Wörth Daimler: In drei Jahren nur noch elektrisch zum LKW-Werk fahren

Ladesäulen direkt an den Anlieferpunkten im Werk verkürzen die Ladezeiten.
Ladesäulen direkt an den Anlieferpunkten im Werk verkürzen die Ladezeiten.

Die ersten Spediteure, die das Wörther Werk beliefern, rüsten um. Ihr Hauptproblem: Wo kommt der Strom her? Die Unternehmer sind Realisten und setzen auf eigene Kraft.

Das Daimler Lastwagenwerk soll in drei Jahren nur mit E-Lastwagen beliefert werden. Ein Stufenplan sieht folgende Entwicklung vor: ab Anfang 2024 mehr als 50 Anfahrten täglich, Ende 2024 80 Anfahrten und ab Ende 2026 alle 400 bis 450 Anfahrten.

Die Spedition von Volker Nuss ist eng mit dem Daimler Lastwagenwerk verbunden. Sein Unternehmen ist nur einen Steinwurf vom Logistikzentrum entfernt, das Daimler neben seiner Teststrecke bauen will. „Wir versorgen das Werk mit Zulieferteilen“, sagt Nuss. Dafür pendeln zwei seiner Lkws im Zwei-Schicht-Betrieb vom Oberwald zum Werk – künftig elektrisch. Die Strecke ist nur wenige Kilometer lang. „Das heißt, die Reichweite der Batterien reicht für uns“, sagt er lachend.

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Daimler-Spediteure: Aufbruch und Skepsis

„Die Fahrzeuge sind super“

„Die Fahrzeuge sind super“, wird Nuss schnell wieder ernst: „Die Netzwerk-Betriebe sind jetzt am meisten gefordert“, sagt er mit Blick auf die Ladeinfrastruktur. Ein weiteres Problem: „Die Planbarkeit. Die Mautbefreiung für E-Lkws gilt nur zwei Jahre.“ Was dann kommt, ist offen. Dabei koste ein E-Laster derzeit das 2,5-fache eines Dieselfahrzeugs. „Die Politik spielt da eine große Rolle“, sagt Nuss.

Der erste Lkw von links geht an die Spedition Troha in Hagenbach. Aus der Südpfalz waren auch die Speditionen Nuss (Wörth), Eich
Der erste Lkw von links geht an die Spedition Troha in Hagenbach. Aus der Südpfalz waren auch die Speditionen Nuss (Wörth), Eichenlaub (Herxheim) und Hotz (Hördt) dabei.

„Es kann mit dem Diesel so nicht mehr weitergehen wegen der Umweltverschmutzung“, ist Toni Hotz überzeugt. Der Diesel sei zwar die letzten 40 Jahre immer sauberer geworden, aber eine Belastung bleibe. Die Spedition Hotz in Hördt hat rund 50 Lastwagen, darunter zwei Gigaliner. Er holt für die Lastwagenproduktion Kunststoffteile aus dem Lager eines Zulieferers in Bruchsal. Der Low-Liner, den er dafür künftig einsetzt, hat zwar nur eine Reichweite von 220 Kilometer. Bauartbedingt kann die in Standartfahrzeugen übliche Batterie für eine Reichweite von 600 Kilometern nicht untergebracht werden.

„Können nicht im fossilen Bereich bleiben“

„Wir können es uns nicht mehr erlauben, im fossilen Bereich zu bleiben“, sagt Karlhubert Dischinger. Der Logistik-Dienstleister „karl dischinger“ ist im Raum Freiburg zuhause und hat 170, 180 Fahrzeuge im Fuhrpark. Er sei froh, dass sein Unternehmen bei den ersten sei, die E-Lkw einsetzen, sagt Dischinger: „Wir hatten schon vor 25 Jahren den ersten Großhybrid-Lkw eingesetzt.“ Der 15-Tonner konnte gerade 2,8 Tonnen Nutzlast transportieren, die Batterie wog 4 Tonnen.

Das zweite Fahrzeug von rechts geht an die Spedition Toni Hotz in Hördt. Aus der Südpfalz waren auch die Speditionen Nuss (Wörth
Das zweite Fahrzeug von rechts geht an die Spedition Toni Hotz in Hördt. Aus der Südpfalz waren auch die Speditionen Nuss (Wörth), Eichenlaub (Herxheim) und Troha (Hagenbach) dabei.

„Heute gibt es gegenüber dem Diesel kaum noch einen Unterschied“, sagt Dischinger. „Die Lkw gibt es und sie werden immer besser“, stellt er fest. Was ihm noch nicht reicht, ist die Reichweite. Derzeit liegt sie beim e-Actros 300/400 je nach Modell bei 220 bis 400 Kilometern unter Normbedingungen. Vor allem aber fehlt noch die Lade-Infrastruktur, moniert Dischinger: „Ich bin zwar Optimist, da aber skeptisch.“

„Haben Ladeinfrastruktur aufgebaut“

„Wir haben eine Ladeinfrastruktur in Ulm aufgebaut“, sagt Axel Frey, Geschäftsführer der Seifert Logistics Group. In Ulm ist der Hauptsitz des Unternehmens (4000 Mitarbeiter), das Daimler aus einem Lager in Malsch beliefert. Auf den Aufbau eines öffentlichen Netzes will er offenbar nicht warten.

„Müssen auch beim Kunden laden können“

„Wir müssen vor der Halle bei uns und bei den Kunden laden können“, sagt Frey. Neben der Verfügbarkeit spreche auch der Preis dafür: „Unser eigener Strom kostet 8 bis 12 Cent die Kilowattstunde, auf dem Werksgelände zahlen wir 20 Cent und an öffentlichen Ladesäulen 50 bis 70 Cent.“

Die ersten 12 e-Actros stehen im Kundencenter für die Spediteure bereit.
Die ersten 12 e-Actros stehen im Kundencenter für die Spediteure bereit.

Daimler geht diesen Weg bereits und baut eine Ladeinfrastruktur im Werk Wörth auf; dazu gehören auch Photovoltaik-Module. Nach der Einweihung einer Pilot-Ladesäule im Sommer werden bis Jahresende fünf Ladesäulen in verschiedenen Anlieferbereichen innerhalb des Werkes sowie zwei Ladesäulen auf dem Lkw-Parkplatz vor dem Werkstor errichtet.

30 Ladesäulen im Werk geplant

Insgesamt werden zunächst rund 30 Ladesäulen, darunter auch Megawatt Charging-Stationen für Hochleistungsladen der Batterie, an Schlüsselstellen für den Anlieferverkehr in unmittelbarer Nähe zur Produktion im Werk aufgestellt.

Die in der Produktion verbauten Teile werden just-in-time an das Montageband angeliefert. Die Zeit, in der die Fracht des E-Lkw entladen wird, soll künftig genutzt werden, um die Batterie des Fahrzeugs wieder aufzuladen. Somit muss das Fahrzeug idealerweise keine weitere Standzeit einplanen und kann nach der Teileanlieferung seine Route direkt wiederaufnehmen. Zudem wird derzeit die Möglichkeit geprüft, die Lieferströme im Transportnetzwerk in einem neuen Logistikcenter zwischen Teststrecke und Werk neu zu bündeln und damit zu optimieren.

Bei den Fahrzeugpreisen rechnet Spediteur Frey im übrigen mit einem deutlichen Rückgang: „Die Lastwagen, die Anfang 2025 rauskommen, kosten noch 60 bis 65 Prozent von den heutigen Preisen.“

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