Germersheim Woche der Militärmusik: Tradition der Militärmusik wird gefeiert

Gehörten fest ins Stadtbild: Militärmusiker im Jahr 1914.
Gehörten fest ins Stadtbild: Militärmusiker im Jahr 1914.

Militärmusiker gehörten zum alltäglichen „Klangbild“ der Stadt und waren bei Festen unverzichtbar. Trotz ihrer großen Bedeutung mussten sie zeitweise weit vor den Toren der Stadt üben, so dass eine Straße in späteren Jahren den Namen „Trommelweg“ erhielt. In der aktuellen „Woche der Militärmusik“ wird an die musikalische Historie erinnert.

Musste man bei der feierlichen Grundsteinlegung zum Bau der Festung noch auf auswärtige Militärmusiker zurückgreifen, so dürften die ersten Spielleute mit zunehmendem Baufortschritt gemeinsam mit den in Germersheim in Garnison liegenden Regimentern und Militärabteilungen eingezogen sein. Doch wer annimmt, die uniformierten Musiker hätten nur dafür gesorgt, mit schmetternden Klängen klobige Soldatenstiefel im Gleichschritt zu halten, der irrt: Das Repertoire war wesentlich breiter und die musikalische Zusammenarbeit mit der Zivilbevölkerung vielschichtiger als man zunächst annehmen möchte. Als man im April des Jahres 1850 beispielsweise die neue Wirtschaft zur „Rheinlust“ einweihte, intonierte die „Regimentsmusik des 5ten Infanterie-Regiments“ die hierzu passenden Weisen, wie die Tagebücher der Festungskommandantur aus jenen Tagen festgehalten haben.

Oberleutnant Mattenheimer schuf später in seiner dienstfreien Zeit eine Reihe von kolorierten Zeichnungen, in denen er eine Auswahl von Ansichten seiner Garnisonsstadt festhielt. Bei der Darstellung des Königsplatzes, wo der Zeichner eine Militärparade vor dem Festungskommandanten zu Papier brachte, wurde auch die angetretene Militärmusik im Bild festgehalten. Diese zählte damals etliche Soldaten, welche überwiegend auf Holz- und Blechblasinstrumenten spielten, im Rhythmus gehalten von Trommeln und Becken sowie vom dirigierenden Musikmeister.

Militär und Zivilbevölkerung musiziert gemeinsam

Die Regimentsmusik nahm von Anfang an einen wichtigen Stellenwert in Germersheim ein. Sie umrahmte nicht nur militärische Veranstaltungen wie Paraden oder öffentliche Aufführungen beim Geburtstag des Königs und gab diesen damit ihr festliches Gepräge. Oft standen die Musiker eines in Regiments auch für Veranstaltungen zur Verfügung, die nicht auf dem militärischen Dienstplan verzeichnet waren. So ergaben sich bereits in den 1880er Jahren eine Reihe von konzertanten Aufführungen, die im Zusammenwirken des Männerchors „Lyra“ und der Kapelle des Zweiten Bayerischen Fuß-Artillerie-Regiments ihren Ausdruck fanden. Die gedruckten Programme, die sich in den Akten des Vereins bis heute erhalten haben, weisen darauf hin, dass musizierende Soldaten und singende Zivilisten schon lange im Vorfeld der Veranstaltung gemeinsame Proben zu absolvieren hatten und viel Zeit dafür investieren mussten. Aber offenbar verband die Musik über Grenzen hinweg und es herrschte große Harmonie zwischen Soldaten und Zivilisten, denn als der Chor im Juli 1883 in der Wirtschaft zum „Hasengarten“ sein drittes Stiftungsfest feierte, vermerkte man auf dem Programmzettel: „Die Musikpiecen werden von der vollständigen Kapelle des II. Fuß-Artillerie-Regiments unter Leitung ihres Musikmeisters, Herrn Lemnitz, theils mit Blas-, theils mit Streichmusik ausgeführt“. Mit der Zeit wagte man sich musikalisch auch an größere Literatur heran, denn im April des Jahres 1885 stand Haydns „Schöpfung“ auf dem Programm, die von den Männern des Gesangvereins „Lyra“ und den Soldaten der Kapelle des II. Fußartillerie-Regiments in der „Militär-Reitschule“ nächst der Stengelkaserne zu Gehör gebracht wurde. 1886 gar standen ein Chor und die Ouvertüre aus Richard Wagners Oper „Thannhäuser“ auf dem Programm eines Konzerts, das die „Lyra“ zusammen mit der Kapelle des II. Fuß-Artillerie-Regiments im Saal des „Pfälzer Hofs“ gab.

Das Konzert im Jahr 1914 an Pfingsten fand großen Anklang.
Das Konzert im Jahr 1914 an Pfingsten fand großen Anklang.

Erster Weltkrieg läutet das Ende ein

In das Jahr 1883 fällt die Gründung der Germersheimer Stadtkapelle durch Josef Braun. Auch hier war der Einfluss der Militärmusik spürbar, denn Braun war 1861 in das Regiment in Würzburg eingetreten und hatte es nach kurzer Zeit zum Musikleiter des Regiments gebracht, das 1869 nach Germersheim versetzt wurde. Auch Erich Holtz, dem 1954 die Leitung der Stadtkapelle übertragen wurde, kam ursprünglich aus dem Bereich der Militärmusik. Mehrere namhafte Militärmusiker standen in bayerischer Zeit an der Spitze der Militärmusik der Festung Germersheim, wie die Musikmeister Zipplis und Weiß. Der bayerische Prinzregent Luitpold zeichnete im Jahr 1888, anlässlich seines Besuchs in Germersheim Musikmeister Zipplis für die geleistete Arbeit mit der bayerischen Verdienstmedaille aus. Die Militärmusik war bis zum Ersten Weltkrieg aus dem kulturellen Leben der Garnisons- und Festungsstadt nicht mehr wegzudenken und alte Zeitungsanzeigen belegen, dass die Kapelle des damaligen „Hausregiments“, der „17er“, es sich nicht nehmen ließ, Theatervorstellungen musikalisch zu umrahmen und auch bei Faschingsveranstaltungen im Saalbau, damals Germersheims „guter Stube“, für Tanzmusik zu sorgen.

„Woche der Militärmusik“ ab heute in Germersheim

An Ostersonntag des Jahres 1914 wurde eine Theater- und Musikveranstaltung im Saalbau geboten. Hierzu war im „Germersheimer Wochenblatt“ zu lesen: „Die große Fest-Vorstellung am Ostersonntag bringt wohl das Großartigste, was hier überhaupt geboten werden kann: Konzert unserer beliebten Kapelle vom 17. Infanterie-Regiment „Orff“ unter persönlicher Leitung des Herrn Königlichen Obermusikmeisters Weiß mit einem ausgesucht schönen und künstlerischen Programme“. Mit dem Osterfest begannen damals auch wieder die Platzkonzerte, die in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu den regelmäßigen Aufgaben der Militärmusiker zählten. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 ging diese Epoche in Germersheims Rolle als Garnisonsstadt abrupt ihrem Ende entgegen und die Militärmusiker mussten anstatt zur Unterhaltung ihrer Zuhörer zum Sturm auf feindliche Linien blasen. Vier Jahre später hatte das 17. Infanterie-Regiment aufgehört zu existieren und die sonntäglichen Standkonzerte der goldenen Friedensjahre waren ebenfalls längst Geschichte.

Info

Bis zum 16. Mai wird die „Woche der Militärmusik“ gefeiert. Am heutigen Montag, 13. Mai, 18 Uhr, beginnt die Veranstaltungsreihe mit einem Sternmarsch auf dem Paradeplatz. Eintritt frei. Am Dienstag, 14. Mai, 19.30 Uhr, ist ein Konzert des Luftwaffenmusikkorps Münster in der Stadthalle. Der Eintritt liegt bei 18 Euro. Das komplette Programm gibt es unter www.germersheim.eu

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