Karlsruhe Uli M.: Ex-Junkie plädiert für die Legalisierung von Cannabis

Der Drogenkonsumraum in Karlsruhe.
Der Drogenkonsumraum in Karlsruhe.

Auch nach 30 Jahren Heroin-Abhängigkeit: plädiert Uli M. für die Legalisierung von Cannabis – aus sehr pragmatischen Gründen.

Uli M. ist so mit 18, 19 Jahren in die Szene reingerutscht. Er sei, so sagt er im Rückblick, „grenzenlos neugierig gewesen“. Die Kumpels haben gekifft. Er selbst nahm nahezu alles, was es an Drogen gibt. Ecstasy, Amphetamine, Kokain, auch Crystal Meth hat er ausprobiert – und vor allem anderen: Heroin. Mehr als 30 Jahre lang war er davon abhängig. „Man nimmt irgendwas, damit es einem gut geht“. Ein „anständiger Süchtiger“, wie Uli M. es ausdrückt, sucht immer auch den „Beikonsum“. Doch jetzt spricht der knapp 50-Jährige vom Ende einer langen Drogensucht. Und plädiert als „Ex-Junkie“ für die Legalisierung von Cannabis. Der Karlsruher glaubt, mit der Regulierung der Hanfpflanze und der Zugänglichkeit „in bestimmten Fachgeschäften“ werde mehr Aufklärung, Prävention, Jugendschutz möglich. Die Ware „sei ohnedies auf dem Markt“ und werde konsumiert.

Freunde sterben an Überdosis

Uli M. sagt, er sei jetzt „clean“ und strahlt viel Optimismus aus. Seit ein paar Monaten lebt er in einer Wohngruppe im Haus Bodelschwingh in Karlsruhe. In der Einrichtung der Diakonie arbeitet er in der Küche, beim Bautrupp, in der Wohnungslosenhilfe. Derzeit bemüht er sich um ein Stipendium zur Ausbildung als Genesungsbegleiter. Als in noch jungen Jahren ein Kumpel in seinen Armen an einer Überdosis verstarb, fühlte er sich hilflos. Seine Mitmenschen sind ihm alles andere als egal. Von seiner einstigen Clique sind vier von fünf tot. Der erste starb schon mit 18. Und auch vor ein paar Tagen erst, sei ein langjähriger Freund verstorben, auch an einer Überdosis. „Es scheint nicht zu enden! Ich habe nicht wirklich zur Szene Kontakt, aber die Todesnachrichten erreichen mich doch irgendwie“, sagt Uli M. mit Ausdruck von Trauer.

Das ändert jedoch nichts an seiner Einstellung zu Cannabis. Uli M. hatte selbst die erste Berührung mit 16. Cannabis war für ihn aber eher gelegentlicher Konsum. „Ich habe nie wirklich viel gekifft“, sagt er. Und sei nie abhängig gewesen davon. Es habe „nie ein Verlangen gegeben, wie es bei einer Sucht auftritt“. Es seien ganz andere Probleme, die damit einhergingen. Solange die Droge stigmatisiert sei, werde man automatisch Außenseiter. Mit der Legalisierung gehe „man vielleicht lockerer damit um und holt sich auch eher Hilfe. Die Suchthilfe kann den Konsumenten besser erreichen“, ist er überzeugt.

Stigmatisierung, Scham- und Schuldgefühle, trieben ihn auch in seiner „Heroin-Karriere“ um. Zuletzt, noch vor dem Jahreswechsel, war er zunehmend unzufrieden. Uli M. arbeitete nach der Schule zunächst im Betrieb seines Vaters. Gelernt hat er den Beruf des Industriemechanikers. Vor etwa 20 Jahren zog er nach Karlsruhe. Längere Zeit arbeitete er als Werkzeugmacher in Gaggenau. In Karlsruhe kam er in das neuartige Heroinprogramm, konnte sich bei der AWO-Heroin-Ambulanz zwei Mal täglich seine Spritze „abholen“ – abgerechnet als „Kassenleistung“. Später wurde er Kunde im Modellversuch „Drogenkonsumraum“. Zeitweilig bekam er Methadon. „Man kann als Heroinabhängiger funktionieren in der Gesellschaft, es ist aber oft so, als wenn man ein Doppelleben führen würde“, resümiert er. „Junkie sein ist eigentlich ein Vollzeitjob“. Als vermutlichen Hintergrund seiner Sucht nennt er Gewalterfahrungen in Kindheit und Jugend, die posttraumatische Belastungsstörungen auslösten.

Karlsruher Heroinprogramm

Uli M. hat rund 30 Entzüge hinter sich und sagt heute: „Das Verlangen ist seit mehreren Monaten weg.“ Im Haus Bodelschwingh gibt es zudem Abstinenzgebot, man darf nichts trinken, keine illegalen Drogen einnehmen. Das Karlsruher Heroinprogramm hält er an sich „für eine gute Sache, da es für viele eine Überlebenshilfe ist und die Patienten von dort in der Regel nicht auf der Szene zu sehen sind“. Jugendliche, so rät er, sollten generell von Cannabis ferngehalten werden. Der Haschkonsum berge die Gefahr von Psychosen. Dort, wo der Konsum reguliert werde, gehe aber auch meist die Zahl der Nutzer zurück. Uli M. hält die Legalisierung für die bessere Lösung. Gekifft werde trotzdem – trotz all der repressiven Maßnahmen. Für den Vater zweier Söhne ist nicht der Haschkonsum die „typische Einstiegsdroge“. Das seien Alkohol und Zigaretten.

Info

Uli M. arbeitet in der Radiogruppe „Radio Loca“ von Haus Bodelschwingh mit und hat Interviews zum Thema Legalisierung von Cannabis geführt. Eine Sendung dazu läuft am 21. und 23. Juli beim Sender „Querfunk“ und wird es auch als Podcast geben.

Uli M. am Herd.
Uli M. am Herd.
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