Kreis Germersheim Anhaltende Demos in Kandel: Dialog soll Risse kitten

Es gibt einen gemeinsamen Nenner.
Es gibt einen gemeinsamen Nenner.

Die CDU hat vor dem Hintergrund der anhaltenden Demonstrationen zu einem Vortrag eingeladen. Staatssekretär Günter Krings vom Bundesinnenministerium sprach am Dienstag über „Extremismus“. In der Diskussion wurde auch ein Weg gesucht, die Risse in der Stadt zu kitten.

„Rassistische und völkische Hasstiraden“ habe er selbst von der Rednerbühne des „Frauenbündnis Kandel“ gehört, beispielsweise sei die Rede vom „Aussterben der weißen Rasse“ gewesen. Dies sei „unerträglich“ und „widerwärtig“. Für seine Begrüßung erntete der Kandeler CDU-Vorsitzende Michael Niedermeier demonstrativen Beifall von Vertretern von „Kandel gegen Rechts“, einem Bündnis, dem auch Antifa-Gruppen angehören. Über die „andere Seite“, also die linke, sagte Niedermeier, dass auch dort „radikale Sprüche gekloppt“ und Polizisten beschimpft werden.

Wo die Trennlinie verläuft

Der Beifall war wechselseitig: Als ein Mitglied von „Kandel gegen Rechts“ den am Dienstagabend ebenfalls vertretenen Frauenbündnis-Demonstranten entgegenhielt, welche rechtsextremen Organisationen in Kandel schon auf der Straße zu sehen waren, hatte er ebenfalls (fast) den ganzen Saal auf seiner Seite. Und er hatte die volle Aufmerksamkeit von Staatssekretär Günter Krings, der sich zuvor für den Verfassungsschutz stark gemacht hatte: Das klinge ja wie das „Who is who“ der rechtsextremen Szene aus dem Verfassungsschutzbericht. „Da fehlen gar nicht mehr so viele. Das ist schon eine bemerkenswerte Zusammenballung“, meinte Krings. Und er fand auch bemerkenswert, dass im März 2018 AfD-Abgeordnete in unmittelbarer Nähe von gewalttätigen Hooligans durch Kandel marschiert sind. In seinem Vortrag, der sich mit rechtem, linkem und religiösem Extremismus beschäftigte, versuchte Krings immer wieder, Brücken zu bauen. „Natürlich sind wir auch alle in gewissem Sinne Anti-Faschisten, weil wir alle gegen Rassisten sind“, sagte er. Das müsse man auch „irgendwie gemeinsam“ deutlich machen. Eine Grenze zog Krings dort, wo Antifa-Gruppen auch gegen den Staat kämpfen, weil er deren Meinung nach Rassisten Vorschub leiste. An Demonstrationen gegen den Tagebau im Hambacher Forst habe er sich vor Jahren selbst beteiligt. Dort wurde jüngst auf Polizisten mit Zwillen geschossen und von Bäumen uriniert. „Wir haben mit Fackeln protestiert und nicht mit Fäkalien“, versuchte Krings anhand persönlicher Erfahrungen zu zeigen, wo für ihn die Trennlinie verläuft. Der Protest mit Fackeln sei damals durchaus erfolgreich gewesen, fügte er an: Die Abbaufläche wurde um ein Drittel reduziert.

Im Gespräch bleiben

In der Folge konzentrierte sich die Diskussion auf die Frage, wie die Trennung überwunden werden kann zwischen denen, die glauben, Gegendemonstrationen müssen sein („Kandel gegen Rechts“), und denen, die sie wie die CDU für den falschen Weg halten. Entlang dieser Linie gebe es „schon Risse in unserer Stadt“, stellte Niedermeier fest. Er wünsche sich, dass man die Meinung des anderen akzeptiert und im Gespräch bleibt: Man dürfe nicht sagen, „du bist kein guter Kandeler, weil du auf die Straße gehst oder nicht“. „Demokraten gemeinsam, sämtliche Animositäten müssen weichen“, lautete dementsprechend eine Forderung, oder: „Ich wünsche mir Respekt, wenn ich sage, ich wünsche mir eine Möglichkeit ohne Demonstrationen.“ Eine Sprecherin von „Kandel gegen Rechts“ stellt klar, wo das Bündnis steht: Auf dem Boden des Grundgesetzes und damit in der Mitte. Krings sagte, die Demokratie müsse von der Mitte her gestärkt werden. Er schlug vor, in Bündnissen „lieber mal auf eine Gruppe zu verzichten“, wenn sie von der anderen Seite als problematisch angesehen wird. In der Folge sprach Niedermeier von einem „Dialog der Mitte“, der gesucht werden solle, und sagte mit Blick auf vergangene Auseinandersetzungen: „Wir müssen differenzieren. Das ist in den letzten Monaten etwas untergegangen, muss ich zugeben.“ Neben einer Antifa-Fahne werde er aber auch in Zukunft nicht laufen, fügte er hinzu.

x