Kreis Germersheim Hinter der Kirche zelten Ritter

Zünftiges Handwerk beim historischen Dorffest.
Zünftiges Handwerk beim historischen Dorffest.

Der Wettergott hat es mal wieder gut gemeint mit dem Historischen Dorffest in Steinweiler, vielleicht sogar ein bisschen zu gut: Sonne pur und jede Menge hungrige und vor allem durstige Gäste. Am späten Samstagnachmittag füllt sich die Straße allerdings nur mäßig. Den meisten ist es wahrscheinlich einfach noch zu heiß.

Auch in der „Kinderscheune“ hatte sich Christian Kraus, der Jugendleiter vom FSV Steinweiler, bis jetzt ein wenig mehr Ansturm erhofft. Kickertisch, Torwandschießen und eine riesige Hüpfburg warten auf jede Menge Kinder und Jugendliche, die sich im besten Fall auch noch für die Fußballjugend des FSV begeistern lassen. Die kleine Ida freut sich schon seit Wochen auf das Spielparadies in ihrem Hof. „Ich bin ganz oft auf der Hüpfburg“, sagt die Vierjährige stolz und ihr Vater, Markus Bohlender, der seinen Hof für das Spielparadies zur Verfügung gestellt hat, ergänzt: „Ja, sie hat schon die Tage gezählt.“ Voller Vorfreude war auch Marcel (13). Er hilft in „Scherffs Festhof“ seines Opas und gönnt sich gerade zusammen mit den Schwestern Laura und Anna Schindler eine Pause auf den Treppen der Evangelischen Kirche. Was den drei aus Steinweiler besonders gefällt? „Das Essen“, rufen sie wie aus einem Mund. Und Essen gibt es auf dem Weinfest soweit das Auge reicht. Kleine Straßenstände locken mit Crêpes oder Dampfnudeln, viele Höfe bieten Gaumenfreuden von der Bratwurst bis zu Spezialitäten aus dem Burgund. Da hat der Besucher dann schon mal die Qual der Wahl. Auch Familie Schäfer aus Steinweiler hat sich noch nicht für einen Hof entschieden. Ihr Sohn Ben (5) kann es kaum erwarten – aber weil er nach dem Essen seinen Roboter aufbauen darf. Den hat er zuvor beim Entenangeln gewonnen. Jetzt dreht er mit seinem kleinen Bruder Pepe eine Runde auf dem Karussell. Das Fahrgeschäft aus dem Jahr 1928 ist vom historischen Dorffest Steinweiler nicht mehr wegzudenken. „Bis auf das erste Jahr sind wir schon immer dabei“, sagt Schaustellerin Lieselotte Hertel aus Freckenfeld. Noch historischer geht es hinter der Evangelischen Kirche zu. Sobald man das kleine schmiedeeiserne Tor bei der Kirsche passiert, öffnet sich dem Besucher eine neue Welt, genauer gesagt eine mittelalterliche Welt. Große und kleine Zelte wurden um die Feuerstelle mit großen Kochkesseln aufgebaut. Im Zeltlager leben sympathische Ritter und Damen in mittelalterlichen Gewändern. Die Interessengemeinschaft aus Mittelalterbegeisterten, deren poetischer Name „Ritter des Drachenbanner“ jedoch wesentlich authentischer klingt, hat auf dem Dorffest für vier Tage ihr Lager aufgeschlagen. „Wir wollen so nah an die Zeit um 1230 kommen, wie uns das möglich ist und den Leuten dieses Leben zeigen“, sagt Ritter Hagen von den Jockgrimer Rheinauen, der mit bürgerlichem Namen Frank Huck heißt und aus Jockgrim stammt. So nah wie möglich bedeutet auch, völlig auf moderne Gegenstände zu verzichten. So ist die Badestelle nur mit einem roten Tuch abgebunden und die Betten sind mit Fellen und teilweise handgenähten Decken ausgestattet. Das Essen wird über offenem Feuer zubereitet. „Da braucht man dann schon mal drei Leute für: zwei, die kochen und einer, der sich um das Feuer kümmert“, so Nicolas Röhrig alias Nicolas von Zabern. Besonderes Highlight ist das Axtwerfen. Gerade versuchen sich Julia Müller aus Wörth und ihr Freund daran. Ihr Resümee: Gar nicht so leicht wie es aussieht, aber eine tolle, neue Erfahrung. Für jeden Treffer gibt es eine kleine Belohnung, in diesem Fall ein kleines Glas Rotwein. Wer es doch etwas moderner mag, der ist in der „Zimmermannsschänke“ der Feuerwehr und Landjugend gut aufgehoben. Bands wie „Alive“ oder „Isanity“ animieren über die vier Abende zum Party machen. Wer durstig wird vom vielen Tanzen, kann sich an den zahlreichen Wein-, Bar- oder Cocktailständen mit Erfrischungen versorgen. Alles in lockerer Atmosphäre. Denn in einem sind sich Betreiber und Besucher einig: Es ist die Gemütlichkeit, die dieses Weinfest so beliebt macht, weshalb gegen Abend auch der Ansturm nicht mehr länger auf sich warten lässt.

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