Kaiserslautern Stil, Klasse und Niveau

Mit seinen 90 Jahren gehört der Musikverein Schneckenhausen zu den ältesten und traditionsreichsten Kulturträgern des Landkreises. Hinsichtlich programmatischer Konzeption, akribisch vorbereiteter künstlerischer Realisation und professioneller Präsentation entsprach das Jubiläumskonzert am Samstag in der dicht besetzten Festhalle den hohen Erwartungen.

Ein Glücksfall ist die optisch ansprechende und strategisch günstig gelegene Festhalle für Probe und Konzert sowie mittlerweile auch Lehrgänge. Sie ist aber akustisch aufgrund der zu niedrigen Decke zugleich für den Konzertverlauf problematisch. Die Planer konnten ja nicht ahnen, dass der Ort mit knapp 600 Einwohnern ein Konzert-Blasorchester mit etwa 40 Aktiven (mehr als die meisten im Kreis) auf die Bühne stellen würde. Die Wiege der Brüder Vanecek steht hier, in der Musikantenland-Tradition wird hier seit Jahrzehnten in erfolgreicher Jugendarbeit vom Blockflötenspiel bis zum Jugendorchester erbitterter und erfolgreicher Widerstand gegen den Zeitgeist mit seinem Verfall von Gemeinschaften und Kulturarbeit geleistet. Die in Bild und Text auf Leinwand eingeblendete Chronik und Historie, das aufwendig erstellte Programmheft, die launige Moderation Wolfgang Marschalls (von der Lauterer Kabarettistengruppe Die Untiere) im Stile eines Conférenciers und die Präsentation in verschiedenen Klanggruppen beim festlichen Eröffnungsstück in aufführungspraktischer Stereophonie: All das hatte Stil, Klasse und Niveau. Wenn eingangs von Glücksfällen die Rede war, ist an dieser Stelle in einer Laudatio der seit 2013 den Taktstock schwingende Dirigent David Punstein zu würdigen: Souverän steht er wie ein Fels in der Brandung, mit stoischer Ruhe hält er die Fäden zusammen, gibt sicher die Einsätze, führt über alle Klippen der Partituren hinweg. Dass diese für das Blasorchester gut spielbar sind, dafür sorgen auch teilweise seine eigene Arrangements wie zum Auftakt beim Ausschnitt aus der sinfonischen Dichtung „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss. Hier und bei den nachfolgenden konzertanten Werken „Olympic Fanfare mit Thema“ von John Williams oder Michael Sweenys „Spring City Overture“ (um nur einige zu nennen) betonten die Musiker ihren gewachsenen künstlerischen Anspruch – an sich selbst und ihr aufgeschlossenes Publikum. Jetzt hat aber ein solcher Klangkörper vielfältige kulturelle und gesellschaftliche Aufgaben im Jahreskreislauf zu absolvieren. Dementsprechend braucht man auch Unterhaltungsliteratur, um alle Generationen bei Laune zu halten. Auch diesen Spagat schaffte Punstein mit seinen bestens disponierten und vorbereiteten Musikern: Als Jazzspezialist hat Punstein für dieses Genre Begeisterung wecken können und ein Klangbeispiel der Fusionband The Rippingtons im Stile des Smooth Jazz arrangiert und in allen Facetten der Rhythmik einstudiert. Ein weiterer im Programm vertretener Spezialist kennt konzertante Blasmusik von allen Seiten: Der im Heeresmusikkorps zunächst mitwirkende Klarinettist, später Dirigent (Stadtmusik Schwenningen und Blasmusikverband Rottweil) und Dozent Wolfgang Wössner. Er komponiert mit Werken wie das aufgeführte „Enjoy Life“ für die Belange der modernen Blasorchester: Spielfreude, wechselnde Klangfarben, elektrisierende Rhythmen und einschmeichelnde Melodien zeigen den neuen Geist in der Blasmusik. Und dies trotz der Analogie zur klassischen Polka, allerdings durchsetzt mit Siebenachtel und sogar Zehnachteltakt als Hürde. Dennoch gab es auch den Wiedererkennungseffekt für Anhänger klassischer Blasmusik: Der Florentiner Marsch zeigte diese Tradition und bestätigte in den gestochen klaren Trompetenstaccati, den warm timbrierten Klarinetten- und Hornkantilenen, dass diese Musik nichts von ihrem Reiz einbüßt – wenn sie so lebendig interpretiert wird. Mit zunehmender Spieldauer gelang es Punstein immer besser, trotz der akustischen Problematik einen homogenen Klang, eine Einheit zu formen. Dennoch wirkten mitunter die Passagen der Trompeter (Richard Strauss und John Williams vor allem) etwas kraftbetont, könnten sich noch mehr integrieren. Insgesamt aber ein sehr solider, gediegener und optimistisch in die Zukunft weisender Standard, der auf der Überholspur schon so manchen Vertreter des Genres überrundet hat.

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