Neupotz/Rheinzabern Keine Hallen für die AfD: Nutzungsordnung auf dem Prüfstand

Die Stadt Annweiler konnte den Auftritt des AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla iim Hohenstaufensaal nicht verhindern.
Die Stadt Annweiler konnte den Auftritt des AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla iim Hohenstaufensaal nicht verhindern.

Können Gemeinden verhindern, dass vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppen und Parteien ihre Hallen und Bürgerhäuser nutzen? Die Frage beschäftigt nach dem AfD-Streit in Annweiler die Jockgrimer Verwaltung. Juristisch ist die Sache eindeutig, es bleibt aber eine Hintertür.

Parteien, Gruppen und Einzelpersonen sollen Räume der Gemeinde nicht nutzen können, wenn sie „ein demokratiefeindliches Verhalten“ zeigen oder in „Teilen unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen“ oder von diesem als rechts- oder linksradikal eingestuft sind. Diesen Antrag hatte die SPD-Fraktion Rheinzabern im März im Gemeinderat eingebracht. Aktueller Hintergrund waren die Querelen zwischen der AfD und der Stadt Annweiler, die den Hohenstaufensaal nicht für eine Veranstaltung mit dem Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla vermieten wollte. Das Oberverwaltungsgericht hat letztlich entschieden, dass die Stadt den Auftritt zulassen muss. Staatliche Stellen seien zur politischen Neutralität verpflichtet. Solange eine Partei nicht durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werde, dürfe sie zwar politisch bekämpft, bei der Vergabe kommunaler Räume aber nicht benachteiligt werden, so das OVG.

Die SPD-Fraktion Rheinzabern hat den Anfang gemacht, die Genossen in Neupotz ziehen nach: Auch hier hat der Rat jetzt über einen SPD-Antrag mit sehr ähnlichem Wortlaut diskutiert – und diesen „wohlwollend“ zur Kenntnis genommen. Man möchte künftig bei Nutzungsverboten auf der sicheren Seite stehen, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Nuber. Die Erfahrungen der Stadt Annweiler hätten gezeigt, dass die Gemeinde rechtzeitig handeln müsse. Sie müsse Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die „unsere freiheitliche Demokratie und Grundordnung stören, beschädigen oder abschaffen wollen“. Mehrere Ratsmitglieder zeigten Verständnis für das Anliegen, man müsse aber rechtlich abgesicherte Schritte gehen. Und alle Orte der Verbandsgemeinde sollten einheitlich verfahren, war zu hören. Die Verwaltung soll prüfen, ob die Nutzungsordnung der Räume, Hallen und Festplätze entsprechend geändert werden kann. Auch der Rat Rheinzabern hatte einstimmig so entschieden.

Alternative: Verbot für alle Parteien

Aufgabe der Verwaltung sei die juristische Einordnung, so Verbandsbürgermeister Karl Dieter Wünstel (CDU) auf RHEINPFALZ-Nachfrage. Also zu prüfen, ob ein Nutzungsverbot rechtlich standhält. Das ist bereits geschehen: „Der an die Verwaltung gerichtete Prüfantrag kommt aufgrund der nicht anfechtbaren OVG-Entscheidung und deren Begründung zu keinem anderen Ergebnis.“ Die Gerichtsentscheidung binde die Kommunen in Rheinland-Pfalz, soweit in den Benutzungsordnungen für die öffentlichen Einrichtungen eine Vermietung an Parteien und politische Organisationen grundsätzlich vorgesehen ist. „Sowohl in der Gemeinde Rheinzabern als auch in der Gemeinde Neupotz ist das der Fall“, so Wünstel.

Eine differenzierende Handhabung würde im Sinne der OVG-Entscheidung gegen das Parteienprivileg und den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz (Artikel 3 und 21) verstoßen. Allerdings könne die Gemeinde ihre kommunale Selbstverwaltungshoheit ausüben und in der Nutzungsordnung regeln, Parteien und politische Gruppen generell auszuschließen. Darüber werde die Verwaltung die Räte informieren. Am Ende müssten die Ortsgemeinderäte entscheiden, „ob ein Verbot der Nutzung tatsächlich das Mittel ist, antidemokratische Strömungen zu bekämpfen“, so Karl Dieter Wünstel.

Die Stadt Annweiler konnte den Chrupalla-Auftritt nicht verhindern. Für künftige Veranstaltungen will auch sie die Nutzungsordnung des Stadtsaals ändern, um von Beginn an einen besseren Hebel zu haben, bestimmte Gruppierungen auszuschließen. Auch hier wird das Ansinnen juristisch geprüft.

In einem Berufungsverfahren am Oberverwaltungsgericht in Münster wird derzeit verhandelt, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte AfD 2021 zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat. Ein Urteil wird am Montag erwartet.

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