KARLSRUHE Streit um Karlsruher Tourismusbilanz

Ein Kernpunkt der Kontroverse sind Pläne der Karlsruher Stadtverwaltung für eine Bettensteuer.
Ein Kernpunkt der Kontroverse sind Pläne der Karlsruher Stadtverwaltung für eine Bettensteuer.

Das hatten sich Karlsruhes Fachleute für Fremdenverkehr bestimmt anders vorgestellt: Vor kurzem veröffentlichten sie die Zahlen für das vergangene Jahr und sahen dabei eine Rückkehr zum Niveau vor der Corona-Pandemie. Doch die Gastwirte und Hoteliers der Fächerstadt widersprechen massiv.

Von einem „positiven Signal für die Tourismusdestination“ spricht Pascal Rastetter. Der Geschäftsführer der städtischen Tochtergesellschaft Karlsruhe Tourismus Gmbh (KTG) verweist darauf, dass im vergangenen Jahr ausländische Gäste in großer Zahl in die Stadt zurückgekehrt seien. „Insgesamt fehlen uns nur rund 2000 Übernachtungen, um wieder an die Zahlen vor Corona mit 1.149.000 Übernachtungen anzuknüpfen“, sagt Karlsruhes oberster Touristiker.

Wie Rastetter, Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz (CDU) und der Leiter des Amts für Stadtentwicklung, Christoph Riedel, mitteilen, stiegen die Ankünfte in den Karlsruher Beherbergungsbetrieben im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 645.635. Im gleichen Zeitraum legten demnach die Übernachtungen um 20,8 Prozent auf 1.147.239 zu. Noch positiver sei das Ergebnis bei den Gästen aus dem Ausland: Hier seien die Anzahl der Ankünfte um 28,5 Prozent auf 129.523 und jene der Übernachtungen um 26,8 Prozent auf 241.068 nach oben geklettert.

Die meisten Gäste aus den Niederlanden

Die meisten ausländischen Gäste kamen den Angaben zufolge aus den Niederlanden (30.711) nach Karlsruhe. Auf den weiteren Rängen der ersten zehn Herkunftsländer folgten demnach die Schweiz mit Liechtenstein (22.466), Frankreich (19.615), die USA (13.452), Großbritannien (13.222), Österreich (11.418), Belgien (10.641) und Italien (10.060.)

Laut Amtsleiter Riedel stieg die zusätzlich ermittelte Auslastung für Hotelbetriebe mit mindestens 25 Zimmern im vergangenen Jahr auf 61 Prozent. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie habe dieser Wert bei 67,6 Prozent gelegen und sei danach in den Jahren 2020 sowie 2021 auf rund 40 Prozent gefallen.

Verschiebungen beim Angebot

Im Übernachtungsangebot der Fächerstadt hat sich in den vergangenen vier Jahren manches verschoben: Drei Hotels seien neu hinzu gekommen. Darüber hinaus seien zwei Häuser in die Kategorie mit mindestens vier Sternen aufgerückt. Zugleich gebe es nun weniger Betriebe mit drei oder bis zu zwei Sternen. Die Anzahl von Betrieben ohne Klassifizierung sei im fraglichen Zeitraum von zehn auf 15 gestiegen, heißt es weiter.

Aus Sicht von Kommunalpolitikerin Luczak-Schwarz ist der Tourismus ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor für Karlsruhe. Das untermauere eine Studie, für die die Universität München im Auftrag der KTG das Tourismusjahr 2022 anhand von Erhebungen der amtlichen Statistik, Umfragen und Erfahrungswerten analysierte. Demnach ergaben sich aus knapp 22,4 Millionen touristischen Aufenthaltstagen Bruttoumsätze von rund 873,7 Millionen Euro und ein touristischer Einkommensbeitrag von insgesamt 399,1 Millionen Euro. „Dies ist eine tolle Bilanz“, so die Bürgermeisterin.

„Besorgniserregendes Bild“

Bei der Karlsruher Dehoga sehen sie das ganz anders. In einer Stellungnahme wirft der Hotel- und Gaststättenverband der Stadt Fehlinterpretationen vor und spricht von einem „besorgniserregenden Bild“. Die vorgelegten Zahlen bestätigten die „dramatische Lage der Hotellerie“. Der Versuch der Verwaltung, das annähernde Erreichen von „Vor-Covid-Zahlen“ als Erfolg zu verkaufen, könne darüber nicht hinwegtäuschen.

Laut Dehoga ist dieses Ergebnis „teils mit nicht kostendeckenden Dumping-Preisen in Folge von dramatischer Überkapazität und schwierigstem Wettbewerbsumfeld hart erkauft“. Die Stadt lasse in ihrer Tourismusbilanz wesentliche Faktoren der vergangenen vier Jahre unberücksichtigt. Dazu zählen die Hoteliers und Gastronomen die Folgen der Inflation, massiv gestiegene Kosten für Personal und Energie, das Fernbleiben internationaler Gäste als Auswirkung der weltpolitischen Lage sowie ein verändertes Reiseverhalten als wirtschaftliche Spätfolge der Corona-Krise.

Nur 45 Prozent Auslastung

In seiner Stellungnahme hält der Verband den von KTG und Stadt veröffentlichten Statistiken zu mehreren Aspekten andere Zahlen entgegen. So liegt etwa die Bettenauslastung nach seiner Lesart nur bei 45 Prozent – einem Wert, bei dem unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen „kostendeckendes oder gar gewinnerwirtschaftendes Arbeiten nicht möglich“ sei. 2500 neue Hotelbetten in den Jahren 2023/24 blieben unberücksichtigt, obwohl sie „für das fatale Wettbewerbsumfeld und die wirtschaftliche Lage der einzelnen Unternehmen“ maßgeblich seien, kritisiert die Dehoga. Ihr zufolge liege die Anzahl der Übernachtungen in Karlsruhe im vergangenen Jahr trotz eines Überangebots in Wahrheit unter dem Niveau von 2019.

„Umso mehr erschreckt uns, dass zusätzlich zu den ohnehin mehr als besorgniserregenden Zahlen nun seitens der Stadt über die Einführung einer Bettensteuer nachgedacht wird, die die ohnehin am Boden liegende Branche – wohlgemerkt als einzige Branche - noch zusätzlich mit 5 Prozent belasten soll“, heißt es weiter. Dadurch entstünde zudem ein weiterer massiver Wettbewerbsnachteil zu Karlsruher Nachbargemeinden wie Ettlingen, Bruchsal und Rheinstetten, die eine solche Branchensteuer nicht erheben.

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