Bad Bergzabern Auf Uropas Spuren: Eisfabrik Bechtolina setzt auf Likör

Viktoria Wichtler baut mit ihren Likören eine lange Bechtolina-Tradition aus.
Viktoria Wichtler baut mit ihren Likören eine lange Bechtolina-Tradition aus.

Eis gibt es bei der Firma Bechtolina Tag und Nacht an drei Automaten. Seit Kurzem ist ein viertes Gerät aufgestellt. Darin steht aber nicht Gefrorenes, sondern Flüssiges.

Sommerzeit ist Eiszeit. Das gilt für viele Menschen, vor allem für diejenigen, die das kalte Naschwerk herstellen und verkaufen. Sobald der Herbst anbricht, spätestens wenn es Richtung Winter geht, kehrt bei ihnen Ruhe ein. Während die einen auf Alternativen wie Crêpe oder Waffeln umschwenken, gönnen sich andere eine komplette Pause. Die Firma Bechtolina in Bad Bergzabern geht einen ganz anderen Weg: In der Eisfabrik wird auch Likör produziert. Und das hat – so ungewöhnlich es auch klingen mag – eine lange Tradition im Haus.

Schon seit 1907 gibt es mit dem „Bärwelsteener“ und dem „Hans Trapp“ einen Kräuterlikör und einen Magenkräuterbitter aus dem Hause Bechtolina. Die Rezeptur stammt von Firmengründer Jean Bechtold. Der, so erzählt seine Urenkelin Viktoria Wichtler, die mittlerweile Junior-Chefin ist, sei viel mehr als „nur“ Konditormeister gewesen. Schon damals habe er viel mit Lebensmitteln herumexperimentiert und unter anderem Suppen in Pulverform, Marmeladen sowie Puddings angeboten. Darauf ist Wichtler beim Stöbern im hauseigenen Archiv gestoßen. „Das hat mich aber alles nicht so interessiert“, erzählt sie. Zumindest war das keine Tradition, die sie wieder aufleben lassen wollte. „Irgendwann sind mir aber alte Likör-Rezepte in die Hände gefallen.“ Und zwar nicht nur die für die beiden erwähnten Kreationen.

Im neuen Automaten waren noch Fächer frei

Deren Produktion sei immer stiefmütterlich behandelt worden und nur nebenher gelaufen. „Die Leute kennen schon den Bärwelsteener und den Hans Trapp“, sagt Wichtler. „Das bringt aber kein Mensch mit uns in Verbindung.“ Ein Umstand, den die Junior-Chefin ändern möchte. Unter dem Namen „Bechtold Liköre“ gibt es neben den beiden Klassikern seit diesem Frühjahr weitere Sorten. „Ich hatte schnell mehr als zehn alte Rezepte zusammen“, erklärt Wichtler. Die einzelnen Kreationen ließ sie von der Belegschaft und von Freunden testen. Übrig geblieben sind schließlich sechs.

„Der Gedanke ist seit etwa zwei Jahren gereift“, sagt die Junior-Chefin. „Anfangen wollte ich mit dem Likör machen im Herbst.“ Dass die ersten je 600 Flaschen der sechs neuen Sorten schon im Frühjahr abgefüllt wurden, ist dem neuen Automaten vor dem Firmengebäude geschuldet. Der hat laut Wichtler rund 15.000 Euro gekostet und steht seit etwa einer Woche neben den Dreien, an denen sich Naschkatzen schon seit geraumer Zeit Eis ziehen können. „Ich hatte die Idee, einen Automaten mit Getränken aufzustellen“, erzählt Wichtler. Als der Selbstbedienungskühlschrank mit Cola, Fanta, Capri-Sonne und anderen Erfrischungen aufgefüllt war, stellte sie fest: Es sind noch Fächer frei, die befüllt werden müssen.

Den Hans-Trapp-Likör produziert Bechtolina schon seit 1907, Jean Berry ist eine von sechs neuen Sorten. Auf dessen Etikett ist G
Den Hans-Trapp-Likör produziert Bechtolina schon seit 1907, Jean Berry ist eine von sechs neuen Sorten. Auf dessen Etikett ist Geschäftsführer Johannes Wichtler im Profil abgebildet.

Mittlerweile gehören die oberen beiden Reihen ganz den Bechtold Likören. Neben Bärwelsteener und Hans Trapp stehen die Sorten Kaktusfeige, Zündler, Kurzer Kaffee, Bärebumbes, Omas Neuer und Jean Berry. Die Etiketten tragen allesamt das Familienwappen der Wichtlers aus dem Jahr 1498 und eine zum jeweiligen Namen passende Zeichnung. So ist auf der Jean-Berry-Flasche etwa Veronika Wichtlers Vater und Bechtolina-Geschäftsführer Johannes im Profil abgebildet. „Die Etiketten habe ich in One Line Art selbst gezeichnet“, erzählt Wichtler. Also mit nur einer ununterbrochenen, fließenden Linie.

Ob die Liköre ein ähnlicher Renner werden wie das Eis, kann Wichtler noch nicht abschätzen. Zum Start habe das Ganze rund 30.000 Euro gekostet, erklärt sie. In den kommenden Monaten heißt es abwarten und beobachten. Denn produziert wird bei Bechtolina erst mal kein Likör, sondern Eis.

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