Kreis Kusel Unkonventionell und laut

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Wer sich freiwillig in den Dschungel begibt, der erlebt in Kusel zwar nicht den Urwald, was das aus der Sprache Hindi stammende Wort ursprünglich bedeutet. Doch etwas undurchdringlich wie ein Tropenwald, so war der Dschungel am Samstagabend im Schalander dennoch. Nicht etwa wegen vieler Besucher – denn so viele waren es zunächst nicht –, nein es war verwirrend und zugleich überraschend.

Sie nennen sich „Surfing Horses“, „Wenn einer lügt, dann wir“ oder „Pinke Pank“. So unkonventionell die Namen der Bands, so alternativ ihre Musik. Sieben Gruppen, angereist aus Kaiserslautern, dem Ruhrgebiet und Frankreich, präsentierten sich beim zweiten Festival „Willkommen im Dschungel“ im ehemaligen Bierkeller der Brauerei Koch. Der aus Henschtal stammende Künstler Andreas Becker bemühte sich, alternative Musik in die Bierkneipe zu bringen. „Ganz unterschiedliche Genres“, wie Becker sagt, von Elektro bis Indie Rock – was, anders als der Dschungel, nichts mit Indien, aber mit independent, also dem englischen Wort für Unabhängigkeit (konkret von Plattenfirmen), zu tun hat. „Die meisten spielen ihre eigenen Lieder“, sagt Becker, der die Bandauswahl als „aktuell und zeitgenössisch“ charakterisiert. „Ich kenne zwar keine einzige Gruppe“, sagte ein Besucher aus Landstuhl der RHEINPFALZ. Um die für Kusel so seltene Underground-Musik zu erleben, sei er aber extra angefahren. Den Auftakt machten die vier jungen Männer von „Surfing Horses“ aus Kaiserslautern. Wären sie nicht mit Pferdekopfmasken, kurzen Hosen und nackten Füßen aufgetreten und hätte der Mann am Regler etwas heruntergedreht, so hätten sie tatsächlich beim ersten Stück ein ganz kleines bisschen an die Beatles erinnern können – zumindest beim Rhythmus und den Chorgesängen. Doch dieser Eindruck legte sich rasch, so rasch wie auch die Masken abgelegt wurden und die „Pferde“ nur noch in ihrem Surferdress die Bühne rockten. Zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug waren in dem kleinen, niedrigen Gewölbekeller bis in alle inneren Organe zu spüren. „Saugeil, die Bude ist voll“, rief der Sänger den zunächst gut 20 Keller-Besuchern zu. Dann gab es leichten Nebel und auch etwas Gitarrenakrobatik. „Wir waren auch schon im Radio zu hören“, berichtete das junge Quartett Anfang/Mitte 20. Die englischen Texte handelten etwa von der Stadt Kaiserslautern, wie der Gitarrist später auf Nachfrage verriet. Zu verstehen war der Inhalt der Texte aufgrund der Lautstärke nämlich nicht. Während im Keller alles für die nächste Gruppe vorbereitet wird, geht es oben schon weiter: mit leiseren, aber doch spitzen Tönen der zwei Frauen von „Wenn einer lügt, dann wir“. Die beiden aus dem Ruhrpott mussten zunächst mal Frust ablassen. Sie seien vier Stunden unterwegs gewesen, „und eine ganze Stunde sind wir um Kusel herumgefahren. Ihr habt hier kein Internet!“, rief die Sängerin mit der akustischen Gitarre und fügte hinzu: „Wie kommt ihr klar?!“ Die Begleitung saß am Schlagzeug und hatte zur Abwechslung ein Mini-Keyboard auf dem Schoß. Mit Scheinwerfern wollte sich das Duo offenbar nicht „schmücken“, die beiden blieben ziemlich im Dunkeln – echt underground eben. Auch mögen sie es nicht, wenn ihre Stücke über „Ex-Freunde, Kapitalismus und das schlechte Wetter“, wie sie im Internet schreiben, charakterisiert werden. Gesungen wurde deutsch – mit Entschuldigung für Grammatikfehler und Autodidaktik: „Wir können nicht so richtig spielen, wir haben erst vor einem Jahr angefangen und uns das gegenseitig beigebracht.“ Solche und mehr Witze sowie „Achtung-jetzt-wird-es-emotional“-Einwürfe kamen beim Publikum gut an. Für junge, neue Bands bot das Festival eine gute Plattform, sich vorzustellen. Und es gab musikalisch sowie gesanglich durchaus auch positive Überraschungen. Eine weitere junge Band war „Pinke Pank“. Auf dem Programm: „Garage Groove Rock“. Darunter verstehen die vier eine „Mischung aus Stilen, die wir mögen“. Eben echt alternativ. Die Mittzwanziger aus Mülheim an der Ruhr haben auch viel Spaß an ordentlicher Lautstärke, wie ein Bandmitglied verriet. Als weitere Gruppen waren „Avale“ und Elektro-Musik mit „Floating Arms“ aus Frankreich, „King Lux“ mit alternativem Indie-Synth-Pop aus Kaiserslautern sowie „Amour Vache“ aus Duisburg angekündigt. |suca

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