Kaiserslautern Wenn Müll zum Wertstoff wird

Das Kunst(früh)stück am Sonntag in der Pfalzgalerie bot einen sommerlichen Anblick. Zitronengelb mit graugrünen Augen und glatt polierter Oberfläche ähnelt das Kunstwerk einem großen steinförmigen Gebilde. Seit wenigen Tagen hat das Objekt des Bildhauers Wilhelm Mundt seinen Platz im weißen Oberlichtsaal des Museums. Nahe der großflächigen und überwiegend in Weiß gehaltenen Acrylarbeit des Amerikaners Sam Francis und dem Relief aus Metallteilen von Frank Stella, versprüht der „Trashstone“ Nummer 508 einen farbenfrohen Touch. Er stammt aus dem Jahr 2010.

Wie ein Meteorit vom Himmel gefallen, liegt er mit seinen 70 Kilogramm auf dem Parkett. Annette Reich, stellvertretende Direktorin der Pfalzgalerie, dient der aus Produktionsabfällen geformte und mit Kunstharz ausgegossene Gegenstand als Anschauungsobjekt. „Warum ist Kunst interessant?“, so das Thema des Kunst(früh)stücks. „Kunst lebt von visuellen Eindrücken“, sagt Reich und sucht den Dialog mit den Besuchern. Die sind gerade dabei, sich den Zugang zum Kunstobjekt zu erschließen. Sprechen Form und Farbe an, interessieren sich für das Innenleben und würden das Gebilde gerne einmal anfassen. Von der Plastikgeneration ist die Rede, von künstlicher Intelligenz. Reich spricht von „raumgreifender Malerei, Skulptur und Installation“. Mit der 1989 begonnenen Serie „Trashstone“ sei Wilhelm Mundt bekannt geworden. Objekt 508, eines von insgesamt 600 Trashstones, gehört jetzt zum Bestand der Pfalzgalerie. Lässt sich Müll und Schrott überhaupt zu Kunst verarbeiten? Frank Stellas erwähnte Komposition aus Metallteilen, Gartenschlauch und grünem Hintergrund in barocker Form an der Wand nahe dem Mundt’schen Stein bildet eine Brücke zum Verständnis seines Innenlebens. Bürgermeisterin Susanne Wimmer-Leonhardt, zuständig für den Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungs-Eigenbetrieb der Stadt Kaiserslautern (ASK), lässt den Begriff „Abfall“ so nicht gelten. Entsorgt werde dann, wenn man sich etwas entledige. Werde Abfall wieder etwas zugefügt, werde er zum Wertstoff – „kann er zu Kunst werden“. Anlass für Direktorin Britta Buhlmann, auf die große Tradition in der Kunst zu verweisen, Dinge, die nicht mehr benötigt werden, zu Kunstobjekten zu verarbeiten. „Sich bespiegeln, womit man sich umgibt“: Reich greift den Begriff der Ästhetisierung auf, bezieht ihn auf Müll und den Protest von Künstlern gegen die Folgen der Massenproduktion. Buhlmann lenkt zum Museum hin, einem Ort zum Nachdenken und zur Kontemplation. Eine Teilnehmerin wirft ein: „Kunst wird zum Lernprozess. Je älter man wird, verändert sich die Sehweise.“ Nach eineinviertelstündigem Diskurs über Kunst und Kultur ist der zweite Teil, das Frühstück, an der Reihe.

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