Kreis Kaiserslautern „Rauchen verboten – sogar mit Bali-Zigaretten“

Geschichte und Kultur verbinden sich: Passend zur Blütezeit der hiesigen Tabakproduktion unterhält das Gesangsensemble der Kreis
Geschichte und Kultur verbinden sich: Passend zur Blütezeit der hiesigen Tabakproduktion unterhält das Gesangsensemble der Kreismusikschule mit flottem Swing.

„Swinging Bali“: Unter diesem Titel hat der CDU-Ortsverband Bruchmühlbach-Miesau am Freitagabend in den Fabrikräumen seines Ratsmitglieds Klaus Backes zu Ausstellung und Konzert geladen. Für die älteren Gäste war es eine Reise in die selbst erlebte Vergangenheit, für die Jüngeren eine unterhaltsame Lektion über die ehemalige Tabakindustrie im Westrich.

Rund 150 Männer und Frauen erwarten neugierig einen Abend, der die Geschichte ihrer Heimat auf unterhaltsame Weise mit Musik und Kultur verbindet. Sie werden nicht enttäuscht. Schon beim Eintritt in die große Werkshalle erwartet die Gäste eine kleine, aber liebevoll und informativ gestaltete Ausstellung über die Historie des Industriestandorts. Diese könnte wechselhafter kaum sein: Anfang der 1920er Jahre als Fahrrad-Fabrikation gegründet, zog 1925 in die heutigen Backes-Räume eine Filiale des Homburger Tabak-Unternehmens „Hewisa“ ein. Erste Eigentümerin dieser Firma war die Saarpfälzer Familie Friedhoff, die damals noch mehrere Tabak-Betriebe in Deutschland besaß. Bekannt in der Region wurde das Bruchmühlbacher Unternehmen jedoch unter dem Namen seiner späteren Besitzer, der Familie Eilebrecht. Diese hatte die Hewimsa AG, ein jüdisches Unternehmen, im Jahr 1936 wohl im Rahmen der Arisierungswelle „übernommen“. 1948 strengte der Kaufmann Adolphe Friedhoff jedenfalls im Namen seiner Familie eine Restitutionsklage gegen die Eilebrecht AG an, um eine Rückübertragung der Aktien zu erreichen. Dieses Verfahren zog sich, so die Angaben in der Ausstellung, bis Anfang der 1970er Jahre hin – aber schon im Jahr 1963 ging zumindest die Produktion in Bruchmühlbach zu Ende. Dennoch bleibt es ein dunkles Kapitel in der Unternehmensgeschichte, von der auch Bürgermeister Erik Emich (CDU) bei seiner Vorbereitung auf die Ausstellung „nur am Rande erfahren“ hatte. „Für mich ist es schon traurig zu sehen, wie solche historischen Tatsachen immer mehr in den Hintergrund der regionalen Geschichte treten“, sagt er. In der Blütezeit der Firma Eilebrecht hatten mehr als 300 Männer und Frauen aus der Region bei „der Duwak“ gearbeitet, in der als bekannteste Marke die Zigarettensorte Bali teils aus hiesigem Tabak produziert wurde (die RHEINPFALZ berichtete am Freitag). Die Ausstellung zeigt zahlreiche Dokumente, Fotos und bunte Werbemittel aus der damaligen Zeit. Das Material besteht vornehmlich aus Leihgaben der beiden Sammler Burkhard Gallei und Michael Czok, viele Fakten und Daten hat auch der frühere Ortsbürgermeister Harry Schäfer beigetragen. Besonders hübsch: Die Werbetafeln für die Bali-Zigarette im Stil der 1920er und 30er Jahre, oft verziert mit orientalischen Ornamenten. Das bunte Emaille transportierte sogar ernste Botschaften: „Rauchen verboten – sogar mit Bali-Zigaretten“ mahnte einst ein Schild die Arbeiter der Fabrik. Passend zu dieser Epoche unterhält das Gesangsensemble der Kreismusikschule mit flottem Swing. Derweil sitzen Marliese und Herbert Vogelsang draußen auf einer Bank. Das Ehepaar, das genau 63 Jahre miteinander verheiratet ist, hat einen großen Teil seines Arbeitslebens in der Tabakfabrik verbracht: „Ich habe von 1953 bis zu meiner ersten Schwangerschaft hier in der Zigaretten-Packerei gearbeitet“, berichtet Marliese, „dann wieder bis zum zweiten Kind im Jahr 1959.“ Zuvor hatte sie im Betrieb auch ihren späteren Ehemann kennen gelernt: „Ich kam damals als Monteur nach Bruchmühlbach“, erinnert sich der gelernte Maschinenbauer, der aus dem Bergischen Land stammt. Als große Teile der Produktion in den 1960ern nach Berlin verlegt wurden, zogen die Vogelsangs mit und blieben bis 1972, dann war auch dort Schluss. „Ich fand neue Arbeit in Homburg und wir kehrten zurück“, erklärt Herbert Vogelsang. Beide erinnern sich gerne an ihre Arbeit in der Zigaretten-Fabrik: „Ich verdiente schon zu Anfang rund 200 Mark im Monat“, berichtet Marliese Vogelsang, „das war in der damaligen Zeit ein sehr guter Lohn, vor allem für eine Frau.“ Während die Gäste noch in der Vergangenheit schwelgen, schmiedet Hausherr Klaus Backes Pläne für die Zukunft. „Wir wollen uns hier am Standort noch einmal vergrößern, planen den Neubau einer Produktionshalle“, verrät der Gründer und Seniorchef des Maschinenbauers. Außerdem denkt er über die nächste Feier nach, die im Herbst auf dem Firmengelände steigen könnte: „Dann ist es genau 25 Jahre her, seit ich diese Halle von der Liegenschaftsverwaltung des Bundes gekauft habe.“

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