Kreis Kaiserslautern Niedermohr: Umweltphysikerin Helene Hoffmann berichtet von Forschungsarbeit in Antarktis

Positiver Nebeneffekt der immer längeren Nächte sind faszinierende Polarlichter.
Positiver Nebeneffekt der immer längeren Nächte sind faszinierende Polarlichter.

„Ich fülle Luft in Flaschen und wechsle täglich den Staubsaugerfilter!“ Wenn Helene Hoffmann scherzhaft und sehr vereinfacht ihre Aufgaben auf der Neumayer-Station 3 in der Antarktis umreißt, klingt dies fast nach einem Job als Raumpflegerin. Doch freilich hat ihre Arbeit einen ernsten wissenschaftlichen Hintergrund: Durch ihre Forschung will die Umweltphysikerin aus Niedermohr dazu beitragen, dass wir unser Klima besser verstehen lernen. Dazu überwintert sie am Südpol und nimmt freudig so manche Strapaze auf sich.

„Die Antarktis ist eines der letzten wirklichen Reinluftgebiete der Erde, wo es noch möglich ist, ungestört die natürlichen Prozesse in der Atmosphäre zu untersuchen“, erläutert die 32-Jährige, die seit Mitte Dezember in der vom Alfred-Wegener-Institut betreuten Forschungsstation lebt. Obwohl von Haus aus Umweltphysikerin ist Hoffmann während ihrer Überwinterung als Luftchemikerin angestellt. Bei der Untersuchung der Atmosphäre spielten Langzeitbeobachtungen eine wichtige Rolle.

Treibhausgase und Rußkonzentration

„Damit diese Langzeitbeobachtungen, die teilweise seit den 1980er Jahren laufen, kontinuierlich weitergeführt werden können, braucht es eben auch im Winter jemanden, der sich darum kümmert. Und das ist dieses Jahr meine Aufgabe“, sagt die Niedermohrerin, die am Spurenstoffobservatorium der Station – kurz: Spuso – vielfältige Experimente durchführt und 17 Instrumente betreut und wartet. „Wir messen unter anderem die gängigen Treibhausgase wie CO2, Methan und Lachgas, den Partikelgehalt der Atmosphäre, also sozusagen den Staub, der in der Luft ist, und insbesondere die Rußkonzentration, aber auch Spurenstoffe in der Atmosphäre, die zum Beispiel von Meeresalgen ausgedünstet werden. Die gefangenen Aerosole werden später in Bremerhaven analysiert. All diese Daten dienen letztendlich dazu, unser Klimasystem besser zu verstehen – sowohl was die Vergangenheit angeht, die wir aus Eisbohrkernen interpretieren, als auch für Prognosen künftiger Szenarien.“

1,5 Kilometer durch das Eis

Klingt spannend, doch das Ganze hat einen Haken: Damit das Observatorium wirklich nur reine Luft abbekommt, befindet es sich nicht direkt an der Neumayer-Station, sondern ist in einem Container 1,5 Kilometer südlich des Hauptgebäudes untergebracht. Und 1,5 Kilometer können in der rauen Antarktis sehr weit sein, denn sie müssen täglich per pedes zurückgelegt werden, da Fahrzeuge mit ihren Emissionen die Luft kontaminieren könnten. „Bei schönem Wetter ist der tägliche Gang zur Spuso ein entspannender Spaziergang von 20 Minuten mit Blick auf Eisberge und die faszinierende antarktische Landschaft“, sagt Helene Hoffmann. „Bei Sturm, Whiteout und Sicht von weniger als 50 Metern ist die Tour dagegen ein 45-minütiger Kampf gegen die beschlagende Skibrille, die einfrierende Gesichtsmaske und den Wind.“ Bei Schlechtwetter gebe es allerdings eine Handleine, die als Orientierung dient, sowie Funkgerät und GPS für den Notfall. „Bei solchem Wetter gehe ich auch nicht alleine“, betont sie. „Und wenn der Wind zu heftig wird, ist der Gang zur Spuso manchmal auch einfach nicht möglich.“ Am 21. März beispielsweise sei der Besuch des Observatoriums ausgefallen. „Da hatten wir den bisher schwersten Sturm des Jahres, zeitweise mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 150 Kilometern pro Stunde. Das ist, wie wenn man versuchen würde, auf der Autobahn bei -10 Grad und dichtem Schneetreiben auf einem Autodach zu stehen!“, beschreibt sie die Situation. „Laufen war da schlicht unmöglich, aber das Naturschauspiel war sehr beeindruckend.“

Minus 30,6 Grad

Während bei uns auf der Nordhalbkugel der Frühling begonnen hat, wird es in Hoffmanns neuer Heimat auf Zeit jetzt Herbst. Und der bringt bereits einen Vorgeschmack auf den Winter am Südpol. „Am Samstag hatten wir mit -30,6 Grad unsere bisher kälteste Nacht“, berichtet sie. „Die Nächte werden langsam länger, was uns aber immer öfter die Gelegenheit gibt, Polarlichter zu sehen. Die sind wirklich wunderschön!“, schwärmt sie und sieht allen Widrigkeiten zum Trotz in allem auch das Positive: Da die zunehmende Kälte Aktivitäten im Freien immer mehr einschränkt, bleibt Helene Hoffmann mehr Zeit, ihren Kollegen Paul Zabel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in seinem Gewächshaus Eden ISS zu besuchen. In der von deutschen Forschern entwickelten Testanlage für den Lebensmittelanbau im Weltall wurde Anfang April die erste Ernte eingefahren: 3,6 Kilogramm Salat, 70 Radieschen und 18 Gurken. In der von der Außenwelt unabhängigen Hightech-Anlage wird Obst und Gemüse bei künstlichem Speziallicht ohne Erde steril angebaut. Hoffmann schaut gerne dort vorbei: „Pauls Zabels Gemüse wächst ganz prächtig und bereichert unsere Mahlzeiten“, lacht sie. „Davon abgesehen hätte ich im Vorfeld nicht gedacht, wie gut es für die Stimmung ist, wenn man eine halbe Stunde von all diesen grünen Pflanzen umgeben ist und vielleicht noch beim Ernten helfen darf. Inmitten der übrigen Umgebung, die in ,fifty shades of white’ getaucht ist, bietet dieses einmalige Projekt eine sehr schöne optische Abwechslung. Und ich freue mich, daran teilhaben zu dürfen.“

Endlich mal was Grünes in all dem vielen Weiß: Helene Hoffmann bei der Salaternte im antarktischen Gewächshaus Eden ISS, einem P
Endlich mal was Grünes in all dem vielen Weiß: Helene Hoffmann bei der Salaternte im antarktischen Gewächshaus Eden ISS, einem Pilotprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.
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