Kaiserslautern So klappt’s auch mit dem Singen

Es muss nicht immer „Am Brunnen vor dem Tore sein“. Zum 125. Bestehen des MGV Einsiedlerhof veranstaltete der Jubilar am Samstagabend in der Alten Eintracht ein fetziges Konzert mit Pop-und Rocksongs von den 1960ern bis heute. Titel: „Hauptsache Hits!“

Der MGV ist rechtzeitig mit der Zeit gegangen, um Sänger, die mit den Songs der Beatles, von Abba oder Michael Jackson aufgewachsen sind, an sich zu binden und gründete im Jahr 2003 den Pop/Rock-Chor Vocalica mit Desiree Kohl als Chorleiterin. Zwar sang der Chor zur Eröffnung des Konzertes bei dem Bee-Gees-Song „Massachusetts“ noch ein bisschen zurückhaltend und brav, was wohl auch der Tatsache geschuldet war, dass den Sängern in dem engen Saal das Publikum im Nacken saß. Auch war der Chor, wie die Gastchöre auch, durch die Grippewelle ganz schön dezimiert. Dafür intonierten sie im zweiten Teil mit Verve und Spaß an der Popmusik. Der Song „Photograph“ von Ed Sheeran bestach mit einem kultivierten Piano, aber die Akzente kamen wie gemeißelt. Das Temperament schäumte fast über bei Herbert Grönemeyers „Mambo“. Keck und kess und mit viel Pep fingen alle an zu grooven, und bald klatschten alle Gäste im Publikum mit. Die Art, wie der Chor phrasierte, machte den Song zum Hörerlebnis. Moritz Gehnen am Klavier und der virtuose Thorsten Requadt an der Perkussion sorgten für zusätzlichen Groove. Die Solistin Anja Schmidt bestach mit ihrer unter die Haut gehenden Soulstimme in dem Foreigner-Song „I Want To Know What Love Is“. Mit Sangesfreude riss auch der Chor „Gut gemischt“ aus Kottweiler-Schwanden, ebenfalls unter Leitung von Desiree Kohl, das Publikum mit, obwohl nur die halbe Gruppe auf der Bühne stand. Wunderbar dialogisierten Frauen und Männer bei dem bekannten Folk-Song „Country Roads“ und intonierten dabei bestens; nur die Homogenität litt darunter, dass der eine oder andere Sänger vor lauter Sangesfreude zu kräftig hervorstach. Farbenfreudig wie die Kleidung der Sängerinnen klangen auch Udo Lindenbergs „Hinterm Horizont“ und Grönemeyers „Musik, nur wenn sie laut ist“, wobei die komplizierte Rhythmik völlig exakt war. Am Klavier begleitete Moritz Gehnen. Mit „Ein Freund, ein guter Freund“ von den Comedian Harmonists gewann „Taktstrich“ Homburg unter Claudia Nirschl die Herzen der Zuhörer auf Anhieb. Herrlich war der Chorklang, vorbildlich der Lagenausgleich unter den Stimmen, mitreißend waren Temperament und Rhythmik. Die tiefen, klaren Männerstimmen und die makellosen Sopranstimmen bestachen im „Kriminaltango“ von Ralf Bendix. Der Schalk im Nacken schien den Sängern in „Hang On Sloopy“ von The Mc Coys und „Mama Loo“ von den Les Humphries Singers zu sitzen. Da klatschten und summten sie und entwickelten eine „Sprache“, die Spannung aufbaute und physisch spürbar war. Kräftige Bilder mündeten in lautmalerischen Strukturen. Und alle Sänger waren dabei in Bewegung. Auch die „Hörmonists“ Höringen rockten ganz schön die Alte Eintracht. Bei Popsongs wie „You Raise Me Up“ (Josh Graham) und „Ihr von morgen“ (Udo Jürgens) entwickelten sie einen betörenden, vierstimmigen Chorklang. Intonation, Homogenität und Dynamik waren vorbildlich. Die gute Schulung durch ihre Chorleiterin Melania Popescu war unüberhörbar. Selbst die Synkopen sangen sie in Frank Sinatras „My Way“ makellos. Besonders viel Beifall erhielt der Solist, Bass-Bariton Alexander Popescu, in „Con te partiro“ (Andrea Bocelli) nach einem Arrangement von Melania Popescu. Herrlich sein Timbre, extrem sein Stimmenumfang, vorbildlich Atemtechnik und Artikulation. Mit solchen Konzerten kann man jüngere Generationen, die in Gesangvereinen so vermisst werden, wieder fürs Singen gewinnen. Im Anschluss an das Konzert unterhielt das Trio „Soul Alive“ mit der Sängerin Anja Schmidt, Thorsten Requadt, Perkussion, und Andreas Weiß an der Gitarre.