Kreis Kaiserslautern Von Bauwut kann keine Rede sein

Trippstadts Ortsbürgermeister Manfred Stahl sieht im Neubaugebiet Heidekopf eine intelligente Nutzung entlang vorhandener Infras
Trippstadts Ortsbürgermeister Manfred Stahl sieht im Neubaugebiet Heidekopf eine intelligente Nutzung entlang vorhandener Infrastruktur.

Ist in den Gemeinden des Landkreises Kaiserslautern „die Bauwut ausgebrochen“? Weisen die Kommunen zurzeit massenhaft Neubaugebiete aus, ohne die schlimmen ökologischen Folgen eines ungehemmten Flächenverbrauchs zu beachten? Diese Kritik äußerte der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) mit einer Pressemitteilung Ende Juli. Die RHEINPFALZ befragte drei Ortsbürgermeister, die von den Naturschützern unmittelbar ins Visier genommen wurden. Sie begegnen der Kritik mit zahlreichen Gegenargumenten.

Für den BUND ist die Sache klar: Seit ungefähr einem Jahr ist im Landkreis Kaiserslautern „die Bauwut wieder ausgebrochen“. Habe es früher bei der Ausweisung von zusätzlichen Neubaugebieten wenigstens „eine gewisse Abwägung“ in der Rahmenplanung gegeben, würden derzeit in vielen Gemeinden neue Bebauungspläne für die „großflächige Einfamilienhaus-Bebauung“ verabschiedet, kritisiert die Naturschutz-Organisation in einer Pressemitteilung (wir berichteten am 27. Juli). Die negativen Folgen dieses „ausufernden Flächenverbrauchs“ lägen auf der Hand: Weniger Platz für Natur- und Artenschutz, für nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, mehr Investitionen in teure Infrastruktur, mehr Individualverkehr. „Verantwortliche Politik“ dürfe „so nicht gestalten“, kritisieren die Umweltschützer. Und sie nennen namentlich die Gemeinden Lambsborn, Bruchmühlbach-Miesau, Trippstadt und Enkenbach-Alsenborn als negative Beispiele im Landkreis Kaiserslautern. Bei deren Ortsbürgermeistern stoßen diese Vorwürfe auf wenig Verständnis. „Bevor man eine solch pauschale Kritik äußert, sollte man sich schon die Mühe machen, die jeweilige Situation vor Ort zu recherchieren und mit den Entscheidungsträgern vor Ort zu sprechen“, findet Manfred Stahl, Ortsbürgermeister von Trippstadt. Er legt nämlich Wert darauf, dass gerade sein Gemeinderat in Sachen Baupolitik das Ziel „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ besonders ernst nimmt: „Bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans wurden 2009 alle Leerstände und Baulücken erfasst, die theoretisch als Wohnflächen im Innenbereich der Gemeinde nutzbar sind.“ Aber viele dieser Bauplätze blieben leider „theoretisch“, bedauert FWG-Mann Stahl. Die Gründe dafür seien vielfältig, sie reichten von „fehlender Verkaufsbereitschaft der privaten Eigentümer“ über „unterschiedliche Preisvorstellungen“ bis zu oft „mangelhafter Bausubstanz“, bei der sich die Modernisierung nicht lohne. Sehr praktisch sei dagegen das Interesse, vor allem junger Familien, an verfügbaren Bauplätzen: „Trippstadt ist eben ein sehr attraktiver Wohnort mit einer guten Infrastruktur, einer privilegierten Lage im Pfälzerwald und der Nähe zum Oberzentrum Kaiserslautern“, fasst Stahl zusammen. Deshalb habe die Kommune aktuell im Ortsteil Heidekopf ein Neubaugebiet mit einer Fläche von 2,8 Hektar und 28 Baugrundstücken ausgewiesen. Und zwar unmittelbar entlang einer neuen Straße, die der Landesbetrieb Mobilität ohnehin dort bauen werde, um eine gefährliche Kreuzung zu entschärfen. Deshalb könne hier von einem „wilden Flächenverbrauch“ keine Rede sein, eher von einer intelligenten Nutzung entlang vorhandener Infrastruktur. „Insgesamt treffen die Vorwürfe des BUND für unsere Gemeinde nicht zu“, fasst Stahl seine Meinung zusammen. Ganz ähnlich sieht das Klaus Neumann, Ortsbürgermeister von Bruchmühlbach-Miesau. Bereits im Herbst 2014 habe sein Gemeinderat beschlossen, in Bruchmühlbach ein Neubaugebiet namens „Pfuhläcker-Zwerchfeld“ auszuweisen, im Dezember vergangenen Jahres beschloss der Gemeinderat das Gestaltungskonzept. „Es bietet rund 100 Bauplätze, wird aber in Teilabschnitten – abhängig von der Nachfrage – erschlossen“, berichtet der SPD-Mann. Allerdings sei die momentan „sehr groß, nachdem die Ortsgemeinde bereits vor Monaten ihre letzten freien Baugrundstücke im Ortsteil Bruchmühlbach veräußert hat.“ Im Übrigen werde dieses Baugebiet zum ersten Mal von einem „privaten Erschließungsträger“ zur Baureife gebracht, wodurch der Kommune weniger Kosten entstünden. Ganz anders sehe es dagegen im Ortsteil Miesau aus, erklärt Neumann: „Weil hier in den letzten Jahren keine freien Bauplätze zur Verfügung standen, wurden von Interessenten etliche alte Gebäude aufgekauft, abgebrochen und neue Häuser mitten im Dorfgebiet errichtet.“ Diese „nicht unangenehme Entwicklung“ sei allerdings inzwischen „weitgehend ausgereizt, weil es bei uns praktisch keine Leerstände mehr gibt“, fügt Neumann hinzu. Im Übrigen müsse man „einer Großgemeinde wie Bruchmühlbach-Miesau mit rund 7500 Einwohnern auch zugestehen, dass sie sich weiterentwickeln darf.“ Insgesamt fühle er sich vom Vorwurf des BUND – „verantwortliche Politik darf so nicht gestalten“ – „als Vertreter der Ortsgemeinde nicht angesprochen.“ Sogar vier aktuelle und ein künftiges Neubaugebiet zählt Jürgen Wenzel, Ortsbürgermeister von Enkenbach-Alsenborn, auf dem Gebiet seiner Gemeinde: An der Grünstadter Straße sollen zehn Häuser entstehen, im „Wohnpark an der Kinderlehre“ sind von 15 Bauplätzen schon neun verkauft, am Mühlberg sollen bis zu zwölf und im Baugebiet „Haarspott 2“ sogar rund 60 neue Bauplätze ausgewiesen werden. „Und im September beginnt das Planverfahren für den Wohnpark an der Friedrich-Ebert-Straße,“ erläutert der Christdemokrat, „hier handelt es sich aber um einen Innenbereich, der erschlossen wird.“ Diesen Vorhaben stünden zurzeit eine Warteliste mit 88 Bauwilligen gegenüber, rechnet Wenzel gegen. Sein Fazit: „Offenbar ist unsere Gemeinde ein attraktiver Wohnort, vor allem für junge Familien.“ Trotzdem weist auch der Enkenbach-Alsenborner Bürgermeister die BUND-Kritik, die Gemeinden handelten mit ihren Bauplänen unverantwortlich, vehement zurück. „Mit der Konzentration auf die Baugebiete und einer gezielten ökologischen Entwicklung werden klimaschädliche Emissionen sogar reduziert, zum Beispiel durch einen verringerten Pendlerverkehr“, findet Wenzel. „Zudem werden für die beanspruchten Bauflächen neue Ausgleichsmaßnahmen geschaffen“, schreibt der Christdemokrat den Naturschützern ins Stammbuch. Und in diesen Bereichen könne sich „die Natur freier entfalten“ als auf den bisher oft landwirtschaftlich genutzten Flächen.

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