Kusel Defizite früh erkennen – aber nichts übereilen

Inka ist Vorschulkind und nässt sich nachts manchmal ein, Finn rennt wie von der Tarantel gestochen immer und immer wieder über den Schulhof. Müssen sich ihre Eltern sorgen? Der Kuseler Kinderarzt Alfred Konrad rät zur Gelassenheit – doch in manchen Fällen hilft nur die richtige Therapie. Konrad steht mit seiner Kollegin Martina Abelitis von der Reha Westpfalz in Landstuhl in der RHEINPFALZ-Sprechstunde am Mittwoch Rede und Antwort zum Thema Kinder mit auffälliger Entwicklung.

Kusel

. „Die meisten Eltern fragen sich, ob ihr Kind richtig entwickelt ist“, schildert Kinderarzt Alfred Konrad. Gerade bei den Vorsorgeuntersuchungen, den U-Untersuchungen, die bei Kindern zwischen Geburt und dem fünften Lebensjahr gesetzlich vorgeschrieben sind. Neun solcher Untersuchungen müssen Kinder in Deutschland bis zum Vorschulalter mitmachen. Zwischen zwölf und 14 Jahre folgt dann noch die „J 1“. Die U 10 und die U 11 werden laut Konrad bisher nur von wenigen Krankenkassen bezahlt und daher nicht von allen Kinderärzten angeboten. Bei den U-Untersuchungen wird neben Größe und Gewicht auch die körperliche und geistige Entwicklung beobachtet und in gelben Untersuchungsheften protokolliert. Die auffälligen DIN-A-5-Heftchen sind auch als Hilfe für andere Ärzte gedacht, etwa falls ein Kind ins Krankenhaus muss. Gut 100 U-Untersuchungen bewältigt die Kuseler Kinder- und Jugendarztpraxis, die Konrad gemeinsam mit Steffen Becker-Katins führt, im Monat. Dabei verschieben sich die Schwerpunkte mit der kindlichen Entwicklung. Während bei Neugeborenen hauptsächlich körperliche Aspekte wie Organe, Skelett und Motorik im Vordergrund stehen, sind bei Vorschulkindern zusätzlich noch Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsstörungen zu beachten – in Zusammenarbeit mit den Eltern. Die Reaktionen der Erwachsenen bei U-Untersuchungen in seiner Praxis seien völlig unterschiedlich, sagt Konrad: „Das geht von völlig unbeteiligt bis zu total angespannt.“ Ähnlich sei die Bandbreite, wenn mit Eltern die Diagnose ADS, Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, besprochen werden muss. Konrad: „,Ich war als Kind auch wild und lebhaft’, sagen da die einen, während andere gleich nach einer geeigneten Therapie fragen.“ Der Kinder- und Jugendmediziner rät Eltern jedoch zu mehr Gelassenheit. Manche Auffälligkeiten seien lediglich Entwicklungsverzögerungen – keine Störungen. Nicht immer sei es sinnvoll, Kinder unverzüglich zu behandeln und prompt zu Ergotherapeuten oder Logopäden zu schicken. „Manches, was dann als Behandlungserfolg gelobt wird, würde sich mit ein bisschen Geduld auch von selbst erledigen.“ Gerade um das zu unterscheiden und doch nichts zu übersehen, sei es wichtig, dass Kinder regelmäßig untersucht werden. „Wir untersuchen die Kinder um zu helfen, nicht um sie schlecht zu reden“, versichert Konrad. Doch das würden die Eltern nicht immer verstehen. Dabei sei es keinesfalls peinlich, wenn man mit seinem Kind in Behandlung müsse. Dazu arbeitet Konrad mit Unikliniken (bei schweren Störungen) und dem sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) der Reha Westpfalz in Landstuhl zusammen. „Rechtzeitige umfassende interdisziplinäre Diagnostik im SPZ“, so die leitende Ärztin Martina Abelitis, „kann zur Beruhigung der Eltern beitragen, aber auch vermeiden, dass wichtige Schritte zur Förderung der Entwicklung des Kindes versäumt werden.“ In der Sickingenstadt werden die Kinder nach ärztlicher Überweisung eingehend untersucht. Eine Behandlung kann dann in einer der Außenstellen des SPZ – etwa Kusel – erfolgen. Dort arbeiten Therapeuten verschiedenster Fachrichtungen (Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden, Heilpädagogen und Psychologen) zusammen mit dem Ziel, Kind und Familie bestmöglichst zu unterstützen. und zu begleiten. (bgi)

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