Kreis Südliche Weinstraße Grüne ziehen die Reißleine

Feierabend: Gerhard Rodrian legt sein Amt als zweiter Beigeordneter der Stadt nieder.
Feierabend: Gerhard Rodrian legt sein Amt als zweiter Beigeordneter der Stadt nieder.

Auffallend viele Parteimitglieder der Grünen hatten am Donnerstagabend den Weg ins Haus des Gastes gefunden, um die letzte Sitzung des Stadtrats vor der Sommerpause zu verfolgen. Warum? Das wurde erst beim abschließenden Tagesordnungspunkt „Informationen und Anfragen“ klar. Da ergriff Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Schulz das Wort, um eine Stellungnahme abzugeben. Vor fast genau drei Jahren habe die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit der CDU-Stadtratsfraktion eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit unterzeichnet, „zum Wohle unserer Stadt und ihrer Bürger“, blickte Schulz zurück. Die Grünen hätten in dieser Zeit intensiv und mit großem Engagement wesentlich dazu beigetragen, die Entwicklung der Stadt erfolgreich voranzutreiben. Schulz hob vor allem die Arbeit des Beigeordneten Gerhard Rodrian hervor, nannte das Kurparkfest, das dieser organisiert hat, die Sachkostenvereinbarung mit den Kitas, Erweiterung und Bau von Spielplätzen, Neustrukturierung des Jugendtreffs und die Installation von Freifunk im Alten Rathaus. „Dennoch sehen wir große Schwierigkeiten im Miteinander“, sagte sie. Man habe die Zusammenarbeit unter dem Thema „Kinder, Familien, Jugend und Senioren“ begonnen, mittlerweile stehe bei der CDU und Stadtbürgermeister Fred-Holger Ludwig „doch das Klientel der reichen Senioren im Vordergrund“. Kinder, Jugend und Familien würden hinten herunterfallen. Sehr deutlich würde sich dies bei der dringend notwendigen Planung und Umsetzung neuer Kita-Plätze zeigen. „Wir müssen feststellen, dass das Problem auf die lange Bank geschoben wird. Eine zukunftsweisende Verantwortungsübernahme sieht anders aus“, meinte Schulz. Die Kritik richtete sich hauptsächlich an Stadtchef Ludwig. In der Vereinbarung sei festgelegt, dass die Geschäfte der eingerichteten Arbeitsgruppe federführend der Stadtbürgermeister führe. „Die Termine finden in der Regel aber ohne Sie statt“, sagte Schulz an die Adresse Ludwigs gerichtet. Eine gemeinsame Arbeit sei so nicht möglich. Schulz: „Sie, Herr Bürgermeister, machen uns Grünen durch ihren ignoranten und häufig auch selbstherrlichen Führungsstil die Zusammenarbeit unmöglich.“ Rodrian begründete seinen Rückzug gegenüber der RHEINPFALZ mit der schwierigen Kommunikation mit Ludwig. „Kommunikation via E-Mail, WhatsApp und SMS ist nach meinem Dafürhalten ungenügend.“ Er sei häufig durch andere Personen informiert worden, nicht vom Stadtchef. Manche Themen seien vollends untergegangen: sozialer Brennpunkt Bergzabern, Kindeswohlgefährdung, Betreuung schwacher Menschen, Integration im weitesten Sinne, prekäre Verhältnisse. „Nach unserem Verständnis ist der Souverän der Stadtrat und nicht der Bürgermeister“, so Rodrian. Ludwig war sichtlich verärgert. Besonders wurmte ihn der Vorwurf, nur etwas für reiche Senioren zu tun. „Das stimmt nicht“, sagte er. Er kritisierte, dass die Grünen, bevor sie an die Öffentlichkeit gingen, nicht zuvor das Gespräch mit ihm und der CDU-Fraktion gesucht hätten. „Wir haben das so gemacht, wie er uns zuvor behandelt hat“, so Rodrian zur RHEINPFALZ.

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