Kreis Kaiserslautern Wallonenstadt als Lebenselixier

Kandidiert zumindest noch für den Kreistag: Stadtbürgermeister Martin Müller.
Kandidiert zumindest noch für den Kreistag: Stadtbürgermeister Martin Müller.

«Otterberg.»Die Verwaltungsabläufe, denen Spötter ohnehin bedächtig mahlende Mühlen unterstellen, wirken im Otterberger Rathaus zwischen den Jahren noch geruhsamer. Keine wartenden Bürger, keine vorbeihuschenden Sekretärinnen, der Vorrat an gelben Säcken aufgebraucht wie immer. Inmitten dieses Horts beamteter Beschaulichkeit scheint nur einer zu rackern: Der Stadtbürgermeister und VG-Beigeordnete Martin Müller geht wuselig und wieselflink, beflissen und geschäftig seiner Arbeit nach wie eh und je.

Oberster Repräsentant der Wallonenstadt ist der Sozialdemokrat seit 2008 – ehrenamtlich. Das Hauptamt des Verbandsbürgermeisters übernahm er 2010 in Personalunion. Für normalbürgerliche Laien wird die Laufbahn des Martin Müller jetzt kompliziert: Bei Inkrafttreten der Fusion von Otterbach und Otterberg wurde er – wie gesetzlich vorgegeben – zunächst hauptamtlicher Beigeordneter. „Als solcher bin ich ja schon seit dem 1. Januar 2018 Pensionär“, beginnt er das Gespräch mit der RHEINPFALZ – und erklärt geduldig zum x-ten Mal die per Fusionsgesetz geregelten Fristen und Amtszeiten. Jedenfalls ist er jetzt ehrenamtlich sowohl als Stadtoberhaupt wie als Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg tätig. Mit Ablauf der laufenden Legislaturperiode im Frühjahr will er beide Ämter aufgeben. Die Entscheidung dürfte dem dann 57-Jährigen nicht leicht gefallen sein. Eine Rolle mag sein Abschneiden bei der Landratswahl vor zwei Jahren spielen, als er dem CDU-Bewerber Ralf Leßmeister im Stichentscheid um gerade mal 6,4 Prozentpunkte unterlag. Außerdem gab es einen leichten Herzinfarkt, von dem kaum jemand etwas mitbekam, weil Müller unmittelbar nach der Klinikbehandlung schon wieder am Schreibtisch saß. Kein Zweifel: Otterberg ist für den hier geborenen Verwaltungsmann, der auch seine Profession in der Heimatstadt gelernt hat, Lebenselixier und Lebensaufgabe. Sein beruflicher Aufstieg führte ihn für etliche Jahre ins thüringische Zeulenroda und ins Mainzer Umweltministerium, aber sein Herz schlägt für die Wallonenstadt. Martin Müller, so scheint es, ist von Otterberg durchdrungen. Zu seinem 50. Geburtstag schenkte er der Stadt eine Amtskette für alle künftigen Bürgermeister. Das Wappentier Otterbergs, das Eichhörnchen, regte ihn zu einer wachsenden Sammlung von Figuren, Bildern und Püppchen des geschäftigen Nagers an. Er betrieb eine Reaktivierung der Kerwe, rüstete die Straßenlaternen auf LED-Technik um, war von Anfang an ein Befürworter der Fusion. Mal als Stadt-, mal als VG-Bürgermeister, mal in beiden Funktionen, widmete er sich dem Solarpark, der Haushaltskonsolidierung und Altstadtsanierung, der Runderneuerung von Alter Schmiede und historischem Rathaus, dem Busbahnhof an der IGS, der Ausweisung mehrerer Neubaugebiete, der Spielleitplanung, dem Naturschwimmbad und dem längst noch nicht abgeschlossenen „Sport- und Freizeitzentrum“ am nördlichen Stadtrand. Naturgemäß erntet ein Bürgermeister für derlei Projekte keineswegs nur Lob: Der Ton in den Ratssitzungen ist rauer geworden, die Bürger tragen ihre Erwartungen fordernder vor. Müller spricht in diesem Zusammenhang von „mangelnder Streitkultur“. Hinzu kommt, dass administrative Entscheidungen – nicht nur wegen der klammen Kassen – immer länger dauern: „Ich merke, dass ich zunehmend ungeduldiger werde mit den Mechanismen der Bürokratie und Behörden. Es dauert schlicht alles viel zu lange.“ Damit spricht Martin Müller vielen Bürgern aus der Seele. Sein hemdsärmeliges und kontaktfreudiges Auftreten wirkt weder gespielt noch aufgesetzt, seine unkomplizierte Bürgernähe nicht kalkuliert. Der Privatmann Müller – in zweiter Ehe mit einem „Meenzer Mädchen“ verheiratet, Vater dreier Töchter und inzwischen auch Opa – ist ein bodenständig-erdverbundener Naturliebhaber, der den Campingurlaub bevorzugt am Gardasee verbringt, Wasserski und Motorrad fährt, sein Brennholz selbst einholt und soeben für die Waldarbeit einen Traktor angeschafft hat. Zudem steht er regelmäßig in der Fastnachtsbütt, spielt Klarinette und hat zehn Jahre Klavierunterricht am Konservatorium genossen. Lange Jahre lieferte er als Mitglied diverser Kapellen die passende Melodie für Tanzveranstaltungen. Es bleibt also genug zu tun, selbst wenn Müller demnächst komplett ins Rentnerdasein wechselt. Die Suche nach einer beruflichen Neuorientierung scheint er keineswegs zu beenden. „Und von der politischen Bühne“, sagt er, „werde ich ja nicht komplett verschwinden, denn ich kandidiere 2019 für den Lauterer Kreistag.“

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