Kaiserslautern Zwischen Ernst und Klamauk

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Am spannendsten sind die Drehbücher, die das Leben selbst schreibt: Das ist die Quintessenz einer Gesprächsrunde mit den Zwillingsbrüdern Bernhard und Roland Vanecek, die noch immer unzertrennlich und auf künstlerischem Weg verbunden sind. Die Mutter sei an der Geburt 1975 in Frankfurt gestorben, der Vater blieb aus beruflichen Gründen dort am Max-Planck-Institut. Und die Kinder kamen im zarten Säuglingsalter zur Tante (Schwester der Mutter) nach Schneckenhausen.

Diese biografische Wende im jungen Leben erinnert etwas an die beiden Kinderbücher von Johanna Spyri, die die Lehr- und Wanderjahre eines Schweizer Naturkindes namens Heidi beschreiben. In Schneckenhausen kamen die Zwillinge in eine intakte Großfamilie mit bereits fünf Kindern. „Auch im Ort selbst waren wir getragen von einer Woge von Sympathie, Solidarität und Anteilnahme“, berichten die Zwillinge unisono. Prägend war in Schneckenhausen, dass die Großväter Gründungsmitglieder des Musikvereins Schneckenhausen waren. Ebenso war der familiäre Kontakt zwischen ihrer und der Halfmann-Familie in Otterbach für den ersten Lebensweg entscheidend: In Otterbach kultivierte die Halfmann-Familie das im alpenländischen Raum verbreitete, bei uns schon damals seltene gemeinsame Musizieren von Eltern mit vier Kindern als volkstümliche Stubenmusik auf hohem Niveau. Es kam, wie es kommen musste: Die Zwillinge landeten beim örtlichen Musikverein, Bernhard mit Posaune und Roland ebenfalls im Blechbläser-Bereich (Bass-Instrumente). Und für den ambitionierten künstlerischen Anspruch erwies sich auch die künstlerische Begegnung mit dem damaligen SWR-Trompeter Peter Leiner (jetzt Radio Philharmonie) und das Mitwirken in dem von ihm geleiteten Kreisjugendorchester als zielführend. Leiner, als musikalischer Ziehvater und Mentor, förderte die beiden – und der Weg zum folgenden Landesjugendorchester war für beide geebnet. Wobei Bernhard bis ins Bundesjugendorchester und Roland sogar ins europäische Jugendorchester vorstieß. Die gemeinsame Studienzeit an Mannheims Musikhochschule führte schon damals zu gemeinsamer Ensemblearbeit. Erst die Berufswahl führte die beiden dann auseinander, Bernhard hat in Mannheim an der dortigen Musikschule eine halbe, feste Stelle und leitet eine Posaunenklasse. Obwohl bei Probespielen, etwa bei der Bayerischen Staatsoper mit aussichtsreicher Chance auf eine Festanstellung, sprang er letztlich noch vom fahrenden Zug ab. Er liebt die wechselnden Herausforderungen. Dagegen ist Roland heute beim Staatstheater Wiesbaden als fest angestellter Tubist in gesicherter Position. Wer jetzt bei Bernhard Vanecek einen größeren Freiheitsdrang vermutet, wird durch andere Lebensumstände widerlegt. „Ich bin ein Nomade“, erklärt Roland und verweist auf rund 20 Umzüge. Derzeit lebt er in Winnweiler und stellt sich den pädagogischen Herausforderungen als zweifacher Stief-Opa. Da erweist sich wiederum Bernhard bodenständiger, bewohnt im Limburgerhof ein eigenes Haus und hat drei eigene Kinder zwischen sechs und zehn Jahren. Das gemeinsame Mitwirken in mehreren Formationen führt die Brüder regelmäßig zusammen und bringt jährlich etwa 30 Auftritte mit sich: Einmal im Ditzner Twintett in einer eigenen Wortschöpfung. Dann im Hammer-Twintett (nach Musiker Thomas Hammer) oder als Wandermusikanten mit Konzerten in Deutschland und Brasilien. Stets mit Bläsern und Percussion, aber mit wechselnden stilistischen Schwerpunkten, vom frei bearbeiteten Kanon von Pachelbel über Jazz-Standards bis zu Cross-Over-Projekten mit Kunst und Klamauk. „Wir passen uns nicht dem Markt an! Der Veranstalter soll dagegen entscheiden, ob es passt oder nicht“, geben sich die Zwillinge selbstbewusst und bleiben ihrer Linie mit eigenwilligen Improvisationen und oft gegen den Strich gebürsteten Interpretationen treu. Die Serie In loser Folge berichten wir auf dieser Seite über Zwillinge, die im kulturellen Leben der Region fest verankert sind.

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