Kreis Südliche Weinstraße Ende der Jammerkultur

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Genussvolles, entschleunigtes Einkaufen mit Erlebnischarakter – auch über einen ganztägigen Wochenmarkt – in der üppig mit Rosen bepflanzten Altstadt von Bad Bergzabern. Keine Vision mehr, sondern ein Projekt, das konkrete Formen angenommen hat. Es ist ein Teil der Zwischenbilanz, die Susanne Schultz und Michael Kleemann von der seit April tätigen Firma Stadtimpuls rund der Hälfte der ungefähr 70 Mitglieder des Werbekreises vorgestellt haben.

„Atmosphäre, Ästhetik, Authentizität, kurz, es schön zu haben beim Bummeln und einkaufen“, umriss Susanne Schultz das Ziel, die Geschäftswelt der Kurstadt dem Geist der Zeit anzupassen. „Es geht voran, wenn alle am gleichen Strang ziehen, ich bin positiv überrascht vom Interesse“, so der Vorsitzende des Werbekreises, Bernd Malysiak, für den das Gejammer, wie schlecht alles sei, Geschichte ist. Susanne Schultz, Fachfrau für Raum- und Umgebungspsychologie, machte deutlich, dass es keinen Sinn macht, die derzeit rund 20 leeren Geschäfte einfach zu befüllen, sondern dass ein Umdenken notwendig ist. „Sie pflegen eine gute Willkommenskultur, aber eine negative Ortskommunikation, eine Art Jammerkultur fällt auf, der Ort wird schlechter geredet, als er ist“, sagte Schultz. Es gebe viele gute Rückmeldungen von Gästen, und mittlerweile zeige sich auch bei Akteuren in der Stadt ein Wandel. Sie stellte zwei konkrete Projekte vor. Einmal die Umstrukturierung des Wochenmarkts am Freitag, der dann von 11 Uhr bis 18 Uhr stattfinden soll. „Beim Wochenmarkt fehlt die Struktur, er ist wild zusammengewürfelt mit langsamem Rückgang der Besucherfrequenz, und die Stände sind ungünstig angeordnet“, ist die Analyse der Expertin. Der Vorschlag, der auch in einer Arbeitsgemeinschaft erarbeitet wurde: Den Markt als „Hamecker Markt“ den geänderten Kaufgewohnheiten anzupassen und am Freitag ganztägig anzubieten, Struktur zu schaffen und zum Beispiel als Abschluss des Marktes mit einem Handkarren durch die Altstadt zu ziehen und einen Schluck Wein anzubieten. Der zweite konkrete Vorschlag, der nicht nur den Markt, sondern die gesamte Altstadt attraktiver machen soll: Die „Aktion Rosenschatz“, das heißt die Bepflanzung von Beeten, Bögen und Fassaden mit Rosen, für die ein Sorten- und Farbkonzept erstellt werden soll. Ein weiteres Thema war das sogenannte Cross-Marketing, für das auch Vorschläge von den Geschäftsleuten kamen. Konkret: Der Schuh- oder Schmuckhändler stellt zum Kleid oder Kostüm passende Schuhe in das Schaufenster des Kleiderverkäufers oder der Buchhändler Kochbücher zu Einmachgläsern oder Töpfen im Haushaltswarengeschäft. Klar wurde auch, dass Zentrumsmanagement und Stadtsanierung zusammengehören. „Wenn es an 50 Euro Miete scheitert und das Geschäft deswegen leer steht, ist der Vermieter mit dieser Stadt nicht verwurzelt“, meinte Schultz. Netzwerke, gemeinsam miteinander umgehen ohne sich etwas vorzumachen, im Gegensatz zu Einzelhändlern, die einzeln handeln, seien wichtige Eckpfeiler des Erfolgs. Wie wichtig Kommunikation ist und was sie bewirken kann, machte Stadtbürgermeister Fred-Holger Ludwig (CDU) an einem Beispiel deutlich. „Wir reden die ganze Zeit von Innenstadt, aber wir haben eine historische Altstadt, das ist etwas ganz anderes“, so Ludwig. „Jeder grüßt jeden“ halte er in der Stadt ebenfalls für sehr wichtig, er sei zu diesem Thema auch im Gespräch mit den örtlichen Schulen. Es war ein umfangreiches Themenfeld, das Michael Kleemann und Susanne Schultz den Geschäftsleuten vorgestellt und aus dem sich einige Schwerpunkte für die Akteure heraus kristallisiert haben: Mehr Angebote in den Geschäften für Jugendliche, mehr Infos über die Nutzung moderner Medien und Cross-Marketing als neue Verkaufsstrategie. Nicht Befüllung um jeden Preis, sondern Atmosphäre soll künftig die Devise in der Kurstadt lauten, die nach Meinung der Experten sehr viele „Perlen“ zu bieten hat, die noch auf eine Kette gefädelt werden müssen. |pfn

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