Kreis Kaiserslautern Kompromissloser Malocher

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Er ist zweifellos der Neuzugang in der Kulturszene der Barbarossastadt: James Sutherland. Seit Beginn der Spielzeit im September ist er offiziell Ballettdirektor am Pfalztheater, war jedoch bereits vor Jahresfrist am Musentempel beschäftigt.

„Choreographer in Residence“ durfte er sich damals nennen, zusammen mit seiner Kollegin Katrin Hall aus Island. Dass er schließlich den Vorzug bei der Neubesetzung des Ballettchefpostens am Pfalztheater erhielt, ist wohl seiner choreographischen Handschrift zu verdanken. Denn Sutherland vertritt modernes Tanztheater, ohne allerdings allzu sehr in Extreme zu gehen. Wie auch immer begeisterte sein Ballettabend „Romeo & Julia“ im Februar Publikum wie Kritik, was denn auch auf seine aktuelle Produktion „Same Time Tomorrow“ zutrifft, die noch auf der Werkstattbühne zu sehen ist. War das Stück mit der Musik Tschaikowskis noch ein Handlungsballett, so ist „Same Time Tomorrow“ ein „freies Thema“, ein Sinnieren über Geschlechterrollen und den Umgang der Menschen miteinander. Beide Produktionen leben von der „Körper-Sprache“, mit der sich Sutherland ausdrückt. Tänzer sind dabei so etwas wie der Sprechapparat, über den er sich mitteilt. Dies ist keineswegs abwertend gemeint, vielmehr steht und fällt mit der Qualität der Truppe seine Ausdrucksfähigkeit, so Sutherland. Dabei schont er seine Tänzer ebenso wenig, wie sich selbst. „Man muss brennen für den Tanz“, ist das Credo des 60-jährigen Schotten, der selbst nicht selten die Probebühne entert, um seiner Crew den richtigen Ausdruck, die richtigen Formen vorzuexerzieren. So ein bisschen ist er dabei der Typ „Malocher“, einer, der kompromisslos ist in seiner Arbeit und sich selbst für nichts zu schade. Der Umbruch vom eher klassisch inspirierten Ballett seines Vorgängers Stefano Giannetti hin zum zeitgemäßen Tanztheater lässt sich dabei auch in der Compagnie selbst feststellen: Neun von 13 Tänzern wollten – und konnten, auch aus physischen Gründen – den neuen Kurs nicht mittragen und verließen das Haus, aus freien Stücken, wie Sutherland betont. An Bewerbern für die Vakanzen habe es ihm nicht gemangelt, fährt der Schotte fort, er habe aus Hunderten Anfragen rund 60 für ein zweitägiges Vortanzen eingeladen und dann seine Wahl getroffen. Ein Mammutwerk hat er sich mit seiner Mannschaft im kommenden Frühjahr vorgenommen: Nichts weniger als den ewigen Zyklus des Lebens will er im Großen Haus darstellen, zur Musik von Arvo Pärt, Philipp Glass, Samuel Barber und Benjamin Britten. Premiere soll, kein Scherz, am 1. April sein. |faro

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