Kreis Germersheim Kita-Plätze: Eltern fordern mehr Einfluss

Laut einer anonymen Online-Umfrage des Kreiselternausschusses bekommt jedes dritte Kind nicht rechtzeitig einen Kita-Platz.
Laut einer anonymen Online-Umfrage des Kreiselternausschusses bekommt jedes dritte Kind nicht rechtzeitig einen Kita-Platz.

Das Jugendamt soll Familien jedes Jahr fragen, welche Betreuung sie für ihr Kinder brauchen. Das fordern Elternvertreter. Die Behörde sieht dafür keine Notwendigkeit.

„Die letzte Abfrage des Betreuungsbedarfs war vor circa drei Jahren. Hierbei wurde man von der Kita-Leitung aufgefordert, Angaben im Sinne der Kita zu machen.“ Das schreibt eine Familie aus der Verbandsgemeinde Jockgrim. „Wir suchen einen Kindergarten-Platz für unseren bald zweijährigen Sohn. Wir haben bis jetzt nur Absagen bekommen, obwohl wir unseren Sohn direkt nach er Geburt überall gemeldet haben“, berichten Eltern aus Germersheim. „Wichtig und dringend wären Kita-Plätze ab einem Jahr“, meinen weitere Teilnehmer einer Online-Umfrage, die der Kreiselternausschuss (KEA) im Frühjahr angestoßen hat. Es gibt Baustellen bei den Kindertagesstätten im Kreis – im doppelten Wortsinn.

Der individuelle Bedarf von Familien komme in der Planung des Kreisjugendamts zu kurz, meint der KEA. Die Plätze würden „auf Basis vorhandener Möglichkeiten“ anstatt der tatsächlichen Bedürfnisse geplant. „Planung heißt nicht, das zu verwalten, was ich habe“, sagt die Vorsitzende Julia Stock. „Es bedeutet ein Ziel zu haben, auf das ich hinarbeite.“ Der Blick auf Geburtsstatistiken und Baugebiete sei nicht alles. Die Elternvertreter fordern deshalb, dass das Kreisjugendamt jedes Jahr die Familien befragt, welche Betreuung sie brauchen.

Das wünschen sich auch drei von vier Familien, die an der KEA-Umfrage teilgenommen haben. Sie war anonym und richtete sich an Eltern mit Kindern bis 14 Jahre. 538 Rückmeldungen gab es, bei – laut Kreisverwaltung – rund 7000 Betreuungsplätzen. Jedes dritte Kind bekam demnach nicht rechtzeitig einen Platz in Kita oder Hort. „Es wird behauptet, der Bedarf ist gedeckt“, so Stock. „Das kann ja nicht sein. Sonst gäbe es keine Wartelisten.“ Vielen Eltern passen die Öffnungszeiten nicht, aber auch die Ansprüche an Räume, Personal und pädagogische Schwerpunkte sind nicht bei allen erfüllt. Unterm Strich nennt knapp ein Drittel einen Fehlbedarf an irgendeiner Stelle. Laut Umfrage gibt es zudem große Nachfrage nach Horten für Schulkinder und Lücken bei der Betreuung von Unter-Zwei-Jährigen.

Folgen auf dem Arbeitsmarkt

Fehlen Kita-Plätze, habe das wirtschaftliche Folgen, führt Julia Stock aus: Der Fachkräftemangel nehme zu und Kaufkraft sinke, weil die Eltern auf dem Arbeitsmarkt ausfallen. „Man passt Familie und Beruf an die Kita an“, sagt Susanne Schellenbach-Andres vom KEA. „Eigentlich sollte es andersherum sein.“

Die Berücksichtigung der Bedürfnisse sei gesetzlich vorgeschrieben, die standardisierte Abfrage bei Eltern empfohlen, betont Stock. Mit dem neuen Kita-Gesetz habe Elternmitwirkung einen höheren Stellenwert bekommen. Der individuelle Bedarf müsse zwar nicht immer und schon gar nicht sofort gedeckt, aber er solle abgefragt werden. „Niemand erwartet, dass in zwei Jahren alles perfekt ist, aber man muss es angehen.“ Auf lange Sicht. In manchen Orten, in denen Kitas gerade erweitert oder neu gebaut werden, seien die Gruppen schon voll, bevor das Haus überhaupt stehe. Der Kreis Südliche Weinstraße gehe mit gutem Beispiel voran: Hier verteile das Jugendamt jährlich Fragebögen über die Kitas. Das Stadtjugendamt Neustadt ermittele den Bedarf online und es gebe Gespräche mit Elternausschüssen in jeder Einrichtung.

Gespräche in den Kitas

Der Kreis Germersheim legt jährlich den neuen Kita-Bedarfsplan für alle Gemeinden vor. Dafür wertet das Jugendamt halbjährlich die Geburtenstatistiken aus. Im gleichen Rhythmus finden Gespräche mit kommunalen Vertretern, den Trägern und Kitaleitern in allen Orten statt. „Im Kreis Germersheim melden Eltern ihre Kinder in der gewünschten Kita im Rahmen freier Kapazitäten an und geben dort dabei auch ihren Betreuungsbedarf an“, so das Jugendamt. Es sei den Eltern zumutbar, jederzeit Änderungen bei der Kita-Leitung mitzuteilen. Diese würden in den Halbjahres-Treffen weitergegeben. Bei über 90 Kitas, verteilt auf 30 Gemeinden, habe sich dieses Prozedere bewährt.

„Die Planer gehen davon aus, dass die Eltern sich pro-aktiv melden“, sagt Julia Stock. Ein Großteil mache das aber nicht. „Wenn ich allerdings gefragt werde, wie mein Bedarf ist, gebe ich ihn an.“ Der KEA hatte schon im Vorjahr im Jugendhilfeausschuss des Kreises einen Antrag auf jährliche Elternbefragung gestellt, nach der Diskussion aber zurückgezogen. Am Dienstag wagen die Elternvertreter einen neuen Anlauf.

Termin

Sitzung des Jugendhilfeausschusses Kreis Germersheim am Dienstag, 16. Mai, 15 Uhr, Kreisaula, Ritter-von-Schmauß-Straße, Germersheim, mit Vorstellung des Kita-Bedarfplans 2023/24.

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