Kusel Ginsweiler: 70-Jähriger erfindet Aufsatz für Messer

Diethelm Rünger mit seiner Erfindung eines Messeraufsatzes und dem Team namens „Schreg“.
Diethelm Rünger mit seiner Erfindung eines Messeraufsatzes und dem Team namens »Schreg«.

Die Pizza ist schön kross, das Messer aber stumpf. Damit sich beim Schneiden bald niemand mehr abmühen muss, hat Diethelm Rünger aus Ginsweiler ein Hilfsmittel erfunden. Simply cut heißt der neue Aufsatz fürs Messer. Nach erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne sollen die Schneidehilfen in Produktion gehen.

Der 70-Jährige steht in den Startlöchern: „Die Entwicklung von simply cut ist fertig, der Hersteller bereit“, berichtet Rünger. Die Feinwerktechnik-Firma Hilgert in Finkenbach-Gersweiler solle die Schneidehilfen produzieren – den Sechserpack für acht Euro. Finanziert werde das Projekt über Crowdfunding. Die Kampagne starte am Dienstag, 21. August. Innerhalb von 30 Tagen solle in zwei Stufen die Marktfähigkeit des Produktes bewiesen und mit dem angestrebten Erlös ein Spritzguss-Werkzeug bezahlt werden. Beim Crowdfunding und der Vermarktung der Idee fand der gelernte Werkzeugmacher und Landwirt Unterstützung beim Bito-Campus in Meisenheim. „In einem RHEINPFALZ-Artikel las ich, dass am Bito-Campus bisher noch keine Projekte aus dem Kreis Kusel laufen.“ Daraufhin habe er sich dort gemeldet – mit Erfolg. „Es muss ja nicht gleich die Zehn-Millionen-Euro-Idee sein“, meint Campus-Leiter Richard Haxel, der sich für diesen Niedrigpreis-Artikel gleich erwärmen konnte. Unter den aktuell rund 15 Projekten am Bito-Campus sei simply cut das erste Start-up mit Crowdfunding.

Über das Internet soll simply cut bekannt werden

In puncto Vermarktung hatte Haxel eine zündende Idee: Er machte den Tüftler aus Ginsweiler mit jungen Leuten aus der „Generation Z“ bekannt, die mit digitalen Technologien groß geworden sind. Die Jungs zwischen 15 und 18 Jahre aus Meisenheim und Umgebung nennen sich „Schreg“ und sind am Bito-Campus bereits unter anderem als Youtuber und fürs Webradio aktiv. Ihr Auftrag: Über das Internet sollen Tim Rech, Janik Gillmann, Pascal Petras, Alexander Schäfer und Mick Leyendecker simply cut bekannt machen. „Wie man die jungen Leute anspricht, wissen wir ja“, sagt Tim Rech mit Blick auf bevorzugt genutzte Socialmedia-Kanäle wie Facebook, Instagram und Twitter. Das Vorstellungsvideo zum Produkt haben die Jungs von „Schreg“ bereits abgedreht. Zusammen mit der Gruppe besuchte Rünger auch einen Crowdfunding-Workshop. Noch seien die Fünf freiwillig für das Projekt im Einsatz, später wolle er den Aufwand auch finanziell belohnen, stellt der Erfinder in Aussicht. Bereits seit einigen Monaten treffe er sich regelmäßig mit den jungen Leuten. „Ich habe in einem dreiviertel Jahr so viel dazugelernt“, verrät der 70-Jährige, und die Jungs finden die Zusammenarbeit mit Rünger einfach „cool“.

Nach kurzer Zeit habe der Zeigefinger geschmerzt

Wo genau ihm die Idee mit simply cut vor knapp einem Jahr kam, das möchte Rünger nicht preisgeben. Es sei allerdings in keinem unbekannten Restaurant gewesen – also kein Einzelfall. Nach kurzer Zeit vor der knusprigen Pizza und mit stumpfem Messer habe der Zeigefinger, der auf den Messerrücken drücken musste, richtig geschmerzt, berichtet er. „Mir kam daraufhin die Idee, eine Druckfläche zwischen meinen Finger und den Messerrücken zu platzieren. Diese Druckfläche sitzt auf einem Clip, der auf den Messerrücken gesteckt wird.“ Für das Hilfsmittel habe er beim Deutschen Patentamt Design-Schutz angemeldet. Seine Idee präsentierte er zudem Markus Hilgert, dessen Firma im Donnersbergkreis er schon lange kennt. Für das acht Mitarbeiter zählende Feinwerktechnik-Unternehmen, zu dessen Kunden unter anderem BASF und Adient zählen, werde simply cut die erste Produktion aus dem Bereich Küche sein, wie Markus Hilgert berichtet. Zusammen mit Rünger entwickelte er die endgültige Form von simply cut. „Die Schenkel müssen federn und auf den Messerrücken passen“, weiß Rünger. In der Firma seien die ersten Prototypen bereits mit einem 3-D-Drucker ausgedruckt worden. Die Spritzgussteile sollen später mit einer umgebauten Kunststoff-Spritzmaschine hergestellt werden.

Zielgruppe sind insbesondere ältere Menschen und Kinder

Zielgruppe für die kleinen Kunststoffhelfer sind laut Rünger „alle, die nicht genug Druck beim Schneiden aufbringen können“. Dazu zählt er insbesondere ältere Menschen und Kinder. „Wenn wir in der Hauptzielgruppe ein paar Tausend erreichen, dann läuft’s“, prognostiziert Haxel den Erfolg. Gespannt erwarten die Gründer nun den Verlauf der Kampagne und die Rückmeldungen der Geber, die sich risikofrei beteiligen können. Wer sich mit sechs Euro beteiligt, erhält ein Sechserpack Schneidehilfen. Wer neun Euro gibt, bekommt sechs simply cut im Geschenkkarton. Für zwölf Euro gibt es ebenfalls den Sechserpack sowie ein Geschenk samt Karte. Konkret sollen damit im ersten Schritt des Crowdfundings 1500 und im zweiten 5000 Euro zusammenkommen. „Mit dieser Summe können wir das Werkzeug bei Hilgert umbauen sowie Herstellung und Versand abdecken“, kalkuliert Rünger. Zunächst sei die Produktion von 1500 Einheiten geplant. Der Plan sehe vor, im Herbst mit der Produktion loszulegen. Rünger: „Wenn die Kampagne Erfolg hat, müssen wir liefern!“ Sollte die angestrebte Summe jedoch nicht erreicht werden, bekommen die Leute ihr Geld zurück und simply cut ist Geschichte.

Rünger will nicht "das große Geld machen"

Simply cut ist freilich nicht die erste Erfindung von Diethelm Rünger. Er hat sich bereits ein Teil fürs Bungee-Jumping patentieren lassen und wurde mit „Kunst im Grünen“ über die Region hinaus bekannt. Dazu erfand er extra den Dimadolit, der während der Kunstaktion Bilder auf die Wiese bei Reipoltskirchen projizierte. Mit simply cut will Rünger nun keinesfalls „das große Geld machen“. Er gehe auch ohne Startkapital in die Vermarktung, stellt er klar. Spannend ist für Rünger, dass unterschiedliche Generationen an dem Projekt beteiligt sind. Vor allem aber möchte der Erfinder aus Ginsweiler sich mit simply cut auch sozial zeigen: „Den Sechserpack werden wir an Vereine anstatt der üblichen acht für nur drei Euro verkaufen“, kündigt Rünger an. Diese könnten die Schneidehilfen dann als lukrative Einnahmequelle für acht Euro weiterverkaufen. „Die Gewinnspanne, die normalerweise der Handel einsteckt, wollen wir komplett an die Vereine weitergeben“, betont er. Info

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