Kusel Theisbergstegen: Von Klapperstörchen und Kindern

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Dorfspaziergang: Wo in anderen Dörfern vom Aussterben geredet wird und junge Menschen eher aus- als einziehen, spricht man in Theisbergstegen vom Nachwuchs, Kindergarten, Grundschule – und Störchen. Der Zusammenhang ist zwar nicht belegt, aber immerhin gibt’s kaum Leerstände und nur noch wenige Bauplätze in dem Ort am Glan.

Das Wichtigste vorab: Zur Ortsgemeinde Theisbergstegen gehört neben dem gleichnamigen Ortsteil auch der Ortsteil Godelhausen. „Der muss unbedingt erwähnt werden“, hatte ein Anrufer schon Tage vor dem Dorfspaziergang die Redaktion ermahnt. So ganz verwunden scheint die Eingemeindung nicht – obwohl es schon fast 50 Jahre her ist. Beim Spaziergang, Gott sei Dank ein sonniger Herbstabend, spielt die einstige Trennung keine große Rolle; für jüngere Semester ist das eh kein Thema mehr. „Ein paar Frotzeleien bleiben aber nicht aus“, gibt Volker Theiß zu, „e bissl gepiekst werd’ noch.“ Der Rundgang startet am Feuerwehrhaus; in dem umgebauten Bauernhaus – früher mal ein Nebengebäude der alten Mühle – sind auch der Ratssaal, das Archiv und ein Probenraum für den Gesangverein untergebracht. „Das wurde alles in den Jahren 2006 bis 2008 saniert und der Hof gestaltet“, sagt Dieter Dick, der frühere Ortsbürgermeister. „Ist schon okay“, ergänzt sein Nachfolger Stefan Klein schmunzelnd, „viele große Projekte sind in Dieters Amtszeit gefallen.“ Klein ist im vergangenen Jahr gewählt worden. Tatsächlich hat sich seit 2005 viel in Theisbergstegen getan: Bahnsteig und Bahnhofumfeld wurden erneuert, der schon erwähnte Dorfplatz auf Vordermann gebracht, der Glan-Blies-Weg geschlossen, zwei Neubaugebiete erschlossen und die Flurbereinigung abgeschlossen. Alles ist im Ratssaal mit vielen Bildern gewissenhaft dokumentiert. Doch raus aus dem Saal und im Sonnenschein durch die Gemeinde! Vorbei am Kaufhaus Schöpper, dem einzigen Laden im Ort, geht′s zur Storchenvoliere der Storchenfreunde Glantal. Unterwegs erzählt Helga Lenhart, dass es weder eine Bäckerei noch eine Metzgerei im Ort gibt; ein Bäckerauto fahre das Dorf regelmäßig an. Zum Einkaufen geht’s je nach Vorliebe und Bedarf nach Kusel, Altenglan oder Glan-Münchweiler. Gerne auch mit Bus oder Bahn. Im Brühltal, so nennen die Einheimischen die Wiesen westlich des Glans, liegt das Storchengehege. Klein: „Hier kommen regelmäßig Gruppen her, und lassen sich Wissenswertes rund um die Störche erklären.“ In der großen Voliere sitzen einige Tiere, andere stehen darauf. Erwin Schöpper verrät: „In der Hochsaison sind hier zwischen 30 und 40 Störche – wenn die anfangen zu klappern, dann gehen Sie aber pfeilrecht aus dem Bett nach oben.“ Was der Verein leiste, ist aller Ehren wert. Im Winter reisen längst nicht alle Störche gen Süden. „Wenn ich immer ein Schnitzel auf dem Teller hätte, würde ich auch nicht weggehen“, sagt ein Mitwanderer. „Von den Störchen geht’s direkt zum Kindergarten“, sagt Dick: Denn auch in der Kita kann sich die Ortsgemeinde über Nachwuchsmangel nicht beklagen. 2011 ist die Einrichtung erweitert worden, jetzt steht wieder ein Container daneben. Man ist stolz auf den „Konsultationskindergarten“, den Erzieher und Pädagogen aus ganz Rheinland-Pfalz besuchen, um sich Anregungen zu holen. Carsten Schnitzer, mit Sohnemann Philipp unterwegs, ergänzt: „Hier gibt’s auch eine Waldgruppe, die das ganze Jahr über in der Natur unterwegs ist.“ Dann geht es an der Godelhauser Live-Bühne vorbei, an deren Bar im Keller der Autor nur äußerst verschwommene Erinnerungen aus Jugendzeiten hat, in Richtung Neubaugebiet. „Gelegentlich“, sagt ein Mitwanderer, finden in dem Gasthaus noch Musikveranstaltungen statt. Rechts der Straße fällt ein verwilderter Garten mit bunten Skulpturen auf. „Der gehörte dem verstorbenen Künstler Lothar Emrich“, schildert Theiß. Die Erben interessierten sich nicht für das Anwesen in Theisbergstegen, und Bemühungen der Kreisverwaltung, das Gärtchen mit den außergewöhnlichen Figuren und Stelen zu erwerben, seien im Sande verlaufen. Jetzt erobert sich die Natur den kleinen Park zurück. Hat auch einen gewissen Charme. Links und rechts neben der Straße liegen große Höfe, die von der bäuerlichen Vergangenheit künden, heute gibt es in Theisbergstegen laut Ortsbürgermeister Klein noch einen großen Betrieb. Nach einer Kehrtwende und einigen Minuten Gehzeit steht die Gruppe vor der Grundschule. Deren Schließung sei vor einigen Jahren diskutiert worden, doch gebe es nun ja genügend Nachwuchs, um den Standort zu erhalten. Volker Dick zeigt auf die andere Seite des Glans, über den „Stejer Friedhof“. Dort sind die Umrisse eines kleines Plateaus zu erkennen. Dick: „Dort ist nach Erdgas gebohrt worden. 2005 hat eine amerikanische Firma Erkundungsbohrungen durchgeführt.“ Bis in eine Tiefe von 1700 Metern wurde dabei gebohrt – zwar ist Erdgas gefunden worden, allerdings nicht in großen Mengen. Die Bodenproben lagern heute noch in Plastiktütchen im Archiv. Auf dem Weg zurück ans Feuerwehrhaus – mit kleinem Abstecher übers sogenannte Schuheck, wo früher einmal zwei Schuster wohnten – erzählen die Spaziergänger, dass ein klassisches Dorfgemeinschaftshaus nicht fehle: „Wir haben ja noch genügend Gastwirtschaften in der Ortsgemeinde.“ Und wenn man dort bei einem Bierchen zusammensitzt, ist es nun wirklich egal, ob man „Stejer“ oder „Godlshauser“ ist. Und dass es in einem Dorf zwei Kerben gibt, ist ja auch nicht schlimm... Info 95 Dörfer und drei Städtchen liegen im Landkreis. Von A wie Adenbach bis W wie Wolfstein machen wir uns auf, sie zu erkunden, uns ihre Besonderheiten zeigen zu lassen, Geschichte und Geschichtchen zu erfahren. Jeden zweiten Donnerstag erzählen wir aus einem anderen Ort. Daten und Fakten: Theisbergstegen Theisbergstegen in der Verbandsgemeinde Kusel liegt am Glan zwischen dem Remigiusberg im Nordwesten und dem Potzberg im Osten. Während der Ortsteil Theisbergstegen (ganz früher mit Deinsberg und Stegen selbst zwei Orte) im Jahr 992 erstmals urkundlich erwähnt wurde, reichen – zumindest die verbürgten – Godelhausener Wurzeln ins Jahr 1364 zurück. 1969 wurde aus den beiden Ortsteilen im Zuge der Kommunalreform die Ortsgemeinde Theisbergstegen neu gebildet. Um die 700 Einwohner leben in dem Dorf. (bgi)

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