Kaiserslautern „So sollte es nicht sein“

Die Hohenecker ärgern sich über den Verkehr. Sowohl über den ruhenden, also die parkenden Autos, als auch über den fließenden Verkehr, der für den Geschmack der meisten Hohenecker zu dicht ist auf der Bundesstraße. Das war einer der Aspekte, die gestern Vormittag am RHEINPFALZ-Stand bei „Auf ein Wort für Ort“ besprochen wurden.

Hans-Peter Neu

sitzt im Rollstuhl und kommt viel rum: Potsdam, London, Bad Sooden-Allendorf. Überall nimmt er die Barrierefreiheit unter die Lupe. Sein Fazit: „An Behinderte zu denken ist ein Mangel in Deutschland.“ In Potsdam habe er Probleme mit der Bahn gehabt, in London dagegen sei die Nutzung eines Stadtbusses problemlos möglich gewesen. Schwierigkeiten sind aber gar nicht weit weg. Unmittelbar vor seiner Haustür ist der Bordstein viel zu hoch, was ein Hinunter- oder Hinaufrollen für den Rollstuhlfahrer immer zu einem Abenteuer macht. „Der Bordstein dürfte maximal drei Zentimeter haben“, so Neu. Die Erfahrungen von Fabiola Müller als Rollstuhlfahrerin in der Stadt sind gemischt. So sei sie in einen Bus ohne Rampe schon mal samt Rollstuhl reingehoben worden. Spontan den Bus benutzen sei für sie aber schwierig. „Damit einer mit Rampe sicher kommt, muss ich tags vorher anrufen“, berichtet sie. Über ein Hundeklo ärgert sich Karl Becker: der Grünstreifen zwischen Bundesstraße und der parallel verlaufenden Stauferstraße. Dort ließen viele Hundebesitzer ihre Vierbeiner ihr Geschäft verrichten. „Im Sommer ist das fast nicht zum Aushalten“, ärgert sich Becker. Jürgen Stemler ärgert sich über das Parken in der Burgherrenstraße. Die Fahrbahn sei durch auf beiden Straßenseiten parkende Autos eingeengt, ganz zu schweigen von dem Platzmangel auf den Gehwegen, der die Durchfahrt von Rollstühlen oder Kinderwägen unmöglich mache. „Das finde ich sehr, sehr schlimm.“ Zudem findet es Stemler um die Sauberkeit rund um Burgherrenhalle, Grundschule und Spielplatz schlecht bestellt: Nicht nur Papier und Abfall liegen rum, sondern auch Glasscherben. „So sollte es nicht sein.“ Manfred Folz ist ebenfalls verärgert wegen der vielen auf Gehwegen und in unübersichtlichen Kurven parkenden Autos in der Burgherrenstraße. „Alles Anwohner“, meint er. Da kämen häufig nicht mal mehr Fußgänger durch, müssten auf die Straße ausweichen. „Das ist gefährlich“, meint der Hohenecker. Er wünscht sich, dass die Ordnungsbehörde häufiger kontrolliert, nicht nur, wenn Veranstaltungen in der Burgherrenhalle stattfinden. Sylke Hammerschmidt wohnt in unmittelbarer Nähe der B 270. Viel schlimmer findet sie allerdings, dass sie offensichtlich nahe dem einzigen, nicht sanierten Kanaldeckel wohnt. „Wenn da ein LKW drüber fährt, knallt das immer ganz furchtbar. Das ist Lärmbelästigung“, findet sie. Sie habe es schon öfter angesprochen, auch in der Ortsbeiratssitzung, passiert sei aber noch nichts. Dabei, so findet sie, sei es so einfach, das Problem zu lösen. „Die anderen Kanaldeckel wurden ja auch alle saniert, nur der eine wohl nicht.“ Auch Beatrix Merkert hat so ihre Not mit der B 270. Die Bundesstraße zerschneide nicht nur den Ort, sie bereite auch große Probleme bei der Einfahrt. „Es gibt Zeiten, da kommt man kaum raus.“ Sie wünsche sich vielleicht im Ortsbereich ein Tempo 30 auf der Bundesstraße. „Dann wäre ein Reißverschluss bei der Einfahrt auf die Straße ohne Probleme möglich.“ Susanne Schulz kommt mit ihrem vierjährigen Sohn Finn an den RHEINPFALZ-Stand. Notgedrungen, denn eigentlich wäre Finn am Morgen im Kindergarten. Die Kita in Hohenecken befindet sich aber seit Dienstag im unbefristeten Ausstand, hat demnach geschlossen. „Ich kann die Erzieherinnen aber verstehen“, sagt Schulz. Weniger Verständnis hat sie für die Immobilienpreise im Ort. „Die liegen etwa 30 Prozent höher als in vergleichbaren Ortsteilen. Warum ist das so?“, fragte sie. Eine Vermutung hat sie: Die Lage Hoheneckens sei insbesondere für US-amerikanische Familien günstig und daher bei Army-Angehörige sehr beliebt. Obwohl der Ort – trotz günstiger Lage und landschaftlich schöner Flecken – auch Nachteile hat: „Es gibt hier beispielsweise keinen Einkaufsmarkt.“ Mit sorgenvoller Miene kommt Ortsvorsteher Alexander Rothmann zum RHEINPFALZ-Stand und lässt gleich die Katze aus dem Sack: „Grausam“ höre sich die Haushaltsverfügung der Kontrollbehörden an, nach dem, was er bisher erfahren habe. Genau kenne er sie noch nicht, befürchtet aber, dass durch starke Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen auch die Budgets der Ortsbeiräte dran glauben müssen. „Die sind eine gute Möglichkeit, kleine Maßnahmen durchzuführen, ohne lange bei der Stadt nachhaken zu müssen. Im vergangenen Jahr haben wir etwa die Bestuhlung für die Trauerhalle erneuert. Mit 12.500 Euro im Jahr kann aber sowieso nicht so viel gemacht werden. Schule, Kindergarten, Bücherei und Friedhof profitieren, es muss für öffentliche Einrichtungen eingesetzt werden.“ „Land unter“ meldet er zurzeit aus den freitäglichen Ortsvorsteher-Sprechstunden – Grillplatz-Mieter stünden allwöchentlich Schlange, um die Verträge für die beliebte Hütte abzuschließen. „Das läuft komplett über das städtische Budget, wir Ortsvorsteher sind nur für die Vertragsabschlüsse zuständig“, erklärt Rothmann. Nötige Arbeiten würden gemeldet und auch von der Stadt durchgeführt. Allgemein wirbt er für Verständnis, wenn es bei einer Anfrage an die städtische Verwaltung mal etwas länger dauere. Zu Besuch am RHEINFALZ-Stand war auch Pastor Victor Krell von der Hoffnungskirche. Diese Freikirche, die sich vollkommen selbst von „Mitgliedern und Freunden“ finanziert, hat seit etwa fünf Jahren in Hohenecken ihren Sitz. Sieben Familien seien schon in den Stadtteil gezogen, berichtet der Pastor, ebenso von Bemühungen der Kirchengemeinde, mit Nachbarn in Kontakt zu kommen und gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Sportverein. Mit der Evangelischen Allianz der Freikirchen sind der Pastor und die Gemeindemitglieder um die Integration von Flüchtlingen bemüht, betreiben selbst ein Kleiderkammer in Hohenecken, übernehmen Fahrdienste, begleiten zu Arzt- oder Amtsbesuchen. Krell weiß selbst, wie es ist zu emigrieren. Als Angehöriger der deutschen Minderheit ist er in Novosibirsk geboren worden, mit der Familie nach Deutschland gekommen. Von 1989 bis 2002 hat er dann Integrationsarbeit vor allem für Aussiedler für die Evangelischen Freikirchen in ganz Deutschland geleistet und im Jahr 2004 die Hoffnungskirche in Kaiserslautern mit begründet. Über Flüchtlinge auch in Hohenecken würde er sich freuen. Das geplante Haus für minderjährige Flüchtlinge, das das CJD (Christliches Jugenddorf Deutschlands) umsetzen wollte, komme allerdings nicht zustande, informierte Alexander Rothmann. „Aber ich wüsste gerne warum?“, wirft Thomas Krahl ein. Das ehemalige SPD-Ortsbeiratsmitglied, das aktuell mit seinen Parteikollegen quasi in außerparlamentarischer Opposition tätig ist, betont, die Pläne des CJD gut gefunden zu haben und bedauert diese Entwicklung. Thomas Krahl kommt nicht allein an den Stand, er hat eine ganze Liste mit Anliegen dabei. Unter anderem ist ihm die marode Eisenbahnbrücke im Ortskern ein Dorn im Auge. „Da fallen immer mal wieder Brocken runter“, berichtet er. Und: Durch das in der neu gemachten Deutschherrenstraße gegenüber der Kindertagesstätte ausgewiesene Halteverbot sei die Straße zu einer Rennstrecke geworden. Zudem wünscht er sich mehr Bürgerbeteiligung, mehr Nachfragen in Einwohnerfragestunden bei Ortsbeiratssitzungen. Diese ist eine der wenigen Möglichkeiten der Hohenecker SPD, sich einzubringen – aber auch eine Möglichkeit, frecher aufzutreten denn als reguläres Ortbeiratsmitglied, wie Krahl schmunzelnd zugibt. Auch der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) „Bahnhaltepunkt Hohenecken jetzt!“, Klaus Merkert, kommt zur RHEINPFALZ und hat einige Unterlagen zur Verkehrssituation im Ort im Gepäck. Sein Hauptanliegen: der Bahnhaltepunkt Hohenecken. Seit November habe sich der Landesbetrieb Mobilität mit der Planfeststellung befasst, nun, im Mai, seien die Pläne ans Eisenbahnbundesamt weitergeleitet worden. „Dort liegen sie noch einige Wochen aus, bis dann letztendlich Baurecht erteilt wird.“ Mit einem Baubeginn 2015 rechnet Merkert nicht mehr, zumal da noch andere Behörden, unter anderem das Innenministerium, noch ein Wörtchen mitzureden hätten. „Das wird nix werden.“

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