Kaiserslautern Ständiger Kampf ums Bestehen

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Seit 20 Jahren verkörpert die Münchener Band Emil Bulls mit ihrem Alternative-Metal die harte musikalische Variante aus Metal-, Stoner- und Crossover-Elementen. Doch zu seinem Jubiläum hat sich das Quintett beim Konzert am morgigen Freitag in der Kammgarn für eine „Candlelight- Version“ entschieden: seine Lieder werden im akustischen Gewand präsentiert. RHEINPFALZ-Mitarbeiter André de Vos sprach mit Bulls-Gitarrist Stephan Karl über die Wandlungsfähigkeit einer Band mit einer beachtlich langen Karriere und über den Wandel der Musikszene in Deutschland.

Wie sehen Sie die musikalische Szene, in der Ihr Euch bewegt, im Verhältnis zu der vor 15 oder 20 Jahren?

Ich denke, dass sich die Musikszene alle zwei bis drei Jahre komplett ändert. Das ist auch gut so, denn es gibt nichts Schlimmeres als Stillstand. Und wir haben da auch ein Auge drauf und gucken, was gerade gut funktioniert. Aber im Endeffekt machen wir unser eigenes Ding, haben über die Jahre unser eigenes Rezept gefunden. Was ist der Hauptunterschied zu früher? Früher war in diesem Geschäft viel mehr Geld drin. Das haben wir noch so ein bisschen mitbekommen. Wir haben auch den Zusammenbruch der Labels mitbekommen. Das hat uns natürlich auch getroffen. Man hat da schon viel erlebt, ist da als junger Mensch ziemlich blauäugig gewesen, hat gedacht, „cool, ich habe einen Plattenvertrag unterschrieben, jetzt verdiene ich Geld“. Und so ist es eigentlich nicht. Eigentlich ist es immer ein Kampf, um in diesem Geschäft bestehen zu können. Im Moment sind wir aber in einer sehr guten Situation weil wir wissen, dass wir bis zum nächsten Album noch ein Label haben, wissen, dass es noch weitergeht. Haben sich die Hörgewohnheiten verschoben? Es wird ja ein Bild vermittelt, dass die Musik in Richtung Popduos, Schlagerrock und seichtere Sounds geht. Müsst Ihr da Euer Publikum immer wieder neu erarbeiten? Man muss sich daran abarbeiten, dass man neues Publikum an sich bindet. Die Bindung ist das Wichtige. Das beobachten wir auf unseren Konzerten: Da sind Fans, die zum Teil schon seit zehn Jahren kommen. Und wenn man unterwegs ist, trifft man Freunde, die man auch über die Jahre kennengelernt hat. Und die generelle Entwicklung? Ich glaube, es ist in Deutschland einfach schwieriger geworden, dadurch dass an Musikfernsehen sehr viel weggebrochen ist. Und eine Musik, die wir spielen, findet im Radio einfach nicht statt. Und Radio ist eigentlich noch das einzige Promo-Tool für Musik, um breite Hörerschaften zu gewinnen. Nur: Die jungen Leute lassen sich von Radio nicht beeinflussen. Die hören im Internet, worauf sie Bock haben. Das ist auch eigentlich richtig so. Ihr hattet mit Eurer letzten Platte „Sacrifice To Venus“ Platz 6 der Media-Control-Charts erreicht. Würden Sie das darauf zurückführen, dass Ihr eine Plattenfirma im Rücken habt, die noch ein paar Hebel betätigen kann? Bei dem Album hatten wir gemerkt, dass wir das Label gewechselt haben, weil da schon ein bisschen mehr Power da war. Und dann hat das einfach auch damit zu tun, dass man seine Leute mobilisiert. Das ist eigentlich alles so aufgegangen, wie wir uns das vorgestellt haben. Apropos mobilisieren: Wie ist Euer Verhältnis zu den Sozialen Medien? Verschaffen sie Euch größeren Zulauf? Also wir waren eigentlich immer von Anfang an dabei. Ich weiß noch, als es MySpace gab. Da waren wir auf MySpace, dann auf Facebook, auf Twitter, den ganzen Kanälen, vertreten. Das ist schon wichtig, aber Facebook aktualisiert immer die ganzen AGBs, und es wird immer schwieriger, überhaupt die Leute zu erreichen. Da muss man mal die Entwicklung beobachten, was da passiert. Für uns ist es eines der wichtigsten Medien, weil das auch ein Super-Sprachrohr ist, man direkt Feedback bekommt und man mit den Leuten auch darüber kommunizieren kann. Im Deutschlandfunk wird die These vertreten, Metal-Musik sei die „verborgene Hochkultur“. Wie würden Sie den Status der Metal-Musik in Deutschland beurteilen? Der ist doch eher untergeordnet, unter „ferner liefen“ – oder nicht? Das Gefühl habe ich für uns nicht, weil wir für unser Empfinden eigentlich die erfolgreichste Zeit unserer Karriere haben. Natürlich ist diese Musik dadurch, dass sie nicht medienpräsent ist, wenn man nicht sowieso Metal- oder Rockhörer ist, schwer zugänglich. Aber die Leute, die sich dafür interessieren, kriegen auf jeden Fall mit, wenn wir Konzerte spielen oder wenn wir ein Album machen. Deswegen haben wir eigentlich nicht dass Gefühl, dass wir da nicht auch einen adäquaten Status hätten. Ich glaube, dass wir in der Szene auch einen relativ guten Namen haben, weil wir einfach eine gute Liveband sind. Danke fürs Gespräch. (adv/Archivfoto) Konzert Am Freitag, 20 Uhr, im Kulturzentrum Kammgarn; Karten im Vorverkauf etwa bei Thalia, daneben Abendkasse.

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