Kaiserslautern/Ramstein SWR zeigt Spielfilm zur Flugtag-Katastrophe vor TV-Premiere
Dass es 34 Jahre nach dem Flugtagunglück von Ramstein einen Spielfilm über die Schicksale der Opfer und ihrer Familien, aber auch über die teils mangelhafte Aufarbeitung der Unglücksursachen sowie über damals getroffene Fehlentscheidungen gibt, liegt im Grunde an einem Mann: Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt war es ein Bedürfnis, seine Erfahrung beim Besuch der Nachsorgegruppe in ein respektvolles Skript zu verwandeln und verfilmt zu sehen.
Multiperspektivisch erzählt
Er hatte ursprünglich bereits in den 1990er-Jahren den Auftrag bekommen, einen Film über das Unglück zu entwickeln – allerdings vom Sender RTL. Aus dem Projekt stieg er damals aus, da es ihm wenig pietätvoll erschien. Das Thema aber ließ ihn nicht los. Nun hat er nach langen Jahren sein mehrfach überarbeitetes Drehbuch, in dessen Entstehung auch Betroffene eingebunden waren, mit dem Südwestrundfunk umgesetzt. Entstanden ist ein gelungener, lange nach wirkender Film, der dennoch schwer zu verdauen ist, insbesondere für Westpfälzer, denen das Unglück nach wie vor gegenwärtig erscheint.
Schmidt erzählt aus mehreren Perspektiven: von Flugtagbesuchern, die nicht überlebten, von Verletzten, die es geschafft haben (Max Hubacher), und von Angehörigen. Von einem deutschen Notarzt (Jan Krauter), der als erster vor Ort war und entschied, wer wie behandelt wird. Von einem jungen Krankenpfleger (Ron Helbig), der an seinem ersten Arbeitstag die Brandopfer versorgen muss und Schuldgefühle entwickelt, die ihn Jahre später in die Nachsorgegruppe führen. Aber es geht auch um zwei Inspektoren, die für die deutsche Flugsicherung herausfinden wollen, ob das Unglück zu verhindern gewesen war – oder zumindest, ob man den Verletzten besser hätte helfen können.
„Katastrophe in der Katastrophe“
Das Urteil des betont nüchtern auftretenden Inspektors Dudek (Trystan Pütter): Die Katastrophe „ist aus Fahrlässigkeit passiert“. Der Abstand der Flugstaffel zu den Zuschauern war geringer als erlaubt, der für die Genehmigung des Manövers zuständige US-Militär, dem eine Skizze vorlag, habe dies übersehen. Aus den Aussagen des engagierten Notarztes Matthias Kruse (Krauter) wiederum schließt Dudek: US-Soldaten haben zahlreiche Verletzte ohne Erstversorgung in Busse abtransportiert, in denen sie teils stundenlang umher gefahren wurden, bis sie in Fachkliniken versorgt werden konnten. Dies habe „zur Katastrophe in der Katastrophe“ geführt. Mehr Menschen hätten überleben können, wenn sie zunächst gezielt Infusionen erhalten hätten. Auch die zuständigen Politiker kritisiert der Film: Sie hätten diese Erkenntnisse unter den Tisch kehren wollen.
Der die vielen Themen stark verdichtende 90-Minüter (Regie: Kai Wessel) inszeniert gerade die Szenen, in denen es um die Aufarbeitung der Versäumnisse geht, zurückhaltend, gönnt lediglich Inspektorin Koops (Elisa Schlott) emotionale Ausbrüche: Sie und Dudek sind die Identifikationsfiguren fürs Publikum und sorgen für die nötige Balance: Ihre Recherchen und die Aussagen des Arztes und einer US-Befehlshaberin unterbrechen klug die Nacherzählung der Ereignisse dieses verhängnisvollen Augusttages.
Empathie spürbar
Am Drehbuch mitgewirkt hat unter anderem Klaus-Peter Wresch, der damals als Notarzt im Einsatz war und Vorbild für die von Jan Krauter verkörperte Figur ist. Es sei „auch ein Einbringen der Emotionalität, mit dem man das damals erlebt hat“ gewesen, sagte er im RHEINPFALZ-Gespräch am Rande der ersten Pfälzer Premiere der Produktion beim Festival des deutschen Films Anfang September in Ludwigshafen, wo auch zahlreiche Betroffene zu Gast waren. „Sie haben sich alle wiedergefunden und gut aufgehoben in dem Filmprojekt“, berichtete der Mediziner aus Speyer, der auch am RHEINPFALZ-Podcast zum Unglück mitwirkte. Der Film sei für die Betroffenen wichtig auch für den Bewältigungsprozess, der für viele das ganze Leben lang dauern werde. Und man habe bei der Arbeit am Film durchweg die große Empathie gespürt, mit der die Filmemacher sich dem Thema angenommen haben.
Autor Schmidt und Regisseur Kai Wessel gehen sensibel vor, dennoch wühlen die Bilder von den Minuten nach dem Zusammenstoß der Flugzeuge auf, später ebenso die Bilder aus den Kliniken. „Ramstein – Das durchstoßene Herz“ kann als Appell verstanden werden, nie zu vergessen, dass heute noch viele Menschen mit den Folgen der Katastrophe kämpfen.
Der Film wurde beim Filmfest München uraufgeführt, jetzt gibt es am 12. Oktober eine Film-Preview im SWR-Studio in Kaiserslautern (Emmerich-Smola-Platz 1). Einlass ist um 18 Uhr, der Film beginnt um 19 Uhr. Mit dabei sind laut SWR die Schauspieler Trystan Pütter und Ron Helbig, auch Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt sowie Regisseur Kai Wessel kommen und beantworten Zuschauerfragen.
Verlosung und Termine
Wir verlosen am Freitag, 7. Oktober, ab 10 Uhr unter Telefon 0631 3737 288 fünf mal zwei Eintrittskarten. Die Karten liegen an der Abendkasse bereit. Weitere Infos zu Zutrittsmöglichkeiten zur Vorführung gibt es beim SWR unter Telefon: 0631/36228395-65. Der Film läuft am Mittwoch, 26. Oktober, ab 20.15 Uhr in der ARD, gefolgt von einer Doku. Ab 19. Oktober ist „Ramstein – Das durchstoßene Herz“ in der Mediathek abrufbereit.