Germersheim Interkulturelles Wirken war immer Herzenssache

Das Vereinsheim Interkultur mit seinem vielseitigen Programm ist ein Hotspot des Festungsfestes.
Das Vereinsheim Interkultur mit seinem vielseitigen Programm ist ein Hotspot des Festungsfestes.

Das Scheitern der Ausländerbeiratswahlen im Jahr 2000 führte zur Gründung von Interkultur. Der Verein hat Germersheim geprägt. Nun ziehen sich zwei Gründungsmitglieder zurück.

Klaus Jung und Bernd Meincke sind Mitglieder des Vereins Interkultur von der ersten Stunde an. Meincke war viele Jahre Kassenwart, Klaus Jung einige Jahre Vorsitzender. Beide ziehen sich nun aus der aktiven Arbeit zurück.

Beim Festungsfest in Germersheim, das seit dem Jahr 2001 im zweijährigen Rhythmus stattfindet – nur Corona hatte dies 2021 verhindert – ist der Verein Interkultur eine feste Bank. Im Lamotte Park, rund um das Vereinsheim von Interkultur, finden seit dem ersten Fest viele Künstler eine Bühne. „Angefangen haben wir mit Christian ’Chako’ Habekost“, sagt Klaus Jung und zieht den ersten Programmflyer hervor. Es sei viel improvisiert worden. Weil es ein Kabarett war, sollten die Leute nicht herumstehen, deshalb „haben wir die Stühle aus der Berufsschulaula rübergetragen“, erinnert sich Jung. !00 Leute oder mehr seien jedes Mal im Einsatz. Wobei der Verein selbst gerade einmal etwa 60 Mitglieder zählt. Das ist eine der Stärken des Vereins für Klaus Jung. Denn viele Menschen im Dunstkreis von Interkultur seien immer bereit zu helfen. Hilfe kam Jung zufolge auch von Interkultur aus Wörth. Zu den Machern dort bestehe immer noch Kontakt.

Mitglieder weltweit

Entstanden ist der Verein aus der Not heraus, da die Ausländerbeiratswahl des Jahres 2000 nicht zustande gekommen war. 31 Menschen hatten sich zur Gründungsversammlung zusammengefunden. Darunter waren Kommunalpolitiker jeglicher Couleur wie Ansgar Mohr (CDU), Veronica Abrego (Grüne), die auch viele Jahre Vorsitzende und das Gesicht des Vereins war, Micha Mohr (SPD), und Elfriede Galama („Friedel“) Grützmacher (Grüne), die Vizepräsidentin des rheinland-pfälzischen Landtags war und nun in Berlin wohnt. Jung zeigt die Unterschriften im Versammlungsbuch von damals. Im Unterschied zu vielen Organisationen habe man versucht die Kulturen zusammenzuführen, für sie und mit ihnen zu arbeiten, „nicht weil wir es mussten, sondern weil es uns eine Herzensangelegenheit ist“, sagt Jung. Der Verein habe heute noch Mitglieder, die in Italien oder Mexiko leben und jährlich ihren Mitgliedsbeitrag überweisen. Entstanden seien unter anderem Deutschkurse, Germersheim liest vor oder das Café One World. „Vorgelesen wurde immer auf türkisch und russisch und anschließend auf deutsch, das war uns wichtig“, sagt Jung. „Viele Kulturen, aber eine gemeinsame Sprache.“ Das geschah in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund.

Klaus Jung vor dem Vereinsheim von Interkultur im Stadtpark Fronte Lamotte.
Klaus Jung vor dem Vereinsheim von Interkultur im Stadtpark Fronte Lamotte.

Dann kam die große Flüchtlingswelle 2015/2016. Die Gesellschaft ist seitdem gespalten. Zusammen mit den Studenten von Crossboarders wurde versucht, den Flüchtlingen Orientierung zu geben. Das Vereinsheim von Interkultur wurde das Zentrum der Arbeit. „Und dann kam die Abrechnung der Stadtwerke“ , das Vereinsheim trug sich nicht mehr. Es gab Geld für die Integrationsarbeit von Crossboarders, aber der Verein hatte die Kosten zu tragen. Eine schwierige Zeit, bei der Klaus Jung dann als Vorsitzender kandidierte, Bernd Meincke Schatzmeister war. Die Finanzen mussten auf Vordermann gebracht werden, für die Benutzung des Vereinsheims muss nun gezahlt werden. „Dann kam Corona, und alles brach zusammen“, sagt Jung. Das Café One World wurde geschlossen. Ein Neuanfang sei immer schwer.

Lust auf Gemeinsamkeit

Die Deutschkurse werden inzwischen von Profes übernommen, ein Teil der Kursarbeit findet allerdings im Haus Interkultur statt. Die Verlegung der Stolpersteine in der Stadt ist ebenfalls auf die Arbeit von Interkultur und auf Initiative Klaus Jung mit Ansgar Mohr zurückzuführen.

Bernd Meincke hat das Jubiläumskonzert zu 50 Jahre 2. British Rock Meeting auf der Insel Grün federführend organisiert. Jung bekräftigt, dass alles was Interkultur in den vergangenen 23 Jahren getan hat, nicht aus Pflichtbewusstsein geschah, sondern „durch einen Blick von Innen heraus, aus Lust, gemeinsam etwas zu tun, zu bewegen“.

Die Aufgabe der Koordination lastet nun nicht mehr auf den beiden Schultern eines Vorsitzenden oder einer Vorsitzenden. Denn seit Anfang November hat der Verein einen Teamvorstand, der aus sechs Mitgliedern besteht – drei Frauen und drei Männern: Irina Rudolf, Sonja Häußler, Yvonne Van de Zande, Matthias Becky, Wolfgang Blender und Anthony Tranter-Krstev leiten nun die Geschicke des Vereins und sind Ansprechpartner.

Klaus Jung (links) bei der Verlegung der Stolpersteine, die er mit Ansgar Mohr (rechts) mitinitiiert hat.
Klaus Jung (links) bei der Verlegung der Stolpersteine, die er mit Ansgar Mohr (rechts) mitinitiiert hat.
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