Wörth Daimler: Schulpatenschaft als Win-win-Situation

Endmontage: Die Schüler schrauben unter fachmännischer Anleitung ihre Mini-Laster zusammen.
Endmontage: Die Schüler schrauben unter fachmännischer Anleitung ihre Mini-Laster zusammen.

Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist angespannt. Viele Betriebe klagen darüber, dass sie nicht alle Ausbildungsstellen besetzen können. Bei Daimler Truck geht man neue Wege. Schulpatenschaften sollen helfen, junge Menschen für eine Ausbildung im Werk zu begeistern. Auch die Schulen profitieren davon.

Exakt in den vorgegeben Grenzen bildet sich gut erkennbar die Schweißnaht. Die blauen Pfeile, die den Schweißvorgang begleiten, werden plötzlich rot. Enrico muss ein wenig Gas geben, dann ist die Schweißnaht auch schon fertig. Sofort erscheint auf dem großen Monitor die Auswertung nach verschiedenen Kriterien. 94 Prozent lautet sein Gesamtergebnis. Das ist schon sehr gut. Sein Talent unter Beweis gestellt hat der Neuntklässler der IGS Rülzheim am digitalen Schweißgerät in der Ausbildungswerkstatt von Daimler Truck in Wörth. Hier lässt sich das Schweißen exakt simulieren. Normalerweise werden an dieser Anlage Nachwuchsschweißer ausgebildet. Aber nicht nur das. Alle zwei Jahre müssen die erfahrenen Schweißer hier eine Wiederholungsprüfung ablegen. „Es hat Spaß gemacht. Ich habe ein paar Versuche gebraucht, mittlerweile klappt es gut“, sagt Enrico. Überhaupt mache ihm das Praktikum bei Daimler Truck viel Spaß.

Sechs Schüler der Integrierten Gesamtschule aus Rülzheim machen in dieser Woche ein Praktikum bei Daimler Truck, denn ihre Schule ist Kooperationspartner des weltgrößten Lkw-Herstellers. „Wir haben 17 Partnerschulen, 14 in der Südpfalz und drei im Badischen“, sagt Daniel Brunner, Leiter Aus- und Weiterbildung bei Daimler: „Natürlich schauen wir bei der Suche nach Auszubildenden zunächst in die Region.“

Während der Corona-Pandemie reifte die Idee, eine Schülerwerkstatt innerhalb der Ausbildungswerkstatt einzurichten. „Ziel war es, die berufliche Welt im Kleinen erfahrbar zu machen. Welche Berufe gibt es überhaupt? Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen?“, erläutert Brunner. Die Entscheidung, welche Ausbildung man machen wolle, falle vielen Schülern schwer. Allein Daimler bietet, inklusive der Dualen Studiengänge, 17 Ausbildungsberufe an.

Mit dem Truck in die Schule

Für jede der 17 Partnerschulen gibt es bei Daimler einen eigenen Beauftragten. Für die IGS Rülzheim ist Sven Gemar zuständig. Nachdem er einige Jahre in Führungspositionen in anderen Bereichen des Unternehmens tätig war, ist er vor zweieinhalb Jahren in die Ausbildungsabteilung zurückgekehrt. Zunächst hat er bei Berufsinformationsveranstaltungen in Schulen geworben, hat Kontakte geknüpft. „Wir sind damals mit einem Lkw nach Rülzheim gefahren und haben den Schülern gezeigt, was wir produzieren, was in so einem Truck alles drin steckt“, sagt Gemar. Das Interesse bei den Kindern und Jugendlichen war groß. Warum sollten die Schüler nicht während eines Praktikums einen Lkw produzieren? Natürlich in Miniaturformat. Seit zwei Jahren gibt es jetzt die Kooperation zwischen Schule und Konzern.

„Es ist eine Win-win-Situation“, sagt Stefan Schank, Schulleiter der IGS Rülzheim, „denn natürlich will Daimler auch unsere Schüler für eine Ausbildung begeistern.“ Das Konzept der Integrierten Gesamtschule sieht ganz unterschiedliche Abschlüsse vor, von der Berufsreife, über die Mittlere Reife, Fachhochschulreife bis hin zum Abitur. Entsprechend vielfältig seien auch die Berufsorientierungsangebote an der Schule. Berufspraktika sind für alle Schüler Pflicht. „Wir sind natürlich froh über dieses Angebot von Daimler. Das Interesse bei den Schülern ist groß“, bestätigt Schank.

Jeder Schüler nimmt einen Laster mit nach Hause

100 Auszubildende stellt Daimler Truck in Wörth jedes Jahr ein. „Im Oktober feiern wir ein Jubiläum, dann bilden wir seit 60 Jahren hier am Standort aus. Damals haben wir mit 20 Azubis angefangen“, erzählt Brunner.

Derweil schrauben an einem großen Werktisch vier Schüler ihre Miniatur-Trucks zusammen. Angeleitet werden sie von einem Ausbilder – und einem Azubi. Auch beim digitalen Schweißgerät werden sie von zwei Auszubildenden betreut. „Unsere Überlegung ist, dass zwischen unseren Azubis und den Schülern der Altersunterschied nicht groß ist, da findet eine ganz andere Kommunikation statt, als mit uns Älteren“, erläutert Brunner. Die Bauteile für die Mini-Laster haben die Schüler in den Tagen zuvor angefertigt. Teilweise sind sie auch vorgefertigt. „Es geht darum, dass die Schüler alle Arbeitsschritte kennenlernen.“ Vom Fertigen der Metallteile über das Feilen oder Lackieren bis hin zur Herstellung von Plastikteilen mit dem 3D-Drucker. Und es versteht sich fast von selbst, dass die Mini-Trucks im Zeitalter der E-Mobilität mit Batterien angetrieben werden.

Schweißen lernen am digitalen Simulationsgerät.
Schweißen lernen am digitalen Simulationsgerät.
Das fertige Produkt: Jeder Praktikant darf seinen selbst gefertigten Truck mit nach Hause nehmen.
Das fertige Produkt: Jeder Praktikant darf seinen selbst gefertigten Truck mit nach Hause nehmen.
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