Geschichten aus der Geschichte Sommerliche Badefreuden: Wenn Frau Wettengel an die Tür klopft

Aufnahme von der Kiesbank am Germersheimer Rhein aus den späten 1920er-Jahren: Im Hintergrund ist die alte Eisenbahnbrücke und d
Aufnahme von der Kiesbank am Germersheimer Rhein aus den späten 1920er-Jahren: Im Hintergrund ist die alte Eisenbahnbrücke und die auf Pontons aufliegende »Schiffbrücke« zu sehen.

In früheren Zeiten nahm man im Sommer gern ein kühlendes Bad im Rhein. In Germersheim gab es neben der Militärschwimmschule auch ein Strandbad. Tödliche Badeunfälle gab es schon damals.

Die auf Baumstämmen und Holzteilen ruhende Militärschwimmschule lag in etwa dort, wo heute der Anlegesteg des Rudervereins Rhenania ist. Die Ausbildung der Militärschwimmschule war offenbar so gut, dass die ehemaligen Nichtschwimmer schon bald nach Badegelegenheiten suchten. Denn im Juni 1855 vermerken die „Befehlsbücher“, dass einige Soldaten „unterhalb des Standortes der alten Schiffbrücke“, also beim heutigen Gebäude der Wasserschutzpolizei, beim Baden „in den sogenannten Kieslöchern auf dem großen Grunde“ erwischt worden waren, nachdem sie sich ihren Weg dahin durch die angrenzenden Kartoffeläcker gebahnt hatten. Das wurde natürlich sofort strengstens untersagt, mit dem Hinweis, dass das „Baden in den Altwassern und im Rhein ohne Beaufsichtigung nicht selten mit Lebensgefahr verbunden“ sei. Wie angemerkt wurde, sollte bald ein „allgemeiner Badeplatz ermittelt und angewiesen werden“.

Dass die Warnungen der Festungskommandantur zurecht erfolgten, zeigen die Vorkommnisse des Jahres 1860. Damals musste man zwei im Mai „beim Baden im Rhein verunglückte Soldaten“ zu Grabe tragen. Noch in diesem Monat wurde eine neue, weniger gefährliche Badegelegenheit für die Mannschaften geschaffen, denen man gestattete, in der Queich zu baden; allerdings nur dort, wo sie vom Westheimer Wald bereits umschlossen war.

40 Pfennig für ein Bad und eine Dusche

Die zivilen Badegelegenheiten veränderten sich mit der Einführung der „Bergdolt’schen Badeanstalt“ um 1863. Dieses „Rheinbad“ bestand offenbar schon in den Jahren zuvor. So wurde in einer Stadtratssitzung im Juni 1863 vorgetragen, dass Bergdolt seine Badeanstalt nur unregelmäßig und nicht zu festen Zeiten fürs Publikum in den Sommermonaten öffnete. Bergdolt sah sich nach eigenem Bekunden nicht in der Lage, das nur im Sommer nebenbei betriebene Rheinbad zu festen Zeiten zu öffnen und bat um einen Zuschuss. Den Badebetrieb regelte schließlich die „Bade-Ordnung für das Bergdolt’sche Rheinbad in Germersheim“ von 1877. Danach war die Badeanstalt während der Saison täglich von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr abends geöffnet und das Personal des Betreibers vor Ort, „zur Bedienung des Publikums“.

Dieses musste jeweils 40 Pfennige für ein Bad und die danach zu nutzende „Douche“ entrichten, während das Baden im Abonnement natürlich wesentlich preisgünstiger war, da 12 Eintritte 4 Mark kosteten. Ermäßigungen gab es für die unteren Ränge des örtlichen Militärs, ebenso für Kinder, Minderbemittelte und „Unbemittelte“. Als besonderen Service stellte Bergdolt allen Badbenutzern kostenlos Handtücher zur Verfügung. Die Badezeit war auf 30 Minuten limitiert, wenn man keine Nachgebühr entrichten wollte. Hunde durften übrigens nicht in die „Badekabinette“ mitgenommen werden.

Zivilisten dürfen eine Stunde baden

Die Schaffung eines Bades blieb aber auch in der Folgezeit ein Thema, das Stadtrat und Bürgermeister beschäftigte. Um 1900 war die Militärschwimmschule zwar auch für Zivilisten geöffnet, aber täglich nur von 11.30 bis 12.30 Uhr. „Zu dieser Tageszeit zu baden ist aber dem größten Teil der Civilbevölkerung nicht möglich aus geschäftlichen und dienstlichen Rücksichten“. Hinzu kam erschwerend, dass Frauen die Schwimmschule nicht benutzen durften. Auch der Betrieb des kommerziellen Rheinbades war alles andere als zufriedenstellend. Wie aus einem vom 6. Juni 1900 datierenden Schriftstück hervorgeht, unterlag der Betrieb dort „der Willkür“ des Besitzers. Wegen der beengten räumlichen Verhältnisse waren Wartezeiten von etwa einer Stunde an der Tagesordnung.

Angemerkt wurde anno 1900, dass insbesondere die ärmere Bevölkerung Baden unmittelbar im Fluss aus Kostengründen bevorzugte, so dass in jedem Sommer entsprechend Todesfälle bei Badeunfällen zu beklagen waren.

Baden im kristallklaren Rhein

Der Ende der 1980er-Jahre verstorbene Germersheimer Josef Sellinger hat eine anschauliche Schilderung der Badehütte, die mittlerweile von einem Herrn namens Harz betrieben wurde, aus der Zeit des Ersten Weltkriegs hinterlassen. Er schrieb (1966): „Die heutige Jugend kann sich das nicht mehr vorstellen, dass es einmal in Germersheim außer der Königlich–Bayerischen-Militärschwimmschule nur eine Badegelegenheit im Rhein, der damals kristallklares, hellgrünes Wasser führte, gegeben hat: s' Harze ihr 'Badehütt' unter der Eisenbahnbrücke. Es führte damals gleich hinter dem Viadukt ein schmaler, von hohen Akazien überschatteter Weg dorthin. Die Badehütte hatte etwa sechs ,Kabinen’, die Platz boten zum Ausziehen. Die verfügbare Badefläche betrug etwa 150 mal 300 Zentimeter. Man stieg hinunter und mußte sich der starken Strömung wegen sozusagen vorhanteln, bis man sich an den starken Eisenstäben der Einlaufseite halten konnte. Dann riss einem die Strömung die Füße weg und man hing, lustvoll vom klaren Wasser umspült, bis man sich losließ und im Handumdrehen wieder an das Einstiegstrepplein geschubst wurde. Sicht nach draußen gabs nur durch ein kleines schnakengittertragendes Fenster. Man war anspruchslos anno dazumal!“

Weiter führt Sellinger aus, dass die Aufsicht stets die „immer freundliche Frau Wettengel“ hatte. Die Badetücher der Gäste nahm sie ebenfalls entgegen und hing sie auf ein Seil, „wo sie dann fröhlich im Sommerwind trockneten. Sie achtete bei starkem Zudrang auch darauf, dass man nicht zu lang im Wasser blieb und klopfte mahnend ans Türchen.“

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