Kaiserslautern Mit Ehepartnern in der Chanson-Welt

Zwei gemeinsam musizierende Ehepaare in einer Band – erinnert das nicht an die Popgruppe ABBA? Nun, die am Sonntag in Lindens Kulturfabrik musizierende Formation kann zwar mit der Kuriosität aufwarten, gemeinsam gleichzeitig in der Karibik geheiratet zu haben, hat aber ansonsten stilistisch mit der schwedischen Band nichts gemeinsam. Die Formation Mon Mari et Moi (Mein Ehepartner und ich) hat sich ganz dem Genre des Chansons verschrieben.

Sängerin Shakti Paqué sucht ständig nach musikalischen Vorlagen, die textlich trotz nostalgischer Verklärung auch einen gewissen Aktualitätsbezug haben. So ist sie fündig geworden bei legendären Erfolgstiteln von Chansonniers wie Zarah Leander, Marlene Dietrich und Hildegard Knef im deutschsprachigen Raum. Und wenn Ausflüge in frankophile Gefilde sein müssen, dann bitte mit deutscher Übersetzung, lautet die Devise. So werden Klangbeispiele des Belgiers Jacques Brel einbezogen. Mit der Sichtung der Titel, die oft in Textbüchern zugänglich sind, beginnt die Arbeit des Solo- und Rhythmusgitarristen und Ehemanns Mathias Paqué. Der arrangiert die legendären Erfolgstitel neu, bezieht aktuellere Rhythmen wie Reggae, Blues und Bossa Nova oder Tango mit ein, so dass ein kunterbuntes Kaleidoskop an musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten gelingt. Jeder Titel bekommt so ein eigenes, individuelles und charakteristisches Gepräge. Alles lebte von dieser blendend aufeinander eingespielten und sorgfältig aufeinander abgestimmten Formation. Bestens unterstützt von dem nie stereotyp, monoton wirkenden Basspart von Inge Mrotzek, der vielmehr sehr variantenreich und mal mit kurzen Soli für Belebung sorgte. Ihr Ehemann, Jürgen Mrotzek, ist nicht nur ein sehr flexibler und sattelfester Garant am Schlagzeug für diese musikalischen Abläufe, sondern auch ein begnadeter Tontechniker, der alles optimal abmischt und ausbalanciert. Als Kuriosität wirkte das Hinzuziehen eines sogenannten Memotrons durch die Sängerin: ein Tasteninstrument mit der Möglichkeit, Klänge eines Vorbildes mit Digitaltechnik authentisch zu reproduzieren. So auch Klangkulissen wie Meeresrauschen bei nordisch inspirierten, selbst komponierten und geschriebenen Klangbeispielen. Noch wesentlicher als die gelungene und akribisch ausgearbeitete Instrumentierung mit nahtlosem Wechselspiel aus Soli und lebhaft pulsierendem Rhythmus ist jedoch hier die Textvermittlung. Einmal durch die sympathische Form der Einführung, auch gemischt mit persönlichen Erinnerungen und Assoziationen durch die aus Schleswig-Holstein stammende, aber in Kaiserslautern lebende und in Saarbrücken studierende Sängerin. Sie legt größten Wert darauf, dass die Chansons balladenhaft Geschichten erzählen, meist über Einsamkeit, Sehnsucht und Entfremdung. In Titeln wie „Fräulein Annie wohnt schon lang nicht mehr hier“ oder „Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt, bin ich mit meiner Sehnsucht allein“ verbergen sich hinter ansprechenden melodischen Linien menschliche Tragödien in Großstädten. Melancholie durchzog auch den träumerischen Knef-Titel „Heute Nacht Amsterdam“, der sich in Visionen flüchtet. Ebenso drückt diese von Verzweiflung und Weltschmerz geprägte Haltung der Knef-Titel „Im 80. Stockwerk“ aus, der aber Hoffnung aufkeimen lässt. Shakti Paqué traf immer genau diesen Ton. Sie war mit ihrer dunklen, sonoren, angenehm timbrierten und wie entrückt und versonnen (oder selbstvergessen) wirkenden Stimme eine Idealbesetzung für die in beklemmender Ausdrucksdichte dargestellten seelischen Stimmungen. Der Zuhörer hing förmlich an ihren Lippen, um diese Gratwanderung zwischen Hoffen und Bangen, Traum und Wirklichkeit mitzuerleben. Begünstigt wurde dies durch die besondere Atmosphäre der Kulturfabrik. Der Umbau zu einem regional noch unterschätzten Kleinkunstforum bietet die Möglichkeit einer Bestuhlung mit 140 Plätzen aufzubauen. Kommen Bistrotische zum Einsatz, gibt es sogar 200 Plätze. Zwölf Veranstaltungen jährlich zeigen eine steigende Tendenz zur Nutzung dieser Bühne in Linden. Die Finanzierung solcher Konzertvorhaben erfolgt stets auf eigenes Risiko der Ausführenden: Nur abgesichert durch Kartenverkauf und Spenden.

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