Landau / SÜW Der Schulbeginn kostet Eltern ein kleines Vermögen

In vielen Geschäften spielt der Schulstart eine große Rolle. Lyuba Dik mit Mila im Kinderwagen, Sophie und Jana sucht in Landau
In vielen Geschäften spielt der Schulstart eine große Rolle. Lyuba Dik mit Mila im Kinderwagen, Sophie und Jana sucht in Landau bei Müller nach dem richtigen Equipment.

Nur noch wenige Tage, dann beginnt ein neues Schuljahr. Dann strömen viele „Kleine“ zum ersten Mal in die Schule. Doch zuvor muss der Ranzen bestückt werden. Eine Oma berichtet.

Mit dem neuen Schulranzen auf dem Rücken, der Schultüte im Arm und wohl einer Mischung aus freudigen und bangen Erwartungen im Herzen. Es ist ein ganz wichtiger Tag in ihrem Leben, ein Teil der Kindheit ist vorbei, der erste Schritt ins Erwachsenenleben muss getan werden.

Der neue Schulranzen drückt mit einem nicht unbeträchtlichen Gewicht auf die schmalen Schultern – und hat einen nicht unbeträchtlichen Betrag in der Familienkasse strapaziert. Eltern, denen das Wohl der Sprösslinge am Herzen liegt, haben sich schon lange vor dem ersten Schultag entweder im Internet oder im Fachhandel schlau gemacht, was denn der beste Ranzen für die Schulanfänger ist.

Schiefertafel und Griffelkasten

Aber so ein technisch voll optimiertes Gepäckstück noch als Ranzen zu bezeichnen, ist fast schon blasphemistisch. Es ist ausgestattet mit ausgefeilten Tragesystemen zur Entlastung der schmalen Schultern, mit reflektierenden Streifen zur Sicherheit sowie umfangreichem Zubehör. Mein eigener erster Schulranzen, den ich vor 65 Jahren ins Schulhaus trug, war aus Leder, höchstens zehn Zentimeter breit und wurde mit zwei Schnallen verschlossen. Sein Inhalt: Eine Schiefertafel, ein Griffelkasten, ein Lese- und ein Rechenbuch und ein Butterbrot, in Pergamentpapier gewickelt.

Für einen guten Schulranzen werden heute locker einmal 300 Euro fällig, unter 100 Euro ist kaum etwas zu bekommen. Wohl den Eltern, deren Kinder stolze Großeltern haben, die mit großer Freude diesen Einkauf finanzieren!

Aber ein leerer Schulranzen hilft ja noch nicht weiter, und mit Tafel und Griffelkasten ist es auch nicht mehr getan. Der Ranzen muss gefüllt werden, und was da hineingehört, umfasst beinahe zwei Din-A4-Seiten: Das Schulkind braucht zunächst fünf Hefte, jeweils mit einem andersfarbigen Umschlag, es braucht Schnellhefter, Zeichenblock, Sammelmappe, Kleber, Schere, Pinsel, und Malkasten fürs Erste.

Stifte, Kleber, Hefte

„Jennys Schreibecke“ in Annweiler hat alles im Angebot. Hier kostet ein Heft zum Beispiel 1,25 Euro, ein passender Umschlag 40 Cent, ein Schreibblock 4,75 Euro, einen Schnellhefter aus Plastik bekommt man für 40 Cent, einer aus Pappe schlägt mit 1,40 Euro zu Buche, eine Eckspannmappe kostet 1,99 Euro, der Zeichenblock in guter Qualität 3,49 Euro. Für die dazugehörige Sammelmappe werden zwischen 3 und 5 Euro fällig. Ein Farbkasten gibt es für 10,99 Euro, Schwamm und Wasserbehälter für 1,99 Euro. Eine Schachtel dicker Wachsmalstifte ohne Plastikhülle kostet zwischen 6 und 10 Euro, drei Pinsel zwischen 2,50 und 7,50 Euro.

Für die kleinen Hände der Schulanfänger sind dickere Buntstifte besser geeignet, in den teuren, zum Ranzen passenden Mäppchen in der Regel aber nur dünnere Stifte, also zahlt man noch zwischen 7 und 20 Euro für einen Satz Buntstifte. Weiter geht es mit Kleber für 1,99, Schere für 1,50, Radiergummi für 1,50 Euro und Lineal für 60 Cents. Ein Karteikasten schlägt mit 7,99 Euro zu Buche, ein Dosenspitzer mit 1,99 Euro. Und dann muss auch noch jedes Teil, jeder Stift, Radierer, Spitzer et cetera mit dem Namen des Besitzers gekennzeichnet werden. Dafür gibt es spezielle Folien. Für diese Erstausstattung des Schulranzens werden dann so nochmals fast 100 Euro fällig. „Das ist viel Geld“, sagt Jenny Keller, „und manche Eltern stöhnen darüber, wie viel Zeug die Kinder benötigen.“ Nach der Corona-Zeit, so berichtet Keller, seien die Preise für Papier deutlich gestiegen, aber danach habe sie die Preise stabil halten können.

Kaufen oder ausleihen

Bücher brauchen die Erstklässler noch nicht so viele, die Eltern können diese aber auch zusammen mit allem übrigen Zubehör im Schreibwarenladen bestellen. Jenny Keller ist seit vielen Jahren auf den Ansturm der Schüler, beziehungsweise deren Eltern, vorbereitet. In Rheinland-Pfalz gibt es keine Lernmittelfreiheit, diese leisten sich nur noch die Länder Baden Württemberg, Bremen, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In allen anderen Bundesländern bezahlen die Eltern einen beträchtlichen Anteil an den Kosten für die Bildung ihrer Sprösslinge selbst. Bei Gymnasiasten kann da leicht schon mal eine Summe von 1000 Euro zusammenkommen. Wer die Bücher aber nicht alle kaufen kann oder will, kann sie ausleihen. Gegen eine Gebühr, natürlich. Die beträgt bei nagelneuen Büchern 40 Prozent des Ladenpreises, im zweiten und dritten Durchgang noch sechs Prozent. Der vierte Besitzer darf das Buch dann behalten oder sie werden weggeworfen.

Die Belieferung der die Bücher ausleihenden Schulen übernehmen Buchhandlungen oder auch Schreibwarenläden. Diese können sich um bis zu vier Schulen bewerben, sie werden dann ausgelost. Schon im April werden die Bücher bestellt , und Jenny Keller zum Beispiel transportiert sie nach Erhalt in die Schulhäuser, damit sie im eigenen Lager noch Platz hat. Zu Beginn der Sommerferien aber stehen in ihrem Geschäft entlang der Wände lange Reihen fertig gepackter bunter Taschen, nach Schulen sortiert. Die bunten Taschen sind ein Geschenk des Hauses für die Schüler, darin alle Bücher und Hefte, die sie für das neue Schuljahr brauchen.

Stadt und Kreis unterstützen

Es ist also ein vergleichsweises teures Vergnügen, ein Kind in die Schule zu schicken. Für Menschen mit wenig Geld helfen die Sozialämter bei der Ausstattung der Kinder mit dem Werkzeug für die Bildung. Der Kreis Südliche Weinstraße unterstützt zum Beispiel Eltern mit rund 175 Euro für den persönlichen Schulbedarf eines Kindes. Der Betrag muss allerdings für zwei Jahre reichen, im zweiten Jahr sind es nämlich nur noch 50 Euro. Voraussetzung dafür ist aber auch, dass der Antrag auf Unterstützung bis Mitte März eingereicht worden ist. Der Kreis hilft aber auch finanziell bei Tagesausflügen, Klassenfahrten und beim Mittagessen in der Schule. Die Ausleihe der Schulbücher ist für die Kinder dann kostenlos.

Der erste Schultag bleibt immer ein großes Abenteuer. Schon vor 100 Jahren (1925) hat Erich in Kästner in seiner großartigen „Ansprache an die Schulanfänger“ gesagt: „Aufgeweckt wart ihr bis gestern, eingeweckt werdet ihr ab heute ... in die Konservenbüchsen der Zivilisation.“ Diesen Text sollten vor allem Eltern und Lehrer auch immer wieder lesen und ihren Kindern vorlesen. Vielleicht zum Schulstart?

Felix Schwering und Frida Neumann, die Enkelkinder unserer Autorin, freuen sich auf ihren ersten Schultag.
Felix Schwering und Frida Neumann, die Enkelkinder unserer Autorin, freuen sich auf ihren ersten Schultag.
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