Wochen-Spitze Wenn eine Kreis-Note für Migrantenströme verantwortlich sein soll

Mit stoischer Gelassenheit ...
Mit stoischer Gelassenheit ...

Der neue Kreistag arbeitet ruhig und professionell. Eine einzelne Fraktion tut sich mit kommunalen Themen noch schwer und versucht es mit der Flüchtlingspolitik.

Zweite Kreistagssitzung nach der Kommunalwahl, die AfD ist inzwischen zweitstärkste Fraktion. Aber anders als anderswo geht es in der Sitzung sehr gesittet zu. Dank einer sehr kreativen Sitzordnung wurden Mitglieder der Koalition aus CDU, Freien Wählern und FDP auf der einen Seite und die Mitglieder der Opposition aus AfD, SPD und Grünen gleichsam in langen Streifen platziert. Das bedeutete, dass die Mitglieder der Fraktionen hintereinander saßen und verschiedene Farben nebeneinander. Zum Beispiel blau (AfD) neben grün (Grüne) oder rot (SPD). Alles kein Problem.

Und anders als in den Vorjahren trugen die Kreistagsmitglieder die AfD-Anträge mit stoischer Fassung. Denn es ging, wenig überraschend, um die Flüchtlingspolitik. Also die ganz große, eher so bundesweit. Aber da man ja im Kreistag war, wollte die AfD die Rücknahme des Antrags „Bestmögliches Ankommen und bestmögliche Integration für Geflüchtete“ von Ende 2020. Dieser kam von der damaligen Koalition aus CDU-Grünen-Freien Wählern und sprach sich für Solidarität mit Geflüchteten und eine Fortführung der Seenotrettung im Mittelmeer aus. Und für Geld vom Bund für eine gute Unterbringung. Mehr war da nicht.

Und keine Wimper zuckte

Der Antrag sei ja „human und gut gemacht“, gestand AfD-Fraktionsvorsitzender Andreas Wondra zu. Dann verwies er auf (Bundes)-CDU-Positionen in dieser Sache, Faktoren zu reduzieren, die Menschen nach Deutschland locken. Doch die restlichen Kreistagsmitglieder zeigten keine Regung, auch nicht, als Wondra auf die Dramen verwies, die sich auf dem Mittelmeer abspielten. Und immer noch nicht, als er von „jedes Jahr 500.000 Menschen“ sprach, die dazu kämen – bundesweit natürlich, nicht im Kreis. Was Wondra allerdings nicht erwähnte. „Ein Zeichen für bestmögliches Ankommen – wenn das kein Pull-Faktor ist!“, rief Gerd Unterforsthuber (AfD) dann noch einmal dramatisch in die stille Kreisaula. Und keine Wimper zuckte.

Nun wurde in der jüngsten Vergangenheit schon zu Recht viel über mögliche Pull-Faktoren diskutiert, die Deutschland für Migranten attraktiv machen. Ein Ergebnis war, dass die Behörden die monatlichen Barzahlungen auf die Bezahlkarte für Geflüchtete umstellen wollen – und der Landkreis Germersheim mit seiner Forderung nach einer solchen Karte gemeinsam mit Pirmasens sogar Vorreiter in Rheinland-Pfalz war.

Nach der Kreistagssitzung ist vor der nächsten

Ob aber nun die Kunde von einer – eher symbolischen – Willkommensnote eines Kreistags im ländlichen Raum wirklich auf die Flüchtlingsboote dringt ...? Ob der Verweis darauf, dass Asylsuchende im Kreis gut ankommen sollen, tatsächlich Menschen dazu bewegt, in Syrien, Afghanistan oder dem nördlichen Afrika aufzubrechen und sich auf den langen Weg zu machen ...? Ziemlich sicher nicht. Zumal der Kreis in dieser zarten Note keine Luxuswohnungen verspricht, keine Extra-Zahlungen und auch nicht zusagt, mehr Geflüchtete aufzunehmen, als ihm nach dem Königsberger Schlüssel zugeteilt werden.

Entsprechend fiel das Ergebnis der Abstimmung aus: Die acht AfD-Kreistagsmitglieder sprachen sich für die Rücknahme aus. Der Rest lehnte dieses Vorgehen ruhig und geschlossen ab. Aber nach der Kreistagssitzung ist ja vor der nächsten. Die steht im Dezember an. Bis dahin kann sich die AfD-Fraktion ja vielleicht ein wirkliches kommunales Thema überlegen (nein, das war auch die Kritik an der Energie-Strategie des Landkreises nicht). Und dann wird sich wieder der Landrat äußern – der dann aber nicht mehr Fritz Brechtel, sondern Martin Brandl heißen wird.

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