Gästebetreuerinnen werden Hostessen genannt. Das ist eine ehrenwerte Tätigkeit. Erst im Zeitalter deftigerer Kontaktanzeigen hat die Berufsbezeichnung einen schlüpfrigen Unterton bekommen. Immerhin vertraute einmal sogar die Stadt Kaiserslautern ihre offiziellen Gäste dem eigenen Hostessendienst an. Dessen allseits geschätzte Chefin war Irene Birkmann, die am Mittwoch in Hohenecken zu Grabe getragen wird.

Es war im Jahr 1972, da traf Amors Pfeil einen jungen Prinzen aus Schweden, just als er beim Besuch eines glanzvollen Turniers auf eine schöne Gästebetreuerin traf. Im Jahr darauf ward er König, alsbald freite er das bürgerliche Mädchen aus Heidelberg. Vielleicht haben seinerzeit die Lauterer Hostessen von einer ähnlich royalen Fügung ihres Betreuerinnen-Daseins geträumt. Anno 1972, als sich am Rand der Olympischen Spiele in München die Wege des späteren Königs Carl XVI. Gustav von Schweden und der ausgebildeten Dolmetscherin Silvia Sommerlath kreuzten, verfügte die Barbarossastadt über ein Team von zwölf Hostessen.

Das waren in der Regel Bedienstete der Verwaltung, die sich nebenbei ums Wohl offizieller Besucher kümmerten. Laut Wörterbuch sind Hostessen „professionelle Gastgeberinnen, die bei Veranstaltungen wie Messen und Konferenzen eingesetzt werden“. Sie empfangen, betreuen und informieren die Mitglieder von Delegationen und Empfängen, aber auch hochrangige Firmenvertreter oder Polit- und sonstige Prominenz auf Besuch.

Im Dienst der „Abteilung Repräsentation“

Die Lauterinnen, die durchaus nach Attraktivität ausgewählt wurden, waren geübt in Konversation und trugen einheitlich adrette Kostümchen. Sie überreichten Blumensträuße, kredenzten Flaschen edler Tropfen aus dem städtischen Weinkeller, gaben Küsschen und kümmerten sich auch sonst umfassend ums Wohl derer, die den Stadtoberen am Herzen lagen.

Irene Birkmann, geborene Schick, war 39 Jahre alt, als sie 1971 zum damaligen Lauterer Amt für Öffentlichkeitsarbeit kam. Dort übernahm sie die Leitung der „Abteilung Repräsentation“, wo sie fortan über zwei Jahrzehnte „mit viel persönlichem Einsatz und Freizeitopfern außergewöhnliche Leistungen“ erbrachte. So jedenfalls formulierte es später SPD-Oberbürgermeister Gerhard Piontek. Der kam erst 1989 ins Amt, nachdem Irene Birkmann bereits für seine Amtsvorgänger Hans Jung (SPD) und Theo Vondano (CDU) gearbeitet hatte.

Fiebern um den FCK-Sieg

Die RHEINPFALZ schrieb 1979, Irene Birkmann treffe „alle Entscheidungen rund ums leibliche Wohl der Gäste“. Ihr Terminkalender lese sich „wie ein ,Who is who’ der ,High Society’“: „Namen wie Willy Brandt, Hans-Jürgen Wischnewski, Bernhard Vogel, Karl Carstens, Fritz Walter, Ronnie Hellström und Hans-Peter Briegel sind darin verewigt. Auch Fernseh-Promis wie Joachim Fuchsberger oder Frank Elstner sind vermerkt.“

Aufregend war für die Chef-Hostess die Fußball-Bundesliga 1991, „weil wir erst nach dem letzten Spiel wussten, was los ist“. Die Vorbereitungen zur Siegesfeier „hätten von einer Minute zur anderen zunichte“ sein können, berichtete sie. Immerhin waren die Gedenkmedaillen für die Sieger schon in der Nacht zuvor geprägt worden, als das FCK-Spiel gegen Köln sowie die Partie Bayern-München gegen Uerdingen noch gar nicht angepfiffen waren. „Was sollte aus den Münzen werden, wenn wir verlieren?“, erinnerte sich die Protokollchefin später. „Einschmelzen? Unmöglich. Aber wer sollte für die Kosten aufkommen? Mir saß die Angst im Nacken.“

Elegant gekleidet und frisiert

Im Übrigen wird die stets elegant gekleidete und frisierte Dame als durchaus selbstbewusst geschildert, wiewohl sie sich als Teil eines Teams sah. Irene Birkmann wusste, wie man repräsentiert und der Stadt zu positiver Außenwirkung verhilft – mitunter sogar besser als ihre obersten Vorgesetzten. Die beriet sie beispielsweise, „welcher Koch eine gute Küche bietet und inwieweit ich die Preise drücken muss“.

Ihre Tätigkeit jedenfalls habe ihr „Freude und Freunde gebracht“, sagte sie, als sie zum Jahresende 1993 in den Ruhestand trat. Auch danach blieb sie eine so bekannte wie vertraute Erscheinung im Stadtbild, zumal sie weiterhin Altersjubilaren in Kaiserslautern die Glückwünsche des jeweiligen OB überbrachte.

Gastfreundschaft gehört zur kulturellen Identität

Heute leistet sich die Stadt keinen Hostessendienst mehr - des Spardrucks wegen, aber vielleicht auch wegen eines veränderten Repräsentationsbewusstseins im heutigen Politik-Zirkus. Gastlichkeit als Ausdruck der kulturellen Identität und Kompetenz wird inzwischen anders interpretiert. Über Irene Birkmann jedenfalls haben viele Lauterer immer noch die eine oder andere Anekdote parat. Paddlergilde und Arbeiter-Wohlfahrt zeichneten sie für langjährige Mitgliedschaft auf.

Im gesegneten Alter von 92 Jahren ist Inge Birkmann am 11. Juni gestorben. Ihre Beisetzung findet am Mittwoch um 11 Uhr in Hohenecken statt.

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