Jockgrim Sabine Baumann verlässt die Kommunalpolitik

Sabine Baumann
Sabine Baumann

Zehn Jahre lang, zwei Amtsperioden, war Sabine Baumann Ortsbürgermeisterin von Jockgrim. Bei den Kommunalwahlen im Frühjahr kandidierte sie nicht mehr. Sie lässt die Kommunalpolitik für neue Aufgaben komplett hinter sich.

„Die Zeit als Ortsbürgermeisterin war gut und ich bin froh, dass ich sie erleben durfte“, blickt Sabine Baumann (CDU) zurück. Mit 60 Jahren könne sie nun noch etwas Neues anfangen, jenseits der Kommunalpolitik. So habe sie nicht nur ihr ehrenamtliches politisches Engagement in Jockgrim beendet, sondern auch ihre Arbeit im Abgeordnetenbüro von Martin Brandl. Er wurde zum Landrat im Kreis Germersheim gewählt und tritt sein Amt am 1. Dezember, an, also ein guter Zeitpunkt für Sabine Baumann, sich beruflich noch einmal neu, diesmal Richtung Industrie, zu orientieren.

Bevor die ursprünglich aus Hessen stammende Wahlpfälzerin zum ersten Mal für das Amt des Ortsbürgermeisters kandidierte, gehörte sie bereits dem Gemeinderat Jockgrim an und bekleidete gut zweieinhalb Jahre ein Amt als Beigeordnete. „Bei meiner ersten Wahl trat ich zuerst gegen drei weitere Kandidaten an und kam in die Stichwahl, die ich für mich entschied.“ Fünf Jahre später kandidierte sie ein zweites Mal, es gab einen Mitbewerber, den sie schon im ersten Wahlgang schlug. Damit war sie zehn Jahre lang Chefin einer großen, aber leider hoch verschuldeten Gemeinde mit mehr als 7500 Einwohnern, Tendenz steigend.

Ein furchtbares Thema

Blickt sie auf ihre Amtszeit zurück, meint sie: „Ein Höhepunkt war sicher im Jahr 2015 die 750-Jahrfeier der Gemeinde.“ Ihr Amtsvorgänger Jörg Scherer hatte das Jubiläum mit großem Einsatz angefangen zu organisieren. „Er hat viel vorgelegt, das war toll“, so dass sie nach ihrer Einarbeitungszeit seine Arbeit fortsetzen konnte. „Ein sehr schönes Ereignis war die Einweihung des Edeka-Supermarktes Anfang September 2017.“ Trotz anfänglich großer Widerstände, auch von Seiten der Bürger, konnte der Markt zum Nutzen der Gemeinde, nach langer Vorlaufzeit, realisiert werden. Ähnlich positiv sei der Bau eines Aldi-Marktes verlaufen. „Noch ein Großprojekt, in mehreren Teilen und Etappen, war das Erweitern der drei kommunalen Kindertagesstätten.“ Die Gemeinde musste die Kitas entsprechend den neuen Landesgesetzen ausbauen und mehrmals verbessern, was Jockgrim viele Millionen Euro gekostet habe.

Überhaupt sei das Thema „Finanzen ziemlich furchtbar gewesen“, äußerte sich Sabine Baumann. Vor zehn Jahren, als sie ihr Amt angetreten hatte, habe sie mit der Verwaltung zusammen zuerst einmal den Haushalt durchforstet, auf der Suche nach Punkten, bei denen gespart werden könne oder müsse. Da aber schon zu diesem Zeitpunkt Jockgrim kaum noch freiwillige Aufgaben auf der Agenda stehen hatte, der Haushalt durch die Pflichtaufgaben geprägt war, gab es kaum noch Sparmöglichkeiten. Die Gemeinde habe trotz gleichbleibender Aufgaben das Personal reduziert oder Pflegearbeiten an den Grünanlagen der Gemeinde vereinfacht und reduziert. Deshalb sei sie froh, dass Jockgrim über den kommunalen Schuldenerlass wenigstens 8,8 Millionen Schulden abgenommen bekam. Aber eins sei klar: „Auch wenn die Gemeinde buchhalterisch jetzt weniger Schulden hat. Die Gemeinde hat auch künftig zu wenig Einnahmen, um damit alle Pflichtaufgaben bezahlen zu können. Damit steigen die Schulden unausweichlich auch wieder an.“

Ein Dauerbrenner

Eine große Daueraufgabe von Sabine Baumann und der Gemeinde sei das Straßensanierungsprogramm. Danach werden Jahr für Jahr marode Gemeindestraßen saniert, nach einem vor Jahren erstellten Dringlichkeitsprogramm. Da niemand wisse, was sich unter Jockgrims Straße verberge, sorge das Programm immer wieder für Überraschungen. Bestes Beispiel war ein kurzer Abschnitt der Buchstraße, deren Untergrund wegen sogenanntem Schichtwasser aufwändig entwässert und stabilisiert werden musste. Fast ein Dauerbrenner war das Bürgerhaus, das zuletzt wegen Arbeiten rund um gesetzlich geforderten Brandschutz monatelang gesperrt war.

„Die Corona-Zeit“ war für mich und die Gemeinde eine prägnante Zeit gewesen, weil die Pandemie alles umgeschmissen hat. Alles war irgendwie unklar, ständig gab es Änderungen durch neue Verordnungen. Ich erinnere mich noch wie heute, als wir samstags im Rathaus Passierscheine für unsere Mitarbeiter geschrieben haben.“ Während der ersten Flüchtlingswelle, so ungefähr im Jahr 2017, habe Sabine Baumann tatsächlich Angst gehabt, dass sich das Dorf durch dieses Thema in zwei Lager spalten würde. Jetzt gebe es die zweite Flüchtlingswelle, die durch massive „rechte Propaganda“ begleitet werde. „Wir im Rathaus haben auf unsere Art darauf reagiert, indem wir das Regenbogensymbol überall da verwenden, wo es geht. Zum Beispiel im Schaukasten der Gemeinde beim Rathaus.“

Ein Abschiedsgeschenk

„Für mich war es immer wichtig, das Wohl der Einwohner und Bürger über Einzelinteressen zu stellen. Bei meiner Arbeit stand die Gemeinde, auch wenn manch ein anderslautendes Gerücht durchs Dorf ging, immer im Vordergrund“, sagte Baumann überzeugt. Ihr Werteverständnis, zum dem es gehöre, mit legalen Mitteln etwas für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu machen, beschert Jockgrim noch eine Art Abschiedsgeschenk: Sie habe für Anfang Oktober ein Konzert in der katholischen Kirche angeregt, bei dem „Die Liedertafel“ Dudenhofen Lieder zu Frieden und Freiheit präsentieren werde. Das ist dann auch ein Anlass, zu dem die ehemalige Ortschefin wieder nach Jockgrim komme, denn sie wohnt seit Ende Juli mit ihrem Ehemann in Kuhardt.

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