Kaiserslautern Verpackungskünstler am närrischen Werk

Eins mal vorweg: Sie steht noch. Die altehrwürdige Fruchthalle hat zumindest äußerlich scheinbar keinen Schaden genommen. Ob nun im Innern Statik-Probleme auftreten, muss sich erst weisen. Falls ja, trägt auch der Lauterer „OB“ ein gerüttelt Maß Schuld daran. Denn ein weinseliger „Weichel“ hat, feucht-fröhlich mit der Kanzlerin schunkelnd, sein Teil zu zeitweiligen Erschütterungen der Hallen-Grundfesten beigetragen. Sechs Stunden non-stop haben die Narren vom KVK samt hochkarätiger Gäste am Samstagabend die Wogen hoch schlagen lassen.

Sa-gen-haft: Da landet eine Ex-Prinzessin mit ihrer schönen Nase in der Schoko-Torte. Da torkeln Fastnachts-Granate Gossenberger und Rathaus-Klausi „Weichel“ (Philipp Tulius) stockbesoffen über die Bühne. Da reißt ein Detlef Schönauer grinsend Witze über Themen, die die meisten anderen aus lauter Angst vor Hieben mit dem Stock der „politischen Korrektheit“ nicht mal anpacken würden – und all das wirkt nicht mal ein Sekündchen lang peinlich oder gar abgeschmackt. Kommt halt eben immer darauf an, wie man’s verpackt. So gesehen waren es samt und sonders Verpackungskünstler, die da auf den Brettern der Frucht-Narhallee ihr Unwesen getrieben haben. Narren darf man sowieso nie böse sein. Und es war ja schließlich des Oberbürgermeisters liebster Verein, der da am Samstagabend wieder gewaltig in der guten Stube der Stadt getobt hat. Aber: „So lang noch die alt’ Fruchthall steht – kann Lautere nix bassiere“, heißt ein Hit der Schbeisbuwe. Na denn: Insofern darf die Großstadt ohne allzu viel Besorgnis in die nähere Zukunft blicken. Erstaunt geblickt hat ein nach über sechsstündigem Bombardement mit Sicherheit restlos bedientes Publikum über einen Schautanz par excellence: Die „Magic Dancers“ aus Remagen haben unter anderem drei Deutsche Meistertitel eingeheimst. In der Westpfalz-Narren-Hochburg bewies die Truppe, warum. Zwischen den Remagenern und dem KVK bestehen seit geraumer Zeit freundschaftliche Bande. Solche Gäste bereichern eindeutig jedes Programm. Das gilt auch für weitere Aktive, die die Lauterer immer wieder gerne engagieren, somit Beiträge von Qualität servieren. So braucht man über Detlef Schönauer keine Worte mehr zu verlieren. In seiner Rolle als altgescheiter allwissender Bio-Lehrer ist der Kabarettist auch als Bütten-Ass bekanntlich Dauer-Fernsehgast in Mainz. Ihren neuen Partner präsentierte Helene Rauber: Die Saarländerin kam in ihrer Rolle als „Jolanda“ erstmals ohne ihren angestammten Punchingball „Jääp“ getrottet, brachte stattdessen „Karl-Wilhelm Hühnerfeld“ alias Willi Fries mit in die Lauterer Bütt. Prima. Ebenfalls ein Saar-Import ist Nico Heib. Der Travestie-Künstler aus St. Ingbert tobte als Hauptdarsteller(in) eines Tanzensembles über die Bühne. „Angy“ nennt sich Heib, wenn er mit einer Gruppe echter Mädels hinter sich musikalisch dem rheinischen Karneval frönt. Ebenfalls musikalisch Dampf machten die „Noten-Chaoten“ aus Grötzingen: Die Guggemusik-Truppe ließ die Fensterscheiben zittern. Man muss Guggemusik, Element der alemannischen Fastnacht, ja nicht unbedingt mögen. Doch wenngleich sich die Geister daran scheiden: Die Grötzinger haben es drauf, auch und vor allem weil ihr Repertoire dank der vielen mit Ventilen ausgestatteten Blasinstrumente musikalisch äußerst vielfältig ausfällt. Tja, mehr brauchte es wieder mal nicht für ein mehr als abendfüllendes Programm. Denn was der KVK selbst auf die Beine zu stellen vermag, ist ja hinlänglich bekannt und alles andere als ohne. Nach einer gesundheitlich bedingten Zwangspause ist am Samstag Walter Rupprecht auf die Bühne zurückgekehrt. Was er mit Knieproblemen im Krankenhaus erlebt hat, das ließ der „schääne Dolle“ in seine Witzeleien einfließen. Als „Keks und Kugel“ tollten Christina Weber und Michaela Kalbheim putzmunter vorm Elferrat herum, als Wuchtbrumme präsentierte sich auch Tanja Garcia, die einmal mehr über misslingende Abspeck-Pläne stöhnte und ihr Können als Sängerin bewies. Ungemein schade ist, dass Kassandra Volkmann, die ein Jahr zuvor an selber Stätte mit ihrem Ehemann als Tanzpaar so brilliert hatte, ihre Karriere als Tänzerin beendet hat. Immerhin bleibt sie dem KVK als Trainerin erhalten. Welche Arbeit sie da leistet, das zeigten die Garden des Vereins. Jugendgarde, Juniorengarde und selbstredend die Casimirgarde, die beim zweiten Auftritt einen rasanten Schautanz auf die Bretter brachte, verdienten sich lautstark dröhnende und pfeifende Beifalls-Raketen. Das galt selbstredend ebenso für die drei Tanzmariechen: Nadine Arend, Laura Hartmann und Lena Hauck wirbelten in einer gemeinsamen Darbietung über die Bühne. Nadine Arend gehört auch zum Trainerinnenstab, ebenso wie Christina Kutscher und Jessica Hotopp sowie die engagierte Betreuerin Martina Hauck. Michaela Kalbheim und Tanja Garcia hatten erneut dem Männerballett Beine gemacht, das zu später Stunde noch mal einen fulminanten Auftritt hinlegte. Die einmal mehr in Vereinsfarben leuchtende, geschmackvoll geschmückte Halle schien zu hüpfen, als die Schbeisbuwe schmetterten. Musikdirektor Horst Dech, Wolfgang Vogel, Ivo Schmidt und Frontmann Timo Menge ließen es krachen, während eine Polonaise durch den Saal wippte. Präsident Menge begleitete – in Gesellschaft von Prinzessin Julia I. (Schönherr), Pfalzgraf Johann Casimir (Udo Ringel) und Kaiser Barbarossa (Klaus Gehm) sowie den Zeremonienmeistern Jürgen Neu und Jürgen Conrad – gewohnt souverän, wie gewohnt auch gern mal rotzfrech durch das Programm. Sahnehäubchen dabei: Ex-Prinzessin Jenny von der Mühlen mit Nase in der Torte beim Sketch „Esse fer Ääns“, Jürgen Gossenbergers Adaption des Silvester-Klassikers „90. Geburtstag – Dinner vor one“. Und natürlich: die Bundeskanzlerin und ihr Klausi: Marina Tamassy und Philipp Tulius von den Lauterer Untieren ließen manche Lachträne kullern bei ihrer Darbietung, die bei „Pfälzer Wein“ nach Melodie von „Summer wine“ in einem hemmungslosen Trinkgelage endete. „Ich misst emol dringend e großes Bach“, stöhnte Tulius als „OB Weichel“, die leere, mit „Angie“ verputzte Weinflasche schwenkend. Wer just in diesem Moment genau das tun musste, hat echt was verpasst. |cha

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