Pfalzgeschichte Als ein Südpfälzer die Welt verzauberte

Ein Porträt von Franz Schweizer aus den 40er-Jahren.
Ein Porträt von Franz Schweizer aus den 40er-Jahren.

Vor 55 Jahren starb ein Südpfälzer, der sich als Magier Bellachini einen Namen gemacht hatte.

Mit bürgerlichem Namen Franz Schweizer am 12. April 1886 als Sohn eines Schneidermeisters in St. Martin geboren, verzauberte der Südpfälzer die Menschen in Deutschland und Europa. Dabei hatte er sich als 15-Jähriger aus dem Staub gemacht, weil er etwas erleben, etwas von der Welt sehen wollte. Drei Jahre später kam er mit der Zauberkunst in Berührung.

Im Sommer 1904 war das, als der königlich rumänische Zirkus Sidoli in Frankfurt am Main gastierte. Danach nannte sich Schweizer Franzardi. Als er 1906 den Zauberkünstler Strack-Bellachini II. kennenlernte, der einen Gehilfen suchte, bewarb er sich. Er wurde angenommen und reiste zehn Jahre lang als dessen Reiseleiter und Assistent durch Deutschland und Europa.

Auftritt vor Prominenten

Nach dem Tod von Strack-Bellachini erlaubte ihm dessen Witwe, den Namen Bellachini zu übernehmen. Fortan ging Schweizer-Bellachini mit eigenem, großem Programm auf Tournee. In seinem Wagenzug wurden unter anderem 340 Zentner Gepäck transportiert. Das meiste waren Kostüme und Requisiten.

Kaiser Wilhelm II. ernannte Bellachini zum Hofkünstler. Er trat vor gekrönten Häuptern wie Zar Nikolaus II., den Königinnen Wilhelmina und Juliane der Niederlande und vielen anderen Prominenten auf.

Eine besondere Ehre

1928 heiratete Schweizer Ida Kress, die seine Assistentin wurde. Sie bestritt meist den mittleren Part des dreiteiligen Programms – als „Mahome“, als „Citha, die Seherin“ oder als „Schwebende Jungfrau“ und „Verschwindende Dame“. Nach Jahrzehnten der Abwesenheit kehrte Bellachini in seinen Geburtsort St. Martin zurück. Er gab an drei Tagen Vorstellungen zugunsten der Wohlfahrt. Als Dankeschön und Ehrung errichteten ihm seine pfälzischen Landsleute im St. Martiner Tal einen Gedenkstein und einen Springbrunnen. Apropos Springbrunnen: Es handelt sich beim Bellachini-Brunnen, der bis heute ein beliebtes Wanderziel ist, um ein „artesisches“ Phänomen, das eine zehn Meter hohe Fontäne ausspuckt.

Die Nationalsozialisten untersagten Schweizer, den Namen Bellachini zu führen, weil der Ur-Bellachini, der Pole Samuel Berlach (1827-1885), ein Jude war. Er trat fortan unter dem Künstlernamen Garvin auf, zu dem er durch eine Filmfigur inspiriert worden war. Zu seinem Programm gehörte unter anderem die Nummer Zaubergarten, bei der Bellachini auf verblüffende Weise die Bühne in eine blühende Landschaft verzauberte. Andere seiner über 40 Kunststücke sind betitelt mit Apparate-Kunststücke, Flaschenwanderung, Verhexter Schirm, Dressierte Spielkarten, Indisches Wunderband, Fata Morgana, Blumenmärchen aus 1001 Nacht, Hexenküche, Taubentrick oder Verschwinden eines lebenden Pferdes.

Nach dem Krieg verarmt

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Bellachini – wie so manch anderer Künstler – zur „Frontunterhaltung“ verpflichtet. Danach kehrte er völlig verarmt nach St. Martin zurück. Der Krieg und später die Währungsreform hatten ihn seines Vermögens beraubt. Auch hatte er seine wertvollen Requisiten eingebüßt. Bellachini war ja nicht nur ein exzellenter Magier, sondern zugleich ein Erfinder, der die Technik und die Requisiten für seine Show selbst erdachte. In der Heimat zeigte er nochmal sein Können. Der Verfasser erinnert sich, dass Bellachini anlässlich einer Schulentlassungsfeier auch die jungen Menschen verzauberte.

1966, zu seinem 80. Geburtstag, gab Schweizer-Bellachini seine letzte Vorstellung. Franz Schweizer, der schon 1919 dem Magischen Zirkel Deutschlands angehörte und Mitglied der Internationalen Artistenloge war, starb am 4. Oktober 1969.

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