Kaiserslautern Kaiserslautern: Radio Philharmonie entführt ins märchenhafte Russland

Anstelle der jahrelang in der Reihe „Sonntags um 5“ praktizierten Operngala oder eines „Festivals großer Stimmen“ hat die Deutsche Radio Philharmonie (DRP) am Sonntag in der Kaiserslauterer Fruchthalle andere künstlerische Akzente gesetzt. SWR-Moderatorin Doris Blaich präsentierte ausschließlich Instrumentalmusik der russischen Romantik des 19. Jahrhunderts.

Sie fand bei einem herausragenden Werk (Mussorgskys sinfonische Dichtung) spannenden Stoff um die russische Johannisnacht (Pendant zu unserer Walpurgisnacht) mit der Versammlung von Hexen und Zauberern, die Orgien feiern, was die DRP unter Chefdirigent Pietari Inkinen exzessiv ausreizte.

Michael Glinkas Ouvertüre zur Oper „Russlan und Ludmilla“ hat sich längst als Konzertouvertüre etabliert, verlangt alle Spielkunst eines elitären Orchesters und ist keineswegs ein Einspiel, sondern ein Bravourstück. Dementsprechend faszinierte die DRP durch die Brillanz und Rasanz, mit der die hohen Streicher ihre Passagen zu Beginn furios und synchron angingen. Die Kontrabässe flogen nur so im raschen Lagenwechsel über ihre langen Griffbretter und die Celli warteten mit sehr schönen lyrischen Kantilenen auf. All das klappte auf Anhieb vorzüglich. Und war eine vielversprechende Einstimmung auf den programmatischen Schwerpunkt der Werke von Peter Tschaikowsky, der dreifach vertreten war.

Cellistin Lizi Ramishvili konnte sich vielfach als gefeierte Solistin auszeichnen

Hier konnte sich vor allem Cellistin Lizi Ramishvili als gefeierte Solistin vielfach auszeichnen. Die Variationen über ein Rokoko-Thema und das „Pezzo capriccio“ in einer orchestrierten Fassung boten ihr reichlich Gelegenheit, alle Facetten ihres nuancierten, spielerisch überragenden und gestalterisch schlüssigen Vortrags aufzuzeigen. Lyrische Kantilenen in feinsten klanglichen Schattierungen wechselten mit raschem Laufwerk, bei dem aber nicht die Virtuosität als Selbstdarstellung im Vordergrund stand, sondern die Paraphrasierungen als Umspielung und Ausschmückung des grazilen Themas dienten. Dementsprechend war ihr Interpretationsansatz von Subtilität, struktureller Klarheit und melodischer Linearität geprägt. Eine Auffassung, die nicht auf den großen packenden Zugriff, sondern auf fein ziselierende Gestaltung setzte; die mit dem Orchester zwar harmonierte, wobei die DRP allerdings hier noch eine Spur durchsichtiger und zurückhaltender hätte agieren können. Bei der Cellistin beeinträchtigten einige glissandierende Lagenwechsel bei größeren Intervallsprüngen etwas den sonst exzellenten Gesamteindruck.

Glinkas Valse-Fantaisie mit der Kette von Walzermelodien offenbarte Schwerelosigkeit und Leichtigkeit, während die genannte sinfonische Dichtung zur Johannisnacht (Auf dem kahlen Berge) von Mussorgsky nun alle Schleusen öffnete. Der Chefdirigent ließ sich bei diesem Wirbelsturm durch alle Stimmen bei dieser eruptiven monumentalen, opulenten Klangpracht mehr von der Partitur und eigenen Werkvorstellungen als von den begrenzten räumlich-akustischen Rahmenbedingungen leiten. Dennoch baute diese Interpretation immense Spannung auf, mobilisierte alle Kräfte und führte sie zu emphatischen Steigerungen. Eine kontrolliertere klangliche Ausbalancierung und Transparenz würden die Finessen der Orchestrierung von Rimskij-Korsakow noch besser zur Geltung bringen.

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