Kreis Germersheim Totschlagsprozess wird vertagt

Faschingssonntag in Bellheim: Am frühen Morgen verblutet auf der Hauptstraße ein 21-Jähriger aus Speyer. Wegen eines Streits um eine Baseballkappe hat ein 33-Jähriger aus Bellheim ihn in den Hals gestochen. Der Beschuldigte hat die Tat gestanden. Er ist überzeugt, in Notwehr gehandelt zu haben. Im Sicherungsverfahren vor der Schwurgerichtskammer wegen Totschlags geht es um die dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt. Gestern, am fünften Verhandlungstag sollten eigentlich die Plädoyers gehalten werden.

Über 20 Zeugen und zwei Gutachter waren bis dahin gehört worden. „Ein schwer kranker Mann“, hatte der forensische Gutachter Dr. Harald Dressing festgestellt. Die Diagnose: chronische paranoide Schizophrenie, verstärkt durch Missbrauch von Alkohol, Medikamenten und Drogen. Wegen der krankhaften seelischen Störung sei die Steuerungsfähigkeit aufgehoben und der 33-Jährige nicht schuldfähig. Es bestehe ein deutliches Risiko für erhebliche Gewalttaten, deshalb solle er in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht werden. Doch die Rechtsanwälte Moritz David Schmitt und Heinz Eble aus Mainz fühlten sich als Verteidiger in ihren Rechten beschnitten. Gründe dafür seien unterschiedliche Lichtbildmappen und fehlende Akten über Ermittlungen und Urteile für den getöteten jungen Mann. Deshalb stellten sie den Antrag, die Verhandlung für vier Wochen auszusetzen. Das Gericht wies den Antrag ab. Jetzt wiederholte Verteidiger Schmitt seine Forderung, die Verhandlung für vier Wochen auszusetzen, weil er keine Möglichkeit gehabt habe, die umfangreichen Akten zu lesen. Mit Details aus dem Leben des Getöteten versuchte er, auf einen Nebenschauplatz abzulenken. „Die Kammer stellt sich einen Parforceritt durch das Verfahren vor“, kritisierte er das Gericht, das so „das verkorkste Ermittlungsverfahren retten“ wolle. Oberstaatsanwalt Thomas Spielbauer entgegnete, dass die Vorstrafen des Opfers bereits in der Zeugenaussage des Bewährungshelfers genannt wurden. Ferner wies der Anklagevertreter darauf hin „persönliche Vorwürfe bringen uns in der Sache nicht weiter“. Nun erklärte Rechtsanwalt Schmitt, man habe ihn aus dem Verfahren drängen wollen. Er habe dem Gericht viele Termine genannt, die nicht berücksichtigt worden seien. Dagegen verwahrte sich die Vorsitzende Richterin Zürker: ein Schwurgerichtskammermitglied habe sogar seinen Urlaub unterbrochen, um den Termin am 1. September zu ermöglichen. In erster Linie wandte sich das Gericht nun dem Verfahren selbst zu und fuhr mit dem Verlesen von Aktenauszügen über die Vorstrafen des Opfers fort. Wegen Körperverletzung, Diebstahls, beispielsweise von neun Büchsen Bier, wurde hauptsächlich ermittelt. Mit zwei Urteilen wurde er als Mittäter verwarnt. Einige Verfahren wurden eingestellt. Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verübte das Opfer meist im Alter von 15 Jahren und in der Gruppe. Am Freitag, 15. September, wird die Verhandlung mit einem sogenannten Sprungtermin fortgesetzt. Das dient der Einhaltung von gesetzlichen Fristen, damit nicht alles noch einmal von vorn losgehen muss. Bis in den November hinein, sind bereits weitere drei Termine geplant. Am Rande der Verhandlung befragt, was nun noch beraten werden solle, antwortete Anwalt Schmitt, die Termine seien eine „Sicherheitsmaßnahme“, alles weitere müsse erst noch mit dem Mandanten besprochen werden. Jener saß die meiste Zeit zusammengesunken mit gesenktem Kopf auf der Anklagebank.

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