Hintergrund Im Galopp mit dem Steckenpferd

 Parcours mit Steckenpferd - von links Levi Rhode, Nele Grimm, Sophie Grimm und Mariama Frauß.
Parcours mit Steckenpferd - von links Levi Rhode, Nele Grimm, Sophie Grimm und Mariama Frauß.

Schon immer liebten es Kinder, auf ihrem Steckenpferd zu reiten. Mittlerweile ist das Kinderspielzeug auch im Parcours anzutreffen. Als Hobby Horsing ist es auf dem besten Weg eine Trendsportart zu werden. Auch beim Kuseler Reitverein kann man sein Steckenpferdchen reiten.

Eine Adventsfeier für die Reitkinder, aber darunter so viele Anfänger, dass ein Programm mit den Schulpferden nur schwer auf die Beine zu stellen ist: Der Kuseler Reitverein hat dieses Problem gelöst mit der neuen Trendsportart Hobby Horsing, dem guten, alten Steckenpferdreiten.

„Wir sind für alle Reitweisen offen, also wollen wir uns auch dieser nicht verschließen.“ Oliver Kusch und seine Vorstandskollegin im Kuseler Reitverein, Silke Sehlinger, meinen das nur halb im Spaß. Denn Hobby Horsing ist auch in Deutschland auf dem besten Weg, eine Trendsportart zu werden. Aufgekommen ist es in Finnland, wo längst eine nationale Meisterschaft ausgetragen wird. Mittlerweile gibt es auch eine Deutsche Vereinigung der Hobby-Horse-Trainer und echte Turniere, etwa am 2. Dezember im Pferdecentrum Miesau. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat das Thema auch entdeckt.

Turn- und Reitelemente

Kurz gesagt, macht der meist junge Mensch in dieser Disziplin all das, was sonst das Pferd tut: Er trabt, galoppiert, springt, reitet Dressurlektionen – und trägt dabei sein Pferdchen mit sich, so wie sonst das Pferd den Reiter. Dessen Position ahmt der Oberkörper des Hobby-Horse-Reiters nach, während die Beine die Bewegungsabläufe des Pferdes imitieren – es ist also eine Kombination aus Turn- und Reitelementen. Und weil die meisten Turniere und Gruppen bei Reitvereinen angesiedelt sind und es außerdem ein Muss ist, die verschiedenen Disziplinen des Reitsports gut zu kennen, gilt es auch als ein Weg, mit echten Pferde zu interagieren, unabhängig etwa vom Geldbeutel und dem reiterlichen Talent. Das Steckenpferdchen hat im Idealfall sogar einen Pferdepass mit Namen, Besitzer und Angaben zu den Disziplinen, in denen es startet. Oft sind die Pferdchen und die Ausrüstung individuell gebastelt.

Die Plüschstute, die Levi Rohde an diesem Samstagnachmittag in die Kuseler Reithalle gebracht hat, heißt Pocahontas. Es ist ein Schecke, schwarz-weiß, und „natürlich ein Quarter Horse“. Levi, Sohn der Kuseler Betriebsleiterin und Trainerin Sandra Rohde, ist nämlich ein Westernreiter. Die anderen Pferdchen, mal lebensecht wirkend mit liebevoll geflochtener Mähne, mal eher schematisch aus Holz, heißen beispielsweise Wolke und Dori und auch ein American Vollblut ist unter ihnen. Nicht für alle dieser Steckenpferde ist der Einsatz neu: Die aus Holz stellt der Verein zur Verfügung. „Die hatten schon einen großen Einsatz bei der Kuseler Herbstmesse“, erläutert Kusch. Beim Umzug, „vor Corona“, kamen die Steckenpferdchen zum sowohl für die Zwei- als auch die Vierbeiner im Vereinsbestand stressfreien Einsatz.

Ritt zu Fuß anstrengend

Kusch und Sehlinger sind es auch, die als Erste feststellen, dass so ein Ritt zu Fuß im Sand der Reithalle „ganz schön anstrengend“ ist. Während der Trainingsrunde für alle legen sie ein improvisiertes Pas de deux hin – und haben dabei den Vorteil der Großgewachsenen: Bei manchem Mini im Parcours hängt später das Hinterteil des Pferdchens doch arg tief. Abwürfe sind die unausweichliche Folge.

Es ist kein eigentliches Turnier mit Caprilitest, E-Dressur und Stilspringen, das der Reitverein bei dieser Premiere veranstaltet, auch wenn es Medaillen, Schleifen und Ehrenpreise gibt. Betriebsleiterin Rohde hat einen Geschicklichkeitsparcours aufgebaut, ähnlich dem eines Orientierungsritts. Schlangenlinien sind gefordert, drei Sprünge, kurze Tritte in Reifen wie beim Fußballtraining und auch Reifenstechen. Die Gangarten sind freigestellt, wer will, kann alles im mehr oder weniger schnellen Trab absolvieren, oder auch galoppieren. Das wird vor den etwa kniehohen Sprüngen auch ab und an mal ausprobiert. Fehler ziehen Strafsekunden nach sich. Die kleine Juno pariert im Ziel sogar zum Stand durch, so, als ob sie die Richter grüßen würde. Extrapunkte gibt es dafür nicht, aber viel Applaus.

Schnellste Runde zählt

Die Teilnehmer, allesamt Reitschüler und Reitschülerinnen auf den Schulpferden des Vereins, sind zwischen fünf und 15 Jahre alt; gewertet wird in zwei Gruppen: Minis und Kids sowie Junioren und Junge Reiter. Die Kleinen könnten etwa die für sie recht hoch hängenden Ringe auslassen – doch nachdem die anfängliche Scheu abgelegt ist, nehmen sie auch diese Herausforderung an. Vor allem die Koordination und die Kraft sind in diesem Alter die Herausforderung. Bei den Junioren und Jungen Reitern geht es dagegen vor allem um die Geschwindigkeit. Zu den Klängen von Titeln wie „We will rock you“ geben sie alles; aus zwei Runden wird die schnellste gewertet. Am Ende hat Levi Rohde die Nase vorn. Doch Medaille hin oder her: Vom Mini bis zu den Junioren freuen sich alle am meisten auf die nächsten Reitstunden. Dann tragen sie nicht mehr Pocahontas, Wolke und Dori, sondern putzen und reiten „ihre Schulpferde“ Champ, Fritz, Smartie, Malou und Connar.

Der Sieger: Levi Rhode.
Der Sieger: Levi Rhode.
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