Kreis Südliche Weinstraße Eine Frage der Haftung

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Die SPD-geführte Landesregierung hat’s angeordnet, der Landtag hat’s abgenickt, der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof hat’s gekippt. Gemeint ist das Gesetz zur Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben. Also hieß es „Kommando zurück“, jede Verbandsgemeinde ist wieder selbstständig. Doch wer kommt für die Kosten auf, die durch die ab 1. Juli 2014 gültige Zwangsheirat entstanden und inzwischen für die Katz’ sind? Von zwei Millionen Euro ist die Rede. Ein altes Sprichwort sagt: Wer bestellt, der bezahlt. Also wäre Mainz in der Pflicht. Dorthin hat Edenkobens Verwaltungschef Olaf Gouasé (CDU) seine Rechnung geschickt. Darin enthalten sind auch die Kosten für den Hauptamtlichen Beigeordneten Eberhard Frankmann (CDU), denn diesen Posten gab es früher in dem „kleineren“ Edenkoben nicht. Die Vertretung des Bürgermeisters haben dereinst zwei ehrenamtliche Beigeordnete übernommen; heute gibt es einen hauptamtlichen und zwei ehrenamtliche. Am Mittwoch kam Olaf Gouasé von einer Besprechung in Mainz zurück, bei der es um die finanzielle Haftung für Schadensersatzansprüche aus der Rückabwicklung der Fusion ging. Und der Kommunalpolitik-Fuchs kehrte zurück, als wäre er an einem Tag um zwei Jahre gealtert. Die Paragrafenreiter hätten ihre helle Freude an dem, was der Wissenschaftliche Dienst des Landtags in dieser Angelegenheit aufgetischt hat. Doch von einem zahlenmäßigen Angebot, was denn Mainz an Ausgleich zu zahlen gedenkt, keine Spur. Es wurden vor allem die Erfolgsaussichten „einer klageweisen Geltendmachung rechtlich geprüft“. Ein paar Zitate gefällig? „Der Amtshaftungsanspruch gewährt einen Schadensersatzanspruch, wenn ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt.“ Obgleich das Parlament, gemeint ist der Landtag, und die in ihm versammelten Abgeordneten keine Beamten im statusrechtlichen Sinn seien, komme es im Rahmen der Amtshaftung nur darauf an, ob die Personen in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stünden. Das Ergebnis des Wissenschaftlichen Dienstes, „dass auch Abgeordnete ein öffentliches Amt inne haben und in Ausübung dieses Amts Verpflichteter eines Amtshaftungsanspruchs sein können.“ Es würde zu weit führen, weitere rechtliche Ausführungen über die Anspruchsvoraussetzungen zu zitieren. Kommen wir zu jenen Passagen, die direkt etwas mit dem Schadensersatz zu tun haben. Es sei aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Entscheidung bekannt, in der ein formelles Parlamentsgesetz im Kontext einer Amtshaftung gewertet und der erforderliche Drittbezug der Amtspflicht bejaht worden wäre, heißt es. Aus der Sicht des Wissenschaftlichen Dienstes habe ein Schadensersatzanspruch nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn nachgewiesen werden könne, dass schuldhaft gegen die Amtspflicht verstoßen, die Pflichtverletzung mithin vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden wäre. Gegenüber dieser Voraussetzung gebe es erhebliche Bedenken. Unklar sei, nach welchen Maßstäben das Verschulden von Abgeordneten überhaupt zu bemessen sei. Eine eigenverantwortliche Prüfung der Verfassungskonformität eines Gesetzesvorhabens könne dem einzelnen Abgeordneten nicht abverlangt werden. Will heißen: Der Landtag ist aus allem raus, weil die Schwächen und Fehler des Fusionsgesetzes nicht erkennbar waren. Schlussendlich werden auch die von Gouasé in Rechnung gestellten Personalkosten in Zweifel gezogen, mangels Kausalität. Zu guter Letzt schlägt der Wissenschaftliche Dienst vor, Verhandlungen über die Kosten so lange zurückzustellen, bis sämtliche beim Verfassungsgericht zur Gebietsreform anhängigen Verfahren entschieden sind, um dann im Gesamtkontext Lösungen ausloten zu können. Doch das kann dauern. So lange warten will der Edenkobener Verwaltungschef aber nicht – und peilt deshalb ein Gespräch mit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer an.

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