Steinfeld/Neustadt Kann das große Spinnengeheimnis vom Panzergraben gelüftet werden?

Diese auffällige Spinne hatte es sich auf der Anglerausrüstung unseres Lesers gemütlich gemacht.
Diese auffällige Spinne hatte es sich auf der Anglerausrüstung unseres Lesers gemütlich gemacht.

Ein Leserfoto einer Spinne sorgt für Furore. Mehrere Experten kommen zu dem Schluss: Es könnte sich um eine kleine Sensation handeln. Die Suche vor Ort lässt aufhorchen.

Erinnern Sie sich noch? Vor zwei Monaten konnten Sie bei uns in der Zeitung schon einmal dieser großen, flauschigen Spinne in die Augen blicken. Unser Leser Rolf Hau hatte das Exemplar bei einem Angelausflug am Westwall-Panzergraben bei Steinfeld entdeckt, ein Foto der ihm unbekannten Spinnenart an die RHEINPFALZ geschickt und damit bei Arachnologen für Luftsprünge gesorgt. Denn dem Dörrenbacher Naturfreund könnte da tatsächlich eine kleine Sensation vor die Linse gekrabbelt sein.

Mehrere Spinnenexperten, die wir zurate gezogen hatten, hatten das eigentlich Undenkbare für durchaus und sogar sehr wahrscheinlich erachtet. Es könnte sich bei dem braunen Achtbeiner um eine Gerandete Wasserspinne handeln – in Fachkreisen Dolomedes plantarius genannt. Und damit um die größte heimische Jagdspinne. Und – vor allem – die seltenste. Die Art ist stark gefährdet und streng geschützt. In Deutschland gab es in über 100 Jahren gerade einmal 65 gesicherte Nachweise, davon 63 im Nordosten der Bundesrepublik. Nur ein einziges Mal wurde die Gerandete Wasserspinne in Rheinland-Pfalz gesichert entdeckt – doch dieser Fund liegt bereits 22 Jahre zurück. Das Raubtier kann tauchen, geht aber auch an Land auf Beutezug. Dann ertränkt es sein tierisches Mahl zunächst, bevor es dieses frisst. Aber keine Sorge: Falls Sie größer als ein Wurm oder eine Kaulquappe sind, stehen Sie nicht auf seinem Speiseplan.

Spinnenexperte geht auf Suche

Wolfgang Braunstein war gleich in helles Erstaunen versetzt, als wir ihn im Mai für seine Expertenmeinung kontaktierten. Und dann gab es für den Leiter des Arbeitskreises Spinnen bei der Pfälzer Naturschutzorganisation Pollichia kein Halten mehr. Er werde sich bei nächster Gelegenheit gen Südpfalz aufmachen, um am Panzergraben nach dem Tier Ausschau zu halten, kündigte der Neustadter damals an. Was hat seine Suche ergeben? Ist der Nachweis tatsächlich gelungen?

Es gibt nämlich ein großes Problem bei der Bestimmung, das eine Ferndiagnose allein anhand eines Fotos unmöglich macht. Die Gerandete Wasserspinne und ihr kleinerer Artverwandter, die Gerandete Jagdspinne, sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Nur ist Letztere weit verbreitet, ihre „große Schwester“ hingegen eine echte Ausnahmeerscheinung.

„Die Wahrscheinlichkeit steigt“

Doch siehe da: Bei seiner ersten Suche vor Ort hatte Braunstein tatsächlich Glück und konnte einen kleinen Achtbeiner erblicken, der dem Exemplar auf dem Leserfoto wie aus dem Gesicht geschnitten war. Aber, ach, leider zu kurz und weit entfernt, um das Tierchen zu schnappen und es genau zu bestimmen. Mittlerweile sei er bereits dreimal an jenem Steinfelder Graben unterwegs gewesen. „Aber ich konnte bislang keine Spinne fangen.“

Dennoch hat seine Pirsch die bisherigen Vermutungen eher bestätigt als widerlegt. Denn der dortige Lebensraum sei ideal für jene Spinnenart, die man sonst – wenn überhaupt – nur in größeren See- und Moorlandschaften im Nordosten Deutschlands antrifft. Zudem habe er in dem Gebiet keine Gerandete Jagdspinne identifizieren können – also die kleinere Art, die im Pfälzerwald sehr verbreitet ist. Das hätte angesichts ihrer sehr viel präsenteren Lebensweise eigentlich möglich sein müssen, sagt Braunstein. „Somit steigt die Wahrscheinlichkeit fürs Vorkommen der ,Großen Schwester’.“ Er kommt zu dem Schluss: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Dolomedes plantarius am Panzergraben lebt, aber die letzte Gewissheit fehlt.“

„Mehr Augen sehen mehr“

Deshalb hofft er, bei einem weiteren Streifzug das Rätsel lüften zu können. Am 27. Juli werde er mit dem Arbeitskreis Spinnen der Pollichia eine Exkursion an den Panzergraben unternehmen, kündigt der Neustadter an. Ganz nach dem Motto „Mehr Augen sehen mehr“. Und in diesem Sinne ruft er auch alle Angler und Naturfreunde dort auf, einen wachsamen Blick auf die Gewässerlandschaft zu haben. „So wären die Chancen auf einen gesicherten Nachweis deutlich größer.“

 

Kontakt

Wer etwas entdeckt, kann dies Wolfgang Braunstein direkt per E-Mail an spinnen@pollichia.de oder im Online-Portal Artenfinder Rheinland-Pfalz unter https://artenfinder.rlp.de melden.

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