Radsport Joelle Messemer ist bereit für die Weltmeisterschaft

Von links: Trainer Frank Riedel, Magdalena Leis, Messane Bräutigam, Hannah Brand, Joelle Messemer und Physiotherapeutin Alexandr
Von links: Trainer Frank Riedel, Magdalena Leis, Messane Bräutigam, Hannah Brand, Joelle Messemer und Physiotherapeutin Alexandra Welte.

Erst 17 Jahre ist die Schülerin des Kaiserslauterer Heinrich-Heine-Gymnasiums. Und schon ist sie eine Überfliegerin im Frauenradsport. Titel pflastern ihren Weg.

Gerade noch war Joelle Messemer auf der Radrennbahn unterwegs und holte in Berlin drei deutsche Meistertrikots, dann geht’s für sie wieder auf der Straße rund: nach dem Nationscup-Rennen Watersley Ladies Challenge im Nationaltrikot folgen die Europameisterschaften Mitte September in Flandern.

„Wenn ich mich jetzt entscheiden müsste, würde ich eher zum Straßenradsport tendieren. Aber mir macht beides sehr viel Spaß. Die Termine von Bahn und Straße sind so gut gelegt, dass man beides kombinieren kann“, sagt die 17-jährige Überfliegerin im Frauenradsport und lässt die Zukunft einfach auf sich zukommen. Momentan fährt sie noch im zweiten Junioren-Jahr beim Team Wipotec, hat aber bereits mit einigen Teams Kontakt. Demnächst wird sie entscheiden, für welches Frauenteam sie ab dem kommenden Jahr starten wird.

Groß, sehr schlank und erfolgreich

Ihre Stärken liegen im Zeitfahren und am Berg. „Ich habe riesigen Spaß, 15 Kilometer am Berg hochzufahren“, erzählt die große, sehr schlanke Joelle Messemer. Sie ist in diesem Jahr richtig durchgestartet: deutsche Meisterin am Berg und auf der Straße, Junioren-Europameisterin in der Einer- und Mannschaftsverfolgung in Cottbus, dann die drei Titel in Berlin. Der Wechsel zu Robert Pawlowsky vor eineinhalb Jahren, einem anerkannten Trainingswissenschaftler, den ihr ihr früherer Trainer Josef Schüller empfahl, hat sich ausgezahlt. Jetzt stehen noch die Europameisterschaften in Flandern und Ende September die WM in Zürich an, danach, am 10. Oktober, wird sie 18 Jahre alt. „Da kommt was auf mich zu“, sagt sie locker-leicht, frisch und frei. Sie fühlt sich für die internationalen Aufgaben bereit.

Von Frankfurt nach Kaiserslautern

Vor fünf Jahren war sie aus Frankfurt nach Kaiserslautern gekommen. „Ich habe, auch wenn die Trainersituation manchmal etwas schwierig war, den Schritt ans Heinrich-Heine-Gymnasium nie bereut. Die Schulsituation ist optimal“, betont sie. Schließlich hat sie am HHG ihre besten Freundinnen Jule Märkl aus Queidersbach, die ein Jahr älter ist, und Magdalena Leis aus Trippstadt kennengelernt, beide sind Top-Radfahrerinnen. Mit Magda geht sie nicht nur in die gleiche Klasse (12s), sondern feiert gemeinsame Erfolge wie in Cottbus oder Berlin. „Wir hocken 24/7 aufeinander“, erzählt sie. Auch Magdalena Leis hat Schüller vor einem Jahr an einen anderen Trainer weitergegeben, an den sehr engagierten und strukturierten Frank Riedel, der vor einem Jahr aus Öschelbronn an die Schule kam. Er betreute die Mädels in Berlin zum ersten Mal bei deutschen Bahnmeisterschaften. „Das hätte ich mir vor einem Jahr nicht träumen lassen, dass ich so etwas mal erleben darf. Die Erfolge sind traumhaft. Ich freue mich jeden Tag, mit den Mädels zusammenzuarbeiten“, sagte Riedel in Berlin.

Viele Rädchen greifen ineinander

Die Grundlage aller guten Arbeit und aller Erfolge, sowohl in den Kurzzeit- wie in den Ausdauerdisziplinen, bietet das Heinrich-Heine-Gymnasium als Institution einer „Eliteschule des Sports“. Viele Rädchen greifen dort ineinander: die Schulleitung, das Internat, die Lehrkräfte, die Sportstätten, die Trainerinnen und Trainer. An den Eliteschulen können Schule und Sport, Lernen und Trainieren sinnvoll kombiniert werden, so dass möglichst beides erfolgreich und gewinnbringend absolviert werden kann. „Wir leben das System“, sagt etwa Josef Schüller, der Internatsleiter. Sportlerinnen und Sportler müssten sehr oft vom Schulunterricht befreit werden, weil sie zum Beispiel in Trainingslager weilen oder längere Renneinsätze fahren, die Schule aber garantiert den so genannten Nachführunterricht. Joelle Messemer vermutet, dass sie nicht mehr im Radsport unterwegs wäre, wäre sie in einem normalen Gymnasium in Frankfurt geblieben und nicht ans HHG gekommen. „In Frankfurt hatte ich oft bis 16 Uhr Schule, in Kaiserslautern nur bis 13 Uhr, danach kann ich trainieren. Die Lehrer zeigen sehr großes Verständnis für unseren Sport“, sagt Messemer, der es auch gut tat, unter der Woche vom Elternhaus weg zu sein: „Am Wochenende bin ich daheim, von meinen Eltern kriege ich beste Unterstützung, sie sind oft bei den Rennen dabei.“

Zwei Dinge fehlen zum Optimum

Josef Schüller, der übrigens schon in den 80er Jahren junge Radsportler wie Stefan Steinweg, Kai Hundertmarck durch Schul- und Sportlaufbahn begleitete, nennt die Rahmenbedingungen am HHG top: „Unser pädagogisches Konzept am Internat stimmt“, sagt Schüller. Messemer zog jetzt in ein Ein-Zimmer-Appartment mit Küche und eigenem Eingang. Sie wird dadurch auf die Eigenständigkeit vorbereitet. Schüller nennt nur zwei Dinge, die ihm fehlen, um das Optimum zu erreichen: eine Radrennbahn und die Öffnung von Mensa und Internat in den Schulferien. „Da dürften wir ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland haben, weil wir geschlossen haben und alle in den Ferien nach Hause müssen“. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

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