Kommentar Glockengeläut: Weniger Sturheit, mehr Nächstenliebe

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Die sture Haltung zum Glockenläuten tut der Kirche nicht gut. Etwas mehr Offenheit würde nicht schaden.

Manchmal bedarf es nur eines kleinen Entgegenkommens. Doch die evangelische Kirchengemeinde St. Julian war dazu nicht bereit. Sie will kein Glockenläuten, wenn bei einer Trauerfeier in der Kirche ein freier Redner auftritt. Das kostet sie in diesem Fall gleich mehrere Kirchenaustritte. Und trifft auch noch die katholische Kirche – allerdings unverschuldet – mit.

Den Kirchen laufen die Schäfchen weg. Müsste sie sich nicht stärker nach dem Willen der Menschen richten, um den Trend aufzuhalten? Nein, sagen die Presbyter. Denn offenbar besteht die Sorge, dass immer seltener protestantische Pfarrer für Amtshandlungen gefragt werden. Es ist vielleicht die akute Angst vor weiterem Bedeutungsverlust, die das Presbyterium umtreibt. Auch wenn sich noch immer viele mit Herzblut engagieren – der Blick auf Kirchenbesuch und Mitgliederrückgang verheißt nichts Gutes.

Auf Linie bleiben, lautet also die Devise. Doch gehört zum protestantischen Profil nicht auch Großzügigkeit? Etwas mehr Nächstenliebe und etwas weniger Sturheit? Gerade in einem Trauerfall, wo Menschen besonders sensibel sind? Daher wäre es schön gewesen, wenn in St. Julian auch zu dieser Beerdigung die Glocken geläutet hätten. Denn vom Satan wird der Freund der Familie sicher nicht gepredigt haben!

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