Freisbach / Speyer Mit einem Schlaganfall ändert sich für Dominik Kohler viel

Der in Speyer unterrichtende Dominik Kohler lebt mit seiner Frau Eva und den zwei Töchtern in Freisbach.
Der in Speyer unterrichtende Dominik Kohler lebt mit seiner Frau Eva und den zwei Töchtern in Freisbach.

Der Schlag trifft den Lehrer und Familienvater unvermittelt – hat er doch sein Leben lang Sport getrieben. Dieser hilft ihm nun auch, langsam in den Alltag zurückzufinden. Dass er deshalb für einen Preis nominiert ist, ist ihm sichtlich unangenehm.

Mit Mitte 40 erleidet Dominik Kohler zwei Schlaganfälle. Für seine Familie kämpft sich der Lehrer aus Freisbach, der an der Speyerer Siedlungsrealschule Sport-, Biologie und Mathematik unterrichtet, seitdem Stück für Stück zurück in ein möglichst normales Leben. Dafür ist er für den „Motivationspreis 2024“ der Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe nominiert worden, informierte diese in einer Pressemitteilung.

Dass ausgerechnet ihm das passiert, damit hätte er nie gerechnet: Doch am 10. November vergangenen Jahres ändert sich alles – schlagartig. Plötzlich wird er zum Notfall. Der 10. November ist ein Freitag. Für Kohler und seine 5. Klasse steht ein Schulausflug auf dem Stundenplan. Plötzlich verliert der Lehrer die Kontrolle über seinen Körper, fällt um. Im ersten Moment denkt er an eine harmlose Kreislaufschwäche, nimmt Traubenzucker zu sich. Es hilft nicht – er bricht erneut zusammen. „Dass es etwas Ernstes ist, habe ich erst gemerkt, als der Krankenwagen kam.“

Ärzte ratlos

Im Krankenhaus dann die Schockdiagnose: Schlaganfall. Sieben Tage verbringt der Familienvater auf der sogenannten Stroke Unit, der Schlaganfall-Spezialstation. Eine Ursache für seinen Schlaganfall finden die Ärzte nicht. „Pech gehabt“, denkt sich Kohler. Dass er noch einmal „Pech“ haben wird, ahnt der in Lingenfeld aufgewachsene Freisbacher zu diesem Zeitpunkt nicht.

Nur wenige Tage nach seiner Entlassung trifft ihn der nächste Schlag – dieses Mal noch schlimmer. „Abends auf dem Sofa gingen plötzlich die Lichter aus“, erinnert er sich. Kohler hat Sehprobleme, kann nicht mehr sprechen. Erneut kommt er ins Krankenhaus. „Damals hatte ich Angst, nicht mehr ins Leben zurückzukehren“, gibt er leise zu. Und wieder wird keine Ursache gefunden.

Angst vor Wiederholung

Nach seinen Schlaganfällen verliert der Sportlehrer das Vertrauen in seinen Körper: „Auf dem Laufband fiel ich nach nur zwei Schritten wieder um.“ Schwindel, Panikattacken und Konzentrationsprobleme begleiten ihn bis heute. Wiederholt ist er zum Beispiel in Supermärkten wegen Reizüberflutung gestürzt. „Jedes Mal, wenn ich Kopfschmerzen oder Schwindel verspüre, habe ich Angst, dass es wieder ein Schlaganfall sein könnte. Diese ständige Angst belastet mich psychisch sehr“, gibt er offen zu. Doch deshalb aufgeben? Nein! Den Status quo hinnehmen, ist für den ehrgeizigen Kohler keine Option.

„Mein Mann kämpft sich täglich mit Ausdauersport und Hirnleistungstraining wieder an das Niveau vor dem Schlaganfall heran. Alles für unsere beiden Töchter und die Familie“, schreibt seine Frau Eva in ihrem Brief an die Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe, aufgrund dessen er für den Motivationspreis nominiert wird. Ihm ist das sichtlich unangenehm. Er ist sich dessen bewusst, dass er im Vergleich zu anderen „ein Riesenglück“ hatte, „dass es so glimpflich vonstatten gegangen ist“, insbesondere keine Gehirnschädigungen zurückgeblieben sind. Er ist sich aber auch bewusst, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Fortschritte ein Mutmacher für andere Betroffene sein kann.

Familie und Kollegen helfen

Seine Familie ist seine größte Motivation: „Es gibt nichts Schöneres, als eine Familie zu haben, die einen liebt und unterstützt. Für sie will ich da sein – dafür gebe ich jeden Tag alles“, sagt Kohler. Er verordnet sich selbst Extra-Einheiten für zu Hause und übt gemeinsam mit seinen Töchtern. Sie haben ihn zum Beispiel dabei geholfen, wieder Fahrradfahren zu lernen, was wegen der Schwindelgefühle anfangs gar nicht so einfach für ihn war. Für sie ist der Schlaganfall ihres Papas kein Problem. „Dass sie so toll damit umgehen, macht mich stolz.“

Viel Unterstützung beim Neustart hat der ehemalige Handballer, der zuletzt in Speyer spielte, davor in Ottersheim, Kuhardt und Schifferstadt, auch von der Schulleitung und den Kollegen erfahren. Diese hätten ihm teilweise auch privat geholfen, bei Spaziergängen etwa. „Das hat mir den Rücken gestärkt.“

Ziel: Vollzeit-Unterricht

Nach der Reha befindet sich Kohler nun in der Wiedereingliederung und unterrichtet, unterstützt von einer Kollegin. „Im Moment schaffe ich vier Stunden pro Woche, aber nach den Herbstferien soll das verdoppelt werden.“ Sportunterricht könne er noch nicht wieder geben, dafür sei er „körperlich einfach nicht in der Lage“. Lange hat er nach eigener Aussage überlegt, wie er es seinen Schülern sagt. „Dann habe ich mich dafür entschieden, zu sagen, wie es ist. Sie haben es gut aufgenommen.“ Sein Ziel: Irgendwann wieder Vollzeit unterrichten. Dass er es schafft, davon ist Kohler, der weiterhin Reha-Maßnahmen absolviert, überzeugt.

Mit seiner Geschichte ist Kohler als einer von über 80 Nominierten im Rennen um den Motivationspreis 2024. den die Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe im November wieder vergeben wird. Dabei handelt es sich um einen symbolischen, mit keiner Geldzuwendung verbundenen Preis, sagt Matthias Bröenhorst von der Stiftung auf Anfrage der RHEINPFALZ. Die Gütersloher Stiftung verleihe den Preis alle zwei Jahre an Menschen, die sich als Betroffene, Ehrenamtliche oder Fachleute in herausragender Weise für das Thema Schlaganfall engagieren. Entsprechend gibt es auch drei Preiskategorien, so Bröenhorst. Die Nominierten seien Vorbilder und motivierten Betroffene, sich nach einem Schlaganfall ins Leben zurück zu kämpfen. Nach seinen Angaben werden in Deutschland pro Jahr rund 270.000 Schlaganfälle verzeichnet. Diese seien der häufigste Grund für eine Behinderung im fortgeschrittenen Alter.

Stichwort: Schlaganfall

Unter „Schlaganfall“ versteht man einen „schlagartig“ auftretenden Ausfall von Gehirnfunktionen. Die bedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankung ist der Oberbegriff für akut geschädigte Teile des Gehirns infolge eines Gefäßverschlusses (Hirninfarkt) oder einer Hirnblutung, heißt es auf den Internetseiten der Stiftung und des Robert-Koch-Instituts (RKI).

Info

Schlaganfälle verhindern, Versorgung verbessern und Betroffenen helfen – dafür setzt sich die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ein. Das Service- und Beratungszentrum in Gütersloh ist montags bis donnerstags, 9 bis 17 Uhr, und freitags, 9 bis 14 Uhr, erreichbar unter Telefon 05241 9770-0, E-Mail: info@schlaganfall-hilfe.de, Internet: www.schlaganfall-hilfe.de

, www.motivationspreis.de

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