Kreis Kaiserslautern Eingekreist:

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Wenn der Herbst naht und die Blätter fallen, hebt die Zeit des Abschieds an. Die Haushaltspläne werden verabschiedet, wobei die Einmütigkeit der Gremien gewöhnlich einhergeht mit allseitigem Trara um die schier ausweglose Knappheit der Mittel. Die von Nachwuchssorgen zermürbten Gesangvereine geben Abschiedskonzerte; ehrgeizige Eltern müssen sich mählich von allzu hoch gesetzten Hoffnungen auf die Schulerfolge ihrer Sprösslinge verabschieden. Aufbruchstimmung allenthalben, versüßt bestenfalls durch die Wiederkehr jener Schnapskirschen, die aus Frische- und Marketinggründen über Sommer aus den Regalen der Supermärkte verschwunden waren. Dort werden sie jetzt direkt neben − Gottlob frühzeitig eingeräumtem! − Adventsgebäck, Christstollen und weihnachtlichem Naschwerk platziert. Derlei Rituale werden alle Jahre wieder aufs Neue zelebriert, wie auch die Straßenverkehrsbehörden ihre Bauprojekte noch rasch unter Dach und Fach bringen, für eventuelle Beeinträchtigungen des Verkehrsflusses um Verständnis bitten und bei der Abschätzung ihrer Termin- und Zeitpläne den Zusatz anfügen: „gute Witterung vorausgesetzt“. So wiederholt sich immerdar das eine und das andere. Im Herbst färbt sich das Laub und im Winter fällt Schnee. Überforderte Streudienste, Verspätungen und Ausfälle im Öffentlichen Personen-Nahverkehr sowie Unfälle aufgrund glatter Reifen und überfrierender Nässe sind für denkende, vernunftbegabte Wesen daher überwiegend unverständlich. Denn die Rutschgefahr ist ebenso zu erwarten wie der Winter. Es tritt ja auch keine(r) in Badekleidern vor die Haustür, wenn der Kalender auf Oktober oder November steht. Wer spärlich oder gar nicht bekleidete Menschen betrachten möchte, muss ab jetzt vom Badestrand in die Kfz-Werkstatt ausweichen, wo seit altersher die aus Aktaufnahmen bestehenden Fotokalender jenes italienischen Reifenherstellers zur Schau gestellt werden, der unlängst an chinesische Käufer überging. Mit den Nackedei-Neckereien des Pneu-Produzenten aus Mailand schlagen wir die Brücke ins Westpfälzische, genauer gesagt zur hier tätigen Wächterin über männliche und weibliche Nacktheit, Entlohnung und Chancengleichheit. Nach fast 30-jähriger Amtszeit geht die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Kaiserslautern, Elvira Schlosser, in den Ruhestand. Obwohl sie ihre Geschlechtsgenossinnen zu Selbstbewusstsein aufruft, mag sie ihr eigenes Lebensalter nicht in der Zeitung lesen. So wollen wir an dieser Stelle nur verraten, dass zum Zeitpunkt ihres Eintritts in den öffentlichen Dienst verheiratete Frauen noch der Zustimmung ihres Ehemanns bedurften, wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollten. Erst 1958 war das „Gesetz zur Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts“ in Kraft getreten. 1979 wurde der Mutterschaftsurlaub eingeführt, 1996 der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, 1999 das „Gender Mainstreaming“, 2002 das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“. Elvira Schlosser , die ihr Amt zum 1. Oktober 1986 übernahm, hat ihre Aufgaben stets sehr ernst genommen und mit der ihr eigenen Tatkraft ausgefüllt. Die Gleichberechtigung der Geschlechter war und ist ihr eine Herzenssache, für die sie mit Energie und Entschlossenheit eintritt − auch wenn männliche Kreistagsmitglieder und/oder RHEINPFALZ-Redakteure ihre Beharrlichkeit mitunter belächelten. Dafür gebührt dieser Frau großer Dank und tiefe Anerkennung. Elvira Schlosser hat für unseren Landkreis mehr getan als manche(r) Politiker(in). Sie ist eine der verdienstvollsten und wirkmächtigen Persönlichkeiten im Lauterer Land. Sie geht einer sehr, sehr wichtigen Arbeit nach. Gleiches gilt für den scheidenden Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau, Werner Holz. Der SPD-Mann wollte in diesem Herbst ohnehin mit 63 Jahren in den Ruhestand gehen. Dass sein Abschied mit so viel Palaver, Kabalen und Missklang über die Bühne gehen würde, hat er sicherlich selbst nicht erwartet. Der Bürgermeister in der VG Bruchmühlbach-Miesau hieß fast schon immer Holz. Von 1972 bis ’82 hatte Peter Holz das Amt inne, seit 1990 dann Sohn Werner. Der musste kurz vor Ende seiner Laufbahn die Kröte schlucken, dass nicht seine Wunschkandidatin, sondern ausgerechnet der Herausforderer der CDU das Rennen um seine Nachfolge machte. Das im Vorfeld und danach bereits hinlänglich referierte Gezerre um die Kommunalreform geriet zur nicht enden wollenden Debatte um die Zukunft der Verbandsgemeinde zwischen Eigenständigkeit, Eingliederung, Zusammenlegung und Abtrennung vom Landkreis. Als wäre dies nicht schon verworren und erregend genug, dehnten die Parteien den Zwist auf Nebenschauplätze aus, deren Bogen sich von der Müllabfuhr über Autonummernschilder und ärztliche Versorgung bis hin zum Bürgerentscheid spannte. Mittendrin stets Werner Holz, taktierend und paktierend, wortgewandt und rechtskundig, streitbar und fintenreich, auf die Dauer aber sichtlich ermüdet und ebenso augenscheinlich verbittert. Vielleicht mag er sich trösten mit einem Sinnspruch des großen, 1,68 Meter langen Kaisers der Franzosen: „Die Nachwelt“, so konstatierte einst Napoleon, „richtet nur nach Taten“.

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