Kaiserslautern Vom Licht am Ende des Tunnels

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Vom Tod erzählen zur Halbzeit beim Ludwigshafener Festival des deutschen Films gleich drei Wettbewerbsbeiträge – mal als Komödie, mal als Drama über Familiengeheimnisse, mal als starke Investmentbanking-Analyse. Als Gäste zu „Wer aufgibt ist tot“, „Jonathan“ und „Dead Man Working“ wollen Bjarne Mädel, Barbara Auer und Wolfram Koch kommen.

„Frankfurt ist Krönungsstadt, hier werden Könige gemacht – und Kaiser“, ist ein Leitsatz in Marc Bauders beeindruckender Bankenkrise-Studie „Dead Man Working“. Den Satz spricht der junge Banker Tom (Benjamin Lillie) zunächst reichlich großspurig: Er ist ein Mathegenie und auf dem Weg nach oben, schließlich hat ihn der Leiter des Investmentbankings bei der „Bank der Deutschen“ unter seine Fittiche genommen. Doch der Job ist gnadenlos. Wer hoch aufsteigt, kann auch tief fallen. Und wenn eine Führungskraft nicht mehr tragbar ist, wird das Gefolge ebenfalls bestraft. „Tief fallen“ ist hier wörtlich zu verstehen: Toms Mentor Jochen Walter (Wolfram Koch) stürzt sich vom Dach der Bank. Was ihn in den Suizid getrieben hat, will Tom fortan herausfinden. Seine Zweifel an der Bankenwelt wachsen. Die Witwe Nora (Jördis Triebel) vermutet unterdessen gar Mord. Marc Bauder hat vor „Dead Man Working“ bereits einen detailliert recherchierten Dokumentarfilm über die Mechanismen des Bankensystems gedreht: „Master Of The Universe“. Sein für den HR entstandener Spielfilm, wieder von den für innovative Projekte bekannten Redakteuren Jörg Himstedt und Liane Jessen produziert, begeistert nun vor allem durch das intensive Schauspiel von Benjamin Lillie und Wolfram Koch, die ihren exemplarischen Figuren Tiefe und Individualität verleihen. Besonders Lillie – Ensemblemitglied am Deutschen Theater Berlin – gestaltet den vermeintlichen Kotzbrocken Tom nach dem zu schematischen Beginn nuanciert. Auch visuell ist „Dead Man Working“ großes Kino: Schon die blaugrauen Räume erzählen von menschlicher Kälte und Verzweiflung. Ein Gefühl der Verzweiflung durchströmt auch Piotr J. Lewandowskis Drama „Jonathan“, das ebenfalls spannende Bilder findet: Kameramann Jeremy Rouse verstört mit Nahaufnahmen von Insekten in diesem stillen Film über reichlich ungewöhnliche Bauersleute im Brandenburgischen. Vater Burkhard (André Hennicke) liegt im Sterben. Sein Sohn Jonathan (Jannis Niewöhner), Anfang 20, kümmert sich zwar liebevoll um ihn und den Hof, will jedoch eigentlich mehr vom Leben. Als ein alter Jugendfreund des Vaters (Thomas Sarbacher) auftaucht, werden alte Familiengeheimnisse aufgedeckt. „Jonathan“ lässt viele Fragen offen, ist aber auch als Plädoyer für ein würdevolles Sterben zu verstehen. Schließlich wird eine ganz bezaubernde Sterbebegleiterin (Julia Koschitz) eingeführt, die vor allem Jonathan viel über das Leben beibringt. „Jonathan“ überzeugt nicht vollends. Die Besetzung mit Großstadtgesicht André Hennicke und der ebenso wenig nach Stall aussehenden Barbara Auer als seine mürrische Schwester irritiert. Und Jannis Niewöhner, der als Kinderdarsteller („TKKG“) begann, neigt zu übergroßen Gefühlsausbrüchen. Ein wieder ganz feines Spiel zwischen Komödie und Tragödie zeigt dagegen Bjarne Mädel in „Wer aufgibt ist tot“, einem vergnüglich-nachdenklichen SWR-Fernsehfilm im Stil von „Täglich grüßt das Murmeltier“. Und eine Hommage an „Tod eines Handlungsreisenden“. Nicht Willy Loman, sondern Karl Lohmann heißt die Hauptfigur hier. Und verkauft Spiegel für eine hintersinnig „Jannus“ benannte Firma. Fünf Jahre in Folge war dieser stets zu flotten Werbesprüchen neigende Lohmann „Verkäufer des Jahres“, dann suchte eine Tragödie seine Familie heim. Seither haben er und seien Frau Edith (Katharina Marie Schubert) sich auseinander gelebt. Und Tochter Sonja hasst scheinbar alles. Lohmann selbst wiederum ist praktisch tot, informiert uns seine Off-Stimme: Er ist auf dem Weg zu einem entscheidenden Verkaufstermin bei einem Überholmanöver in einem Autobahntunnel verunglückt und liegt nun im Koma. Der Engel, der ihn ans Ende des Tunnels bringen soll, steht schon bereit. Doch Lohmann bittet um eine zweite Chance. Und eine dritte. Und noch mehr. Stephan Wagners in Heilbronn angesiedelter Film dürfte ein Festivalerfolg werden. Für den Filmkunstpreis aber ist die Fernsehproduktion doch zu leichtfüßig und vorhersehbar. Termine —„Dead man Working“ läuft am 27, 28., 29. und 30. Juni, Wolfram Koch will zu einem Termin anreisen (siehe www.fflu.de) —„Jonathan“: heute; Sonntag und Montag (mit Gast Thomas Sarbacher) sowie Dienstag (mit Barbara Auer). —„Wer aufgibt ist tot“: heute, 20 Uhr (mit Bjarne Mädel); morgen, Sonntag und Montag. —Lesen Sie mehr im RHEINPFALZ-Blog unter bewegtebilder.rheinpfalz.de

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