Kreis Germersheim Mindestlohn: In jedem zehnten Job weniger als 14 Euro pro Stunde

In der Gastronomie sind Niedriglöhne weit verbreitet.
In der Gastronomie sind Niedriglöhne weit verbreitet.

Im Job alles geben – und trotzdem nur ein „schmales Portemonnaie“ haben: Im Kreis Germersheim arbeiten aktuell rund 3100 Menschen für den gesetzlichen Mindestlohn. Sie verdienen 12,41 Euro pro Stunde. Das ist das Ergebnis einer Arbeitsmarkt-Untersuchung vom Pestel-Institut.

Dabei haben die Wissenschaftler auch berechnet, was ein höherer Mindestlohn für den Kreis Germersheim bedeuten würde. Konkret geht es um den Anstieg auf 14 Euro: „Davon würden enorm viele Menschen profitieren“, sagt Matthias Günther. Er leitet das Pestel-Institut, das die aktuellen Mindestlohn-Berechnungen im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gemacht hat. „Im Landkreis Germersheim ginge der Lohn auf einen Schlag in rund 6200 Jobs hoch. Immerhin werden heute noch in 11 Prozent aller Jobs im Landkreis Germersheim weniger als 14 Euro pro Stunde verdient.“

Die NGG Pfalz will ihrer Forderung nach einem höheren gesetzlichen Mindestlohn Nachdruck verleihen. „Es arbeiten zu viele Menschen zum Niedriglohn. Das muss sich ändern“, sagt der NGG-Geschäftsführer, Holger Winkow. „Ziel muss es sein, die Jobs im Kreis Germersheim aus dem Lohnkeller zu holen.“ Der Mindestlohn sei nur die unterste Haltelinie. „Wirklich fair bezahlt wird nur, wer Tariflohn bekommt.“

Deutlich vollere Lohntüten

Rückenwind komme vom Kanzler: Immerhin habe sich Olaf Scholz für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht. „Wenn’s nach dem Kanzler geht, dann soll das unterste Lohnniveau in zwei Schritten steigen – zunächst auf 14 Euro und dann auf 15 Euro pro Stunde“, so Winkow. Nach Berechnungen des Pestel-Instituts würde ein Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde im Landkreis Germersheim den Beschäftigten in rund 8500 Jobs „zum Teil deutlich vollere Lohntüten bescheren“, sagt Institutsleiter Matthias Günther.

„Der gesetzliche Mindestlohn muss reichen, um davon bei einer Vollzeitarbeit vernünftig leben zu können. Vor allem ohne dabei auf Bürgergeld als staatliche Unterstützung angewiesen zu sein“, macht Holger Winkow deutlich. Wer nur den gesetzlichen Mindestlohn verdiene, müsse – auf einen Vollzeit-Job bezogen – am Monatsende mindestens 60 Prozent von dem Geld verdienen, das die Gesamtbevölkerung als mittleres Einkommen zur Verfügung hat. Das sehe EU-Recht vor.

Ab Januar wird der Mindestlohn „um lediglich 41 Cent auf nur 12,82 Euro steigen“, so die NGG. Das habe die Mindestlohnkommission gegen die Stimmen der Gewerkschaften im Sommer 2023 beschlossen. „Dabei müsste er eigentlich schon jetzt in Deutschland bei rund 14 Euro liegen“, sagt Holger Winkow. Das gehe klar aus der EU-Mindestlohnrichtlinie hervor. Außerdem gebe die EU-Richtlinie der Bundesregierung eine weitere wichtige Hausaufgabe mit auf den Weg: „Sie muss für eine Erhöhung der Tarifbindung sorgen. Also dafür, dass mehr Menschen von einem Tarifvertrag profitieren“, so Winkow.

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