Kreis Kusel Kusel: Erst Gänsehaut, dann Jubel bei "Carpe Diem"-Konzert

Ohne Zugabe ließ das Publikum die Musikerinnen und Musiker von Carpe Diem Unerhört nicht von der Bühne.
Ohne Zugabe ließ das Publikum die Musikerinnen und Musiker von Carpe Diem Unerhört nicht von der Bühne.

„Mit Behinderungen ist zu rechnen.“ Auf T-Shirts und auch sonst spielt die Band Carpe Diem Unerhört gern mit dem, was sie besonders macht. Am Freitagabend gab das inklusive Musikprojekt aus der Reha Westpfalz in Landstuhl ein Konzert in Kusels Fritz-Wunderlich-Halle. Gleichermaßen begeistert aufgenommen wurden selbst komponierte Mutmachlieder und die Beiträge hochkarätiger Gäste.

Ja, ja, der FCK. Eigentlich war Fußball so ziemlich das letzte Thema, dem sich die elfköpfige Band in ihrem gut zweistündigen Programm widmen wollte. Eigentlich. Wäre da nicht Axel Roos. Der Ex-FCK-Profi spielt öfter mit bei Carpe Diem Unerhört. So auch am Freitag. Zwei null, zwei zwei, zwei drei – allesamt sind die über Handy aktuell verfolgten Geschehnisse auf der Bielefelder Alm Steilvorlagen für gutmütigen Spott von Moderator und Sänger Achim Pauli. Flotte Sprüche und die Interaktion mit Publikum und Gastmusikern kennzeichnen den kurzweiligen Abend aber längst nicht nur in Sachen erodierender Betzenberg. Zum „Fritz Wunderlich Chor“ wird die Halle nicht nur beim „Abba-Solo“ und der „Vogelhochzeit“ von Steffi Frey. Titel wie „Saintes Maries de la Mer“ und „Was wäre wenn“ kann fast jeder Fan mitsingen. Für Kusel hat die Band außerdem eine Premiere im Gepäck: Noch nie vorher war das akustische Stück „Auf der anderen Seite“ live zu hören.

Deutschsprachiger Rock und Pop

Mit E-Piano, Chimes, Trommeln, Schellenring und ab und an Stimmeinsatz sorgen die behinderten Bandmitglieder in der ersten Reihe vor allem für starke perkussive Akzente. Dahinter steht eine veritable Band mit Keyboard, Bass, Schlagzeug und zwei Gitarren, die ebenso gefühl- wie druckvoll loslegen kann. Das Repertoire von Carpe Diem unerhört, Vieles darin selbst komponiert, siedelt im deutschsprachigen Rock und Pop. Es sind Titel zum Träumen und zum Mutmachen, berührende Geschichten oft. Beispiel „Die Tage werden anders sein“. Die Komposition erzählt die Geschichte von Bandmitglied Ilona Schmitt. Sie kommt darin auch selbst zu Wort. Lose eingestreut ins Konzert sind die Einlagen der eingeladenen Freunde Roos, Isabel Fuchs, Mathias Kinder (beide singen unter anderem bei Die üblichen Verdächtigen) und Michael Herberger. Die von Herberger, dem musikalischen Leiter der Liveband der Söhne Mannheims, und Xavier Naidoo gegründete Klangstiftung präsentiert sich derweil im Foyer ebenso wie das regionale Bündnis gegen Depression, ohne dessen Unterstützung das Konzert nicht möglich gewesen wäre. Und wie es sich für eine richtige Band gehört, ist Carpe Diem unerhört auch mit einem Fanartikelstand vertreten. „Absatz gut“ heißt es dort zur Pause. Drinnen sorgen Stücke wie „Desperado“, „Get Here“, „Liebeslied“ und„I put your picture away“, beeindruckend interpretiert von Kinder und Fuchs, zuerst für Gänsehaut und dann für Jubel. Noch einmal knallen die Felle und scheppern die Becken, hauen die E-Gitarren fett rein, kommen die per Fuß gespielten Chimes kaum noch zur Ruhe. Heftiges Headbangen ist angesagt zu Cluesos „Achterbahn“. Es ist das letzte Stück des Programms. Dann kommt die vehement geforderte Zugabe, in der die Band zum Abschied denn auch erklärt, wer und was sie eigentlich ist. Es ist eben vieles anders bei Carpe Diem unerhört. Aber nicht weniger gut. Die Mitwirkenden Steffi Frey (E-Piano), Ilona Schmitt, Heike Kruse und Gabi Braunewell (alle Trommel), Oliver Kaiser (Chimes), Luca Tarantini und Manuel Distler (beide Gitarre und Gesang), Andreas Klotz (Schlagzeug), Tina Momper (E-Bass), Werner Raber (Keyboard und Piano), Achim Pauli (Gesang und Moderation) sowie als Gäste Isabel Fuchs (Gesang), Mathias Kinder (Gesang und Gitarre), Axel Roos (Duclar und Piano), Michael Herberger (Piano) und Tom Stenzhorn (Schellenring).

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