Hatzenbühl Tagespflege schließt: Tränen an der Kaffeetafel

Die Tage der Kaffeerunde in Hatzenbühl sind gezählt.
Die Tage der Kaffeerunde in Hatzenbühl sind gezählt.

Nach 20 Jahren schließt die Tagespflege im Ort. Während Zimmer ausgeräumt werden, sitzen Senioren wehmütig an der Kaffeetafel. Ein Blick hinter die Kulissen.

Freitagnachmittag, Kaffeezeit. Tassen und Saftgläser stehen auf dem Tisch, dazu eine frisch gebackene Schneckennudel. Doch die Stimmung ist gedrückt. Eine 97-Jährige schluchzt leise und weint in ihr Taschentuch, eine Pflegekraft nimmt sie in den Arm, spricht ihr beruhigend zu. Es sind die letzten Tag der Tagespflege in Hatzenbühl. Ob es danach im Ort wieder eine solche Einrichtung geben wird, ist noch offen.

Seit der ersten Stunde dabei

Seit über 20 Jahren wurden Senioren im ehemaligen Schwesternhaus und dessen Anbau tagsüber betreut. Erst von den Maltesern, dann von der Firma Hartenstein, in den vergangenen Jahren von der Dignicare Pflege Gmbh. Einige der betagten Frauen und Männer sind seit der ersten Stunde dabei. So wie eine Frau im Rollstuhl, die ihren Teddybären ganz fest hält. „Sie war schon hier, als ich hier vor 15 Jahren meine Ausbildung gemacht habe“, sagt Phillip Hörner. Der damalige Azubi ist inzwischen Pflegedienstleiter, nach verschiedenen anderen Stationen ist er erst seit acht Monaten wieder in Hatzenbühl tätig.

Dabei waren die vergangenen Wochen besonders unruhig: Die Dignicare Pflege GmbH, ein ambulanter Pflegedienst mit Sitz in Hanau, hatte im September 2023 Insolvenz angemeldet. Der ehemalige Geschäftsführer Lambert hat das Unternehmen übernommen, es firmiert jetzt als Lambert Pflege Gmbh. Die Räume der Tagespflege waren von Dignicare gekündigt worden. Doch einen Vertrag mit dem Nachfolger wollte die Ortsgemeinde Hatzenbühl nicht unterschreiben - Ortsbürgermeister Karlheinz Henigin (CDU) und Verbandsbürgermeister Karl Dieter Wünstel (CDU) verwiesen dabei gegenüber der RHEINPFALZ auf ausstehende Mietzahlungen.

Der ehemalige Kindergarten bot viel Platz.
Der ehemalige Kindergarten bot viel Platz.

Während der ambulante Pflegedienst in Zukunft von Rheinzabern aus arbeitet, musste die Tagespflege jetzt schließen. Die Einrichtung ist für 37 Menschen ausgelegt und war mit 30 Frauen und Männern belegt, sagt Hörner im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Damit sei sie eine der größeren in der Region. Bis zuletzt versucht Hörner, die Senioren an andere Tagspflegen zu vermitteln, „es geht mir doch nur um die Patienten“, sagt er mit einem Seufzen. In Zukunft werden diese nun also in Rohrbach, Bellheim, Minfeld, Wörth und anderswo betreut. Besonders schwer sei es einen neuen Platz für die Schwerpflegefälle zu finden, sagt Hörner. Entsprechend froh ist er, die Seniorin mit Teddy und Rollstuhl nun auch gut untergebracht zu haben – samt ihrem bisherigen vertrauten Fahrer, der sie bald jeden Tag zu einer anderen Einrichtung bringen wird.

Die Zimmer sind schon fast alle ausgeräumt.
Die Zimmer sind schon fast alle ausgeräumt.

„Ich bin stinksauer“, sagt ein Tagesgast. „Hier haben Leute Weinkrämpfe wegen der Schließung bekommen“, berichtet der 63-jährige aus Herxheim. Enge Freundschaften seien entstanden, doch künftig seien diese Senioren getrennt untergebracht. „Das ist das Schwierige“, sagt er. Die Wut des 63-Jährigen richtet sich „gegen die, die die Miete nicht bezahlt haben“. Aber auch der Ortsgemeinde traut er nicht - schließlich geht im Ort das Gerücht, dass in das Schwesternhaus künftig auch noch ein Notar und ein Arzt einziehen sollen. „Die hätten dann drei Mieten statt einer...“ führt der Mann aus, bevor er sich an die Kaffeetafel setzt. Dabei ist er voll des Lobes für das Pflegeteam, das schon die ganze Zeit geräumt und entrümpelt hätte, obwohl weiter die Betreuung gewährleistet gewesen sei.

Auch der Dachboden beherbergt keine Unterlagen mehr.
Auch der Dachboden beherbergt keine Unterlagen mehr.

Sechs Tonnen Papier seien vom Dachgeschoss heruntergetragen worden und später gemäß der Datenschutzrichtlinien entsorgt, erzählt Hörner. Dabei hat er auch Unterlagen der Vorgängerunternehmen entfernt, die dort noch gelagert waren. „Die ältesten waren von 1998.“ Inzwischen sind fast alle Zimmer ausgeräumt, die Türgriffe mit den entsprechenden Zetteln „leer und sauber“ versehen. Über die Kritik der Ortsgemeinde, man habe das Gebäude nicht schnell genug verlassen, kann Hörner nur den Kopf schütteln: Ab dem Tag, an dem bekannt war, dass die Dignicare GmbH das ehemalige Schwesternhaus verlässt, habe man sich an die Arbeit gemacht. Auch sei es nicht zutreffend, dass sich unter den Betreuten keine Hatzenbühler befänden, sagt Hörner und zählt einige Namen auf. Zudem habe der Pflegedienst etwa 35 Kunden im Ort.

Die Wände in den Fluren sind inzwischen größtenteils leer, auch die Tische für diejenigen, die ihren Kaffee gerne etwas abseits tranken, sind weg. In dem ehemaligen Kindergarten gab es große Räume, Patienten mit Laufdrang konnten im Garten stets eine kleine Strecke gehen. „Das würde heute ja keiner mehr bauen, aber für uns war es perfekt“, sagt Hörner wehmütig. Ein Teil der Mitarbeiterinnen kommt in der ambulanten Pflege unter, bei einigen laufen noch Bewerbungen, andere gehen direkt in Rente. Ob die Sozialstation Rülzheim eine Tagespflege im Ort eröffnen wird, ist derzeit noch offen. Wenn überhaupt, gibt es vorher eine mehrmonatige Phase der Sanierung. Für die derzeit betreuten Senioren ist der Umzug wohl endgültig: „Wer erst einmal zwei bis drei Monate woanders ist, kommt danach nicht mehr hierher“, sagt Hörner.

Am Dienstag um 16 Uhr wollen Hörner und sein Team das Schwesternhaus samt symbolischen Schlüssel besenrein übergeben. Dann ist die Tagespflege in Hatzenbühl zumindest vorerst Geschichte.

Pflegedienstleiter Phillip Hörner, Altenpflegerin Sandra Jährling und Krankenschwester Daniela Schaaf werden am Dienstag den Sch
Pflegedienstleiter Phillip Hörner, Altenpflegerin Sandra Jährling und Krankenschwester Daniela Schaaf werden am Dienstag den Schlüssel übergeben.
In der Küche wartet noch Gebäck auf die Besucher.
In der Küche wartet noch Gebäck auf die Besucher.
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